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Pausensnack

Pausensnack

Titel: Pausensnack
Autoren: Kirsty McKay
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anderen Kamera. Am einen Ende des Wagens drängen sich Leute aneinander. Sie haben Angst. Das Mädchen nähert sich ihnen mit ausgestreckten Armen und schiefem Kopf. Dann tritt ein Mann vor. Redet auf sie ein. Wir können nicht hören, was er sagt, aber anscheinend versucht er sie zur Vernunft zu bringen, zu beruhigen. Oh je.
    Sie stürzt sich auf ihn. Beißt ihm ins Gesicht. Er klappt sofort zusammen.
    Alle in Konferenzraum 1 sehen schweigend zu. Thompson fischt einen Pfirsich aus der Obstschale und verschlingt ihn schlürfend.
    »Wo ist dieser Zug jetzt?«, fragt Levre schließlich.
    »Thompson?« Mein Vater sieht ihn lächelnd an.
    »Ja. Das ist es ja gerade.« Thompson wirft den Stein zurück in die Schale. »Wir haben ihn verloren.«
    »Sie haben was?« Levres Stimme ist leise.
    Mein Vater runzelt die Stirn. »Erklärung, bitte.«
    Thompson springt auf und schaltet per Fernbedienung wieder zu der Karte um, zoomt heraus, bis sie ganz Schottland zeigt.
    »Die Sache ist die, wir haben das Mädchen überwacht, per Satellit den ursprünglichen Standort des Zugs ermittelt, uns ins Kamerasystem eingeschaltet. Es handelte sich um einen Schlafwagenzug aus Aberdeen mit Zielort London. Aber er hätte nie auf dieser Strecke fahren sollen. Wir gehen davon aus, dass sie wegen des Schnee die Route geändert haben, dann vorübergehend stehen geblieben sind, um den Weg frei zu räumen, und dabei einen neuen Passagier aufgenommen haben.« Er reibt sich die Nase mit dem Ärmel. »Jedenfalls sind die Bodenteams zu der ermittelten Position gefahren, aber dort war er nicht.«
    »Wie kann das sein?«, grollt Levre.
    Thompson zuckt mit den Schultern. »Es ist ein Zug. Er bewegt sich eben, solange noch jemand lebt und ihn fährt.« Er nimmt einen Schluck Kaffee. »Im Moment folgen sie den Schienen. Für den Fall, dass es Lecks gibt, schalten wir sämtliche Sendemasten entlang der möglichen Routen ab. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir den Zug wieder eingeholt haben.«
    »Ein Zug hat doch nur zwei Richtungen, in die er fahren kann!«, sagt die Grauhaarige. »Wie konnten Ihre Leute ihn da verlieren?«
    »Weichen, jede Menge Nebenstrecken, mehr Möglichkeiten, als man denken sollte.« Er berührt die Fernbedienung und zoomt an ein Schienennetz heran, springt zwischen Satellitenfoto und Karte hin und her. »Außerdem soll die Verfolgung durch unser Team nicht auffallen und das erleichtert die Sache nicht gerade.« Er lächelt die Frau an und schaltet wieder um ins Zuginnere. »Aber keine Sorge, sie finden ihn schon. Im Moment gehen wir davon aus, dass er Richtung Edinburgh fährt.«
    »Was?« Levre steht unvermittelt auf, so dass die Papiere vor ihm durcheinandergeraten. Der große Saftkrug fällt um, die breiige Flüssigkeit ergießt sich über den Tisch und fließt auf das Bedienungsfeld für den Bildschirm zu.
    »Lucy!«, zischt Sonja. Ich schnappe mir zwei flauschige weiße Geschirrtücher vom Sideboard und nehme die Saftpfütze auf, bevor sie weiteren Schaden anrichten kann. Die Vorstandsmitglieder reinigen sich die Hände, während Sonja und ich am Tisch wirbeln und über uns immer noch die Aufzeichnung mit dem infizierten Mädchen weiterläuft. Wir retten die wichtigen Sachen. Schadensbegrenzung ist das A und O.
    »Wie es aussieht, lässt sich der Saft einfach nicht in den Griff kriegen«, scherzt Thompson.
    Niemand kichert auch nur. Thompson hebt die Hände und zuckt mit den Schultern.
    Und dann setzt Levre sich wieder, wirft den Kopf zurück und lacht lang und laut. Das Stichwort für die anderen, es jetzt auch lustig zu finden … bloß für meinen Vater nicht, wie mir auffällt. Er lächelt lediglich knapp, was meinen Respekt für ihn weiter steigen lässt.
    Als das Gelächter verebbt, ist schrilles Zwitschern zu hören.
    »Was ist das denn?«, fragt Levre.
    Alle Gesichter wenden sich zu dem Käfig in der Ecke um. Ein roter Vogel drückt sich panisch flatternd gegen die Gitterstäbe. Zuerst denke ich, dass ihn einer der anderen Vögel angegriffen hat, aber die haben nichts damit zu tun, sondern weichen zurück, drängen sich auf den Sitzstangen aneinander, halten total Abstand.
    Sonja wirft mir einen Blick zu. Das hier fällt offensichtlich in mein Ressort. Mit einigem Widerwillen bewege ich mich auf den Käfig zu. Nun fliegen Federn, als der Vogel sich in dem Versuch freizukommen gegen das Gitter wirft. Er kreischt und ich weiß nicht, was ich machen soll. Die Tür aufmachen, reinfassen und versuchen ihn zu fangen? Was
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