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Paul ohne Jacob

Paul ohne Jacob

Titel: Paul ohne Jacob
Autoren: Paula Fox
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Straße.
    Er war frei!
    Wie ein Botenjunge sauste er auf dem Rad durch die Straßen von Brasston, auch wenn er selbst nicht wusste, welche Botschaften man ihm anvertraut hatte. Wohl eine von Freiheit, dachte er, und davon, Jacob entkommen zu sein.
    Als er an dem alten Haus angekommen war, in dem die Tierklinik die Verwaltungsräume und Sprechzimmer untergebracht hatte, schlug er einen Bogen um den Parkplatz unter der Kastanie. Womöglich war Dr. Gold da, weil er einen Notfall behandeln musste.
    Langsam fuhr er über die Wiese, legte zwischendurch eine Pause ein, um Erdklumpen von den Speichen zu lösen, verlängerte die Vorfreude auf den Wald, als würde der ersehnte Augenblick, wenn er in den Wald hineinkam, dadurch nur umso schöner. Als er noch ein paar Meter entfernt war, stieg er vom Rad und fing an zu rennen. Dabei hielt er den Lenker fest und schrie seine Freude und Erlösung laut hinaus.

GRANDPA
     
     
     
     
     
     
    In Hochstimmung stapfte Paul zwischen den Ästen herum, die während der Wintermonate von den Bäumen herabgefallen waren. Er lachte laut und sang ein Lied, das er sich selbst ausgedacht hatte. Dann fiel ihm Jacobs Kätzchen-Lied ein und er verstummte, verschluckte das letzte Wort seines Liedes, das entkommen hieß.
    Er würde die Geburtstagsparty versäumen. Grandpa würde vergnügt eintreffen und mit schallender Stimme Geburtstagswünsche verkünden. Was konnte man Jacob schon wünschen? Es würde eine traurige Angelegenheit werden, mit Jacob, der vor lauter Aufregung den Tränen nahe war, und den drei Erwachsenen, die trübselig herumsaßen, außer wenn Jacob ihnen ins Gesicht sah. Dann würden sie lächeln und liebe Worte säuseln.
    Es war das erste Mal, dass Paul nicht an Jacobs Feier teilnahm. Im Apartment in New York war er eingeschlossen gewesen und hatte sich nirgends zurückziehen können. Und so hatte er mit den anderen an dem mit Krepppapier geschmückten Geburtstagstisch gesessen, auf dem neben jedem Teller ein Papierhütchen lag. Er war stumm geblieben und hatte grauenhafte Grimassen geschnitten, als seine Mutter die Geburtstagstorte hereinbrachte und sich alle Aufmerksamkeit auf sie richtete oder auf Jacob, der lauthals schrie und sich selbst alles Gute zum Geburtstag wünschte.
    Pauls Stimmung schwankte hin und her wie ein Papierschiffchen, das vom Wind über einen Teich geweht wird.
    Vor langer Zeit, noch vor dem Winter, hatte er damit angefangen, Gerätschaften zusammenzutragen, um sich daraus einen Unterschlupf zu bauen. Jetzt begann er immergrüne Zweige für ein Dach zu sammeln. Aber das Gefühl von Freiheit, die Freude darüber, eine eigene Entscheidung gefällt zu haben, hatten ihn verlassen.
    Es kam ihm so vor, als gäbe es im Wald keine Luft mehr. Er fühlte sich wie in einer Kinderzeichnung, in einem Wald aus Buntstiftbäumen.
    Es war Sonntag. Die Zimmerleute und Maurer und Elektriker, die hinter dem Wald auf der Baustelle gearbeitet hatten, waren heute nicht da. Erst jetzt erkannte Paul, dass ihre Stimmen ihn getröstet hatten. Die Zeit verstrich langsam, schwerfällig. Paul seufzte. Heute gab es im Wald nichts zu tun. Außer zu Mittag zu essen. Er stellte sich in einen Sonnenstrahl, der durch die Baumkronen über ihm fiel, und aß sein Brot. Nach dem Stand der Sonne schätzte er, dass es ungefähr Mittag war.
    Bald würde Jacobs Party beginnen. Und etwa eine Stunde später wäre sie wieder vorbei. Seine Mutter wollte nicht, dass Jacob den Rest des Tages vor lauter Aufregung völlig erschöpft war.
    Am Montag würden Pauls Eltern Jacob in seine besondere Schule begleiten. Das würden sie eine Woche lang so machen, danach würde er mit einem kleinen, orangefarbenen Bus fahren, auf dem mit schwarzen Buchstaben Eifrig-Transport stand. Ob der Besitzer Eifrig hieß? Oder sollte das bedeuten, dass die Firma, der dieser Bus gehörte, eifrig darauf erpicht war, ihre besonderen kleinen Fahrgäste zur Schule zu bringen?
    Alles änderte sich. Alles außer Jacob. Auch wenn er in seiner besonderen Schule noch so viel lernte, würde ihn das doch nicht verändern.
    Auf einmal hörte Paul an diesem windstillen Tag ein Geräusch. Den Aufprall eines Schuhs, der auf eine Baumwurzel trat. Er schaute den Pfad entlang, den er im Lauf der Monate ausgetreten hatte, und sah Grandpa, der sich mit gefurchter Stirn seinen Weg bahnte und nichts davon merkte, dass sein Enkel ihn beobachtete.
    Woher hatte er gewusst, dass Paul hier war?
    Gab es irgendeine Zentrale, wo man Informationen über
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