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Pausensnack

Pausensnack

Titel: Pausensnack
Autoren: Kirsty McKay
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der Kopf; es fällt mir schwer, ihn oben zu halten. Ich lehne ihn zurück gegen den Baumstamm und die Rinde ist herrlich rau an meiner heißen Kopfhaut. »Bis jetzt kann ich dir folgen. Noch was?«
    »Meine ganze Klasse hat diesen Gemüsesaft getrunken und sich verwandelt. Nur vier von uns waren noch übrig und wir mussten vor den Zombies fliehen, sind aber ausgerechnet in der Burg gelandet, in der die Studenten das Zeug hergestellt haben, und da wollten sie uns natürlich auch noch töten.«
    »Pech aber auch.« Meine Beine sind taub, taub von der Feuchtigkeit und der Kälte und vom Rennen. Aber sie fühlen sich seltsam kräftig an und der Rest von meinem Körper ist brutal heiß und pocht und drängt mich, wieder aufzustehen. Aber ich bleibe erst mal, wo ich bin.
    »Und die eine Mitschülerin von mir, Bobby, eine totale Versagerin übrigens«, fährt Alice fort. »Wie sich herausgestellt hat, war ihre Mutter die Ärztin, die dieses ganze Virenprojekt leitet! Typisch! Und dann ist sie – also die Mutter – uns retten gekommen, aber eigentlich wollte sie bloß das Gegenmittel, das Bobby dann für diesen Smitty vergeudet hat – und der war schon ein Albtraum, bevor er gebissen wurde, und dann denken wir, wir sind gerettet, und steigen in euren Bus … und der baut einen Unfall! Und jetzt sind die Zombies wieder hier. Also müssen wir …«
    Den Rest kann ich nicht mehr hören. Weil sie verstummt, denke ich zuerst, aber dann drehe ich meinen Kopf zu ihr herum, was schmerzhaft langsam geht, und kann sehen, dass ihre Lippen sich immer noch bewegen und ihre Augen hervortreten und ihre Brust sich hebt und senkt, und da weiß ich, dass nicht sie leiser, sondern das Geräusch in meinen Ohren lauter wird. Ich stecke mir einen Finger ins Ohr und schüttele ihn. Nichts. Immer noch dieses Geräusch, ein Pfeifen, das immer schriller wird. Hört einfach nicht auf. So wie die Musik lauter wird, brennt auch das Feuer in mir drin stärker und drängt mich nach oben.
    Hoch, hoch, hoch. Voll der Trip.
    Schließlich gebe ich dem Drang aufzustehen nach und sehe nach oben in den Himmel. Ich spüre den Schnee, wie er mir total sanft ins Gesicht fällt, sehe ihn von hoch oben kommen, unausweichlich, unvermeidbar. Er fällt mir in die offenen Augen, mein Unterkiefer verschiebt sich und mein Mund geht auf und ich schmecke die kalten Flocken, die auf meine Zunge fallen.
    »… was machst du da?«
    Alice zoomt plötzlich wieder in mein Bewusstsein. Sie steht da und brüllt auf mich ein.
    »Zoe, alles in Ordnung mit dir? Weil als das Mädchen dich angegriffen hat, da …«
    Sie verblasst und ich bin oben im Himmel bei den Schneeflocken, bewege mich an den schwarzen Zweigen vorbei auf den milchigen Mond zu, spüre, wie die Flocken mich durchrieseln, und das Feuer in mir drin schiebt mich weiter und weiter in den Himmel hinauf. Was für ein Ritt.
    Irgendwas kracht gegen mein Bein und plötzlich bin ich wieder unten auf der Erde.
    Alice steht ein Stück weiter weg, mehr geduckt jetzt. Sie sieht so aus, als ob sie Angst hat. Und voll unter Strom steht. Neben meinem Fuß liegt ein ziemlich großer Stein im Schnee.
    »Hast du mich damit beworfen?«, frage ich sie, aber aus irgendeinem Grund klingt es gar nicht nach diesen Worten. Sondern mehr wie wirre Laute, wie das Pfeifen, das ich im Kopf hatte, wie das Feuer, das ich in der Brust hatte, das Blut, das durch Adern fließt, einfach bloß Rauschen.
    Alice richtet sich auf, weicht zurück. Ihr Gesicht ist verzerrt, ihr Mund bewegt sich schnell, aber ich kann ihre Worte auch nicht besser hören als meine. Ich stolpere auf sie zu. Die Beine, die sich eben noch so kräftig angefühlt haben, wollen mir plötzlich nicht mehr gehorchen.
    Wieder kommt ein Stein geflogen, dann ein Ast. Das ist ein Angriff. Will sie mich umbringen? Verwandelt sie sich gerade?
    Ich greife nach ihr, meine Nasenlöcher voll von ihrem Geruch. Als sie mich anschreit, sehe ich Wasser in ihren Augen glitzern und ich möchte den Saft dieser glänzenden Kugeln trinken, möchte in sie reinbeißen und den Nektar heraussaugen. Es verlangt mich, ihr das Blut von den Wangen zu lecken, ihre Wärme an meinen Lippen zu spüren. Sie ist so lebendig, so lebhaft, so voller Lebenskraft. Ich möchte dieses Leben verschlingen, in dieses Fleisch eindringen, möchte eintauchen in die feuchte, rote Menschlichkeit und mich darin verlieren, meine verfaulenden Knochen damit bedecken, meinen schwachen und kaputten Körper in ihrer jugendlichen
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