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Pausensnack

Pausensnack

Titel: Pausensnack
Autoren: Kirsty McKay
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verhindern, rot zu werden; es ist, als wüsste sie jetzt, dass ich die Erwachsene nur spiele, dass ich dem hier in Wirklichkeit gar nicht gewachsen bin. Mein Handy wird konfisziert, aber die Pumps darf ich behalten.
    Am anderen Ende dieses zweiten Raums befindet sich eine edle schokoladenbraune Holztür mit geschnitztem Wirbelmuster und einem sehr dezenten »X«-Logo in der Mitte. Sonja steht rechts von der Tür und instruiert ein paar Männer in schwarzen Anzügen und schwarzen Hemden, aber ohne Krawatte. Einer von ihnen schlägt sein Jackett zurück und stemmt eine Hand in die Hüfte, enthüllt ganz kurz eine schimmernde Pistole in einem schwarzen Lederholster. Sonja geht heute kein Risiko ein. Und das ist nur die Security, die man sehen kann. Über mir spüre ich die winzigen Kameras, die in der Zentrale von Xanthro allgegenwärtig sind und jede unserer Bewegungen aufzeichnen.
    Sonja hat mich ebenfalls gesehen. Sie schreitet makellos gekleidet herüber, Hosenanzug aus grauer Wolle, hohe Absätze, aber der Lippenstift dezent und der schwarze Nagellack durch transparenten ersetzt. Heute geht es wirklich ernsthaft zu.
    »Ihre Unterschrift.« Sie gibt mir ein Tablet mit angehängtem Eingabestift. Ich scrolle die Datei rasch durch; wieder einmal eine Geheimhaltungsverpflichtung. Eine noch längere als sonst immer. Es würde aufsässig wirken, sie komplett durchzulesen, aber unprofessionell, einfach ans Ende zu springen. Ich überfliege sie, so schnell ich kann, dann setze ich unbeholfen meinen Namen darunter und gebe Sonja das Tablet zurück.
    »Sie haben die Anweisungen gelesen.« Sie sieht mich an.
    »Ja, Sonja.«
    Sie nickt, ein Rucken mit dem Kopf und ich sehe Metall aufblitzen, einen winzigen Hörer. »Dann wissen Sie Bescheid. Kein direktes Ansprechen eines Vorstandsmitglieds, außer man stellt Ihnen eine Frage. Keinen Blickkontakt. Auch nicht mit Ihrem Vater, Lucy.«
    »Aber nein, auf gar keinen Fall.« Ich lege genau das richtige Maß an Bestürzung in meine Antwort. Dann ist Dad dort? Aber Mum nicht. Sie ist heute auch im Gebäude, aber vielleicht in einem der Bunker, wo sie die kleinen Angestellten beaufsichtigt.
    »Natürlich nicht.« Sonja nickt erneut. »Servieren Sie ihnen die gewünschten Speisen und Getränke. Beschränken Sie jede Interaktion und Ablenkung auf das absolute Minimum. Der Raum ist bereits vorbereitet; Sie werden jetzt hineingehen, ich werde die Vorstandsmitglieder begrüßen und Sie stehen zunächst einmal bereit, um sicherzustellen, dass wir alles haben, was wir brauchen. Wenn das Essen abgeräumt wird, bleiben Sie hier, für den Fall, dass ich Sie noch einmal brauche.« Sie mustert mich streng. »Unter gar keinen Umständen darf irgendetwas diesen Raum verlassen, haben wir uns verstanden?«
    »Haben wir.«
    »Kein Stift, keine Serviette, kein Körnchen Zucker.«
    Ich nicke übereifrig.
    »Gut.« Sie sieht auf ihre Uhr. »Noch Fragen?«
    »Wie lange wird das Meeting dauern?« Ich sehe an dem kurzen Aufblitzen von Verärgerung in ihrem Gesicht, dass das die falsche Frage war.
    »Fünf Minuten. Fünf Tage«, sagt sie ausdruckslos. »So lange, wie man es für nötig erachtet.«
    »Selbstverständlich.« Ich versuche es wieder hinzubiegen.
    Ihr Blick schweift ab; sie lauscht eindeutig auf etwas von draußen, durch ihren Hörer.
    »Sie kommen«, sagt sie. »Gehen Sie hinein. Fassen Sie nichts an, bis Sie mich sehen.«
    Wie aufs Stichwort gleitet die Tür lautlos in die Wand und ich trete ein.
    Der Raum ist kleiner als erwartet und hat überhaupt nichts Einschüchterndes; er ähnelt dem Arbeitszimmer meines Vaters zu Hause: eine Auswahl klassischer Gemälde an der Wand, einige geschmackvolle Plastiken auf Sockeln und rote Vorhänge, die nicht vorhandene Fenster einrahmen. Im Gegensatz zu der grellen Helligkeit im übrigen Gebäude ist der Raum gedämpft beleuchtet; seine äußeren Ecken sind in den Schatten kaum zu erkennen und vermitteln einem den Eindruck, dass hinter der Dunkelheit noch mehr liegt. Ein schwarzer, polierter Tisch nimmt fast die gesamte Raumlänge ein und gleich neben mir steht ein Sideboard mit servierbereiten, dampfenden Tellern, heißem Kaffee und Saft. Eine große Schale mit nichtsaisonalem Obst steht mitten auf dem Tisch. Ich habe keine Ahnung, wie diese Speisen und Getränke hierhergekommen sind; sie müssen gerade erst geliefert worden sein und doch ist mir beim Eintreten niemand begegnet. Ich sehe mich nach kleinen Unvollkommenheiten um, nach einem Stuhl, der schief
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