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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L.
Autoren: Der Zauber von Erin
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wieder gut. Ich möchte dabei sein, wenn sie das Samhainfeuer anzünden.«
    Wir gingen weiter, doch eine Weile war Esseilte ungewöhnlich still, und ich wußte, daß ich sie beunruhigt hatte. Ein gerechter Ausgleich, dachte ich, für die vielen Male, da ihre Unüberlegtheit mir Sorgen gemacht hatte. Aber ich hatte mir selbst auch Angst eingejagt und war froh, bei ihr sein zu können, denn ich schauderte jetzt noch, selbst als Fackelschein und die aufgeregten Zugteilnehmer sich um uns schlossen – zu deutlich erinnerte ich mich an den eisigen Wind und meine Vision des Berges Temair, still und überwuchert wie die Hügel der Sidhe.
    Wir folgten dem Pfad um die Ostseite der Königshügel herum und durch das Südtor neben dem Grabhügel Teas, nach dem Temair genannt war. Er ragte aus dem Schutzwall, der so erbaut war, daß er Teas Hügel, den höchsten Punkt des Berges, einschloß. Dort war das Eberfeuer errichtet. Als Esseilte und ich uns einen Weg durch die Menge bahnten, hielt die Königin ihre Fackel an den hohen Scheiterhaufen, und sogleich fing das Holz zu brennen an.
    »Samhain! Samhain! Das Jahr beginnt aufs neue!« riefen die Anwesenden, und wir jubelten mit ihnen. Die Flammen schossen mannshoch empor, und einen Augenblick vermeinte ich eine Frauengestalt unter ihnen zu sehen, die segnend die Arme ausgestreckt hatte. Da rannten die jungen Männer an uns vorbei, um ihre neuen Fackeln am Feuer anzuzünden, und danach in alle Richtungen, um Feuer zu den erloschenen Herden zu bringen. Bald glomm Licht aus den Fenstern überall am Berg Temair und von den Zelten, welche unterhalb für den Samhainmarkt auf der Ebene der Boinne aufgeschlagen waren.
    Esseilte schrie mit den anderen, doch ich beobachtete schweigend, wie die kleinen Flammen zum Leben erwachten. Einen Augenblick spürte ich, daß andere mich beobachteten – nicht nur aus der Menschenmenge ringsum, sondern auch die Geister der Alten, und da wurde mir bewußt, so schrecklich auch die Veränderungen im Land sein mochten, würde doch etwas von jedem Geschlecht, das je hier gelebt hatte, verbleiben.
    »Der Göttin sei Dank, endlich vorbei!« freute sich Esseilte. »Auf zum Festmahl! Ich glaube, ich könnte einen ganzen Eber allein verspeisen!«
    ***
    Schallendes Männerlachen erklang aus der Methalle; einen Moment hob Königin Mairenn lauschend den Kopf. Im Augenblick der einsetzenden Stille hörten wir weiteres Gelächter und Fetzen eines Trinkgelages. Da nahm die Königin den Faden des Gesprächs wie den einer Stickerei auf, und das Murmeln von Frauenstimmen schloß die Stille.
    Ich war dankbar, und dies nicht zum erstenmal, daß Damen von Rang – nachdem die ersten Kannen Ale hereingebracht waren – die Männer verlassen und sich in ihre eigene Festhalle zurückziehen durften. Wir hatten reichlich Met und Apfelwein, während die Männer mit hundert Fässern verschiedenen Bieres versorgt waren – genug für wenigstens hundertundfünfzig Edelleute und Handwerker für eine lange Nacht. Und sie hätten es als Schande erachtet, wenn auch nur in einem der Fässer noch ein Schluck übriggeblieben wäre. Das war etwas, worüber die Spielleute erzählen konnten, wenn sie das Lob des Königs sangen. Und wenn man von den Gästen erwartete, daß sie sich die vollständige Geschichte des Geschlechtes der Ui Néill anhörten, mußte man ihnen schon das Nötige vorsetzen, damit sie auf die Ahnen anstoßen konnten.
    Die Rolle der Königin war es, die Gemahlinnen und Töchter dieser Männer in der Grianan zu unterhalten. Es kam zwar manchmal dazu, daß die Damen sich in die Haare gerieten, aber wir mußten zumindest üblicherweise nicht damit rechnen, daß unsere Gäste des Morgens statt mit Brummschädeln mit gespaltenen Köpfen herumlagen. Ich hatte es immer für leichtfertig gehalten, daß jeder Mann seine Waffe hinter sich an die Wand hängte. Doch genausogut hätte man versuchen können, einen Mann von seinen Geschlechtsteilen zu trennen wie von seinem Schwert. Das erinnerte mich wieder an den Morholt und das Gespräch, das Esseilte und ich ungewollt mit angehört hatten. Rasch nahm ich einen tiefen Schluck, um meinen Magen zu beruhigen, der sich bei dieser Erinnerung verkrampft hatte.
    »Ist dein Becher leer?« flüsterte mir Esseilte von ihrer Liegebank zu. »Ich hätte auch gern noch etwas Apfelwein.« Sie streckte mir ihren Kelch entgegen. Er war ein kostbares Stück aus weißer Bronze mit ziselierten Goldbändern. Der Morholt hatte ihn ihr geschenkt. Als ich
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