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Pausen tun uns gar nicht gut

Pausen tun uns gar nicht gut

Titel: Pausen tun uns gar nicht gut
Autoren: Bennecke,Jürgen
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Hoch motiviert läuft sie stellenweise sogar
vor uns, und wieder fühle ich mich bestätigt, der Körper ist noch zu ganz
anderen Dingen fähig, es ist alles nur reine Kopfsache.
    Bei einer kurzen Getränkerast
beobachten wir Pilger, die mit uns in der gestrigen Notunterkunft geschlafen
haben, wie sie sich ein Stück des Weges mit einem Auto chauffieren lassen. Wir
sind uns sicher, dass so etwas für uns nicht in Frage kommt. So viel Ehrgeiz
muss sein, alles andere wäre Selbstbetrug. Denn irgendwelche unüberwindbaren
Schmerzen sind bei denen nicht erkennbar.
    Wir verlassen die Ebene und
steigen den Hang des Flügels Monte Aro hinauf, von dem man einen herrlichen
Blick auf die Talsperre Ferrenza genießen kann.

    Die weiterführende Bergkette
lotst uns entlang einer Heidelandschaft wieder hinunter ins Tal. Wir kommen an eine
Hochofenfabrik vorbei, wenig später gabelt sich der Weg. Rechts würden wir
direkt nach Muxía wandern, aber unser Ziel heißt weiterhin Kap
Finisterre. Die Luft, vielleicht bilden wir uns das auch nur ein,
riecht inzwischen nach Meer. Wir rasten noch einmal an einer einsam gelegenen
Kirche und wandern anschließend durch eine baumlose Hügellandschaft, bis wir
zum ersten Mal das Meer erblicken.
     

     
    Kurz vor Cee verlieren wir Heidi aus den Augen, während wir uns gegenseitig fotografieren.
Als wir den Stadtrand von Cee erreichen, sitzt Heidi vor einer
kleinen Bar und hat für uns schon zwei große Bier geordert. Bis Corcubión ,
gehen wir weiter am Wasser entlang und erfahren im Zentrum der Stadt, dass wir
noch einmal eine 2,5 km sehr steil ansteigende Schotterpiste hinauf müssen, um
die Herberge zu erreichen. Auf Heidis Stirn steht deutlich lesbar „OHNE MICH“.
42 Kilometer ist sie stramm und tapfer durch gelaufen, vor den letzten zwei
will sie nun kapitulieren. Ich sag ja immer „ Alles Kopfsache“. Hand in Hand
schaffen wir auch noch den letzten Teil der Strecke und werden kurz vor der
Herberge von einem frisch geduschten Pärchen des gestrigen Abends begrüßt. Wir
sind ganz sicher vor ihnen aufgebrochen zu sein. Dass sie uns überholt haben,
ist völlig ausgeschlossen. Trotzdem behaupten sie, es ohne Transportmittel
hierher geschafft zu haben. In der Herberge erfahren wir von anderen Pilgern,
wie sie diese beiden aus einem Taxi steigen sahen. Der Herbergsvater ist
darüber sehr erbost, als er davon erfährt und duldet sie nur, weil sie sich
schon eingeschrieben und ein Bett bezogen haben. Die Unterkunft entpuppt sich
als kleines Juwel. Ein selbstloses Herbergspaar bekocht uns auf Spendenbasis
richtig liebevoll. Wir lernen Markus, einen Kriminalbeamten aus Frankfurt
am Main, kennen. Er hat einen unglaublich trockenen Humor und erzählt
wie ein Komiker von seinen Erfahrungen, die er auf dem Jakobsweg gewonnen hat.
Erstaunlich, wie er seinen Beruf mit dem Erlebten verbindet. In jeden Tag
flickt er mysteriöse Begebenheiten und steigert damit enorm seinen
Unterhaltungswert. Selbst über seinen Auftritt bei Rudi Zerne, in der
ZDF-Sendung Aktenzeichen XY... ungelöst berichtet er derart spannend, das man
sich wünscht, dem ermittelnden Polizeiteam anzugehören. Er bezeichnet sich
selbst seit einigen Tagen als Expilger und ist sich sicher, dass er sich mit
Wandern keinen zweiten Urlaub versauen wird. Später singen Heidi und Ecki zur
Gitarre und lassen einen anstrengenden Tag in einem verdienten Abend
ausklingen.

     
     
     
    23.06.2009

Corcubión
— Kap Finisterre 11 km
     
    Um 7:30 Uhr laden unsere
Gastgeber an einen nett gedeckten Frühstückstisch, an dem sich außer den
„Taxipilgern“ das gesamte Haus versammelt. Ich bewundere die beiden, mit
welchem Aufwand sie dieses Objekt betreiben und dabei einzig und allein auf
Spenden vertrauen. Wir brechen gegen 8:30 Uhr auf und werden nach 11 Kilometern
am Ende der alten Welt stehen. Wir werden rund 900 km zu Fuß bewältigt und dazu
1,35 Millionen Schritte benötigt haben. Der Name Finisterre oder
auch Fisterra erklärt sich aus der antiken Auffassung, dass sich
hier die äußerste Grenze der Welt befindet.
    Angekommen finden wir eine
private Herberge und bekommen ein Vierbettzimmer für zwei Nächte. Den Rucksack
im Schrank verstaut schlendern wir später über den Markt von Finisterre und
sitzen anschließend auf der Terrasse eines Cafés. Es kommen unzählige Pilger an
uns vorbei, von denen wir viele kennen. Am Nachmittag holen wir unsere
Pilgerurkunde und verabreden uns mit Angelika und Wolfgang zum gemeinsamen Weg
ans
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