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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L.
Autoren: Der Zauber von Erin
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es auch Fragen nach dem Schicksal des Königreichs gegeben hätte. Der Erzpoet war vertraut mit der Druidenweise, die Zukunft vorherzusagen, allerdings sahen die Priester es gar nicht gern, wenn die echten Zeremonien durchgeführt wurden. Doch hielten sie es nicht ihrer Aufmerksamkeit wert, die Spiele zu kritisieren, mit denen Maiden zu erfahren versuchen, wer ihre zukünftigen Gemahle sein werden.
    Der Korb voll Haselnüsse stand bereits neben dem Feuer. Lachend scharten die Mädchen sich ringsum.
    »Eithne, du machst die erste!« forderte Esseilte sie scheinbar ohne Bosheit auf. »Falls du bereits weißt, welcher deiner jungen Männer dir am besten gefällt.«
    Die Prinzessin aus Mumu errötete. Sie stand von ihrer Liegebank auf, kniete sich neben das Feuer und warf die dunklen, glänzenden Zöpfe zurück.
    Gib mir die Maid, deren Haar des Raben Schwinge gleicht…
    Das waren die Worte des alten Liedes, und gewiß war nicht allein Eithnes Stand der Grund, daß die jungen Männer um sie kämpften, doch keine von uns konnte den Namen sehen, den sie in die Schale der zweiten Nuß kratzte, ehe sie diese auf die Holzkohlen warf.
    Das Kichern verstummte, während wir aufmerksam die beiden Haselnüsse beobachteten, die wie zwei dunkle Eier auf einem Kohlennest rösteten. Dann knallte eine laut, sprang hoch und landete rauchend auf dem Herd.
    »Eithne, du arme – das ist nicht der Bursche, den du heiraten wirst. Versuche es lieber noch einmal!« riet ihr ihre Freundin aus Ulad, doch Eithne schüttelte den Kopf, setzte sich wieder auf ihre Liegebank und zwang sich zu einem Lächeln.
    Alle kritzelten aufgeregt Namen in die Nußschalen und bemühten sich, sie zu verstecken, während sie warteten, bis sie an der Reihe waren. Besorgt beobachteten sie ihr Nußpaar, das manchmal still vor sich hinröstete, doch öfter auseinandersprang, was stets spaßige Bemerkungen und Lachen nach sich zog. Dieses Wahrsagespiel war ganz einfach – wenn die Haselnüsse liegenbleiben, wohin man sie geworfen hatte, würde die Liebesgeschichte gut verlaufen. Trennten sie sich jedoch, kam es zu Schwierigkeiten. Natürlich konnte sich jede Frage, die nur einer Nein- oder Ja-Antwort bedurfte, so lösen lassen.
    Glücklicherweise bedrängte niemand mich, daran teilzunehmen. Ich hätte gar nicht gewußt, wessen Namen ich in die Nußschale hätte kratzen sollen. Ich würde wahrscheinlich nie heiraten, denn selbst wenn mein Vater auf den Gedanken gekommen wäre, mich mit einer Mitgift zu bedenken, läge sein Reichtum doch in seinem Stand, nicht in Land oder Gold.
    Aber ich zweifelte nicht daran, daß die Mädchen alsbald Esseilte bedrängen würden, es zu versuchen, obgleich wir noch kaum das Alter erreicht hatten, in dem man sich über so etwas Gedanken machte. Sie erklärte sich aber bereitwillig genug einverstanden, als man sie aufforderte. Mir gefiel jedoch ihr besorgtes Gesicht nicht, als sie vor dem Feuer kniete. Ich schob mich durch die anderen zu ihr. Nahm sie das etwa zu ernst? Sie hatte keinen Liebsten, dachte nicht einmal an irgendeinen, wenn man von vagen Jungmädchenträumen absah. Ganz sicher wüßte ich es, wenn sie sich für irgendeinen Mann außer dem Morholt interessierte.
    Mit einem Knall sprang eine ihrer Nüsse ringsum auf und hüpfte in die Flammen. Es entging mir nicht, daß Esseiltes Gesicht erbleichte, und plötzlich wußte ich, daß die Nußschale tatsächlich den Namen des Morholts getragen hatte. Nicht, daß sie verrückt genug war, sich den Morholt als Liebsten zu ersehnen, aber gewiß hatte sie gefragt, ob er weiteren Ruhm und Ehren erwerben würde. Ich faßte sie fest am Arm, weil ich befürchtete, sie würde sich verraten, aber sie schüttelte meine Hand ab und griff nach der Feuerzange.
    »Es ist nichts, Branwen – nur zwei Nüsse. Und was soll es überhaupt? Es ist ohnehin ein heidnischer Brauch.« Mit einer geschickten Drehung der Zange fischte sie die zersprungene Nuß aus dem Feuer, und gleich darauf lag die andere neben ihr auf dem grauen Stein des Herdes. Sie griff nach der Nuß und ließ sie auf meinen Handteller fallen. Einen Moment war ich zu sehr damit beschäftigt, sie von einer Hand in die andere zu werfen, damit sie mich nicht versenge, als daß ich mir Sorgen um Esseilte gemacht hätte. Bis ich meine Nuß geknackt hatte, schälte Esseilte bereits die andere und warf die Schalenstückchen zurück ins Feuer. Ich kaute stumm den heißen, leicht mehligen Kern. Die Königin blickte uns über das Feuer hinweg
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