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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter
Autoren: Jan Beinßen
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Nerven und schlägt Wiesinger mit einem – sagen wir – Stemmeisen oder einem ähnlich schweren Gegenstand nieder. Anschließend flüchtet der Täter mit der Tatwaffe.«
    Paul hörte ein dumpfes Schluchzen und schaute sich irritiert um, konnte die Herkunft des Geräuschs aber nicht feststellen. »Wer hat den Toten gefunden?«, fragte er.
    Blohfeld deutete in die Richtung, aus der das Schluchzen kam. »Dort draußen sitzt er, auf der Veranda, der alte Chauffeur. Armer Kerl. Hat in kindlicher Naivität an seinem Arbeitgeber gehangen. Der Mann ist beinahe im Rentenalter, kann sich von seinem Posten aber offenbar nicht trennen.« Blohfeld kehrte den Chef heraus. »Seien Sie so gut und machen Sie ein paar hübsche Aufnahmen von ihm.«
    Paul trat unter Protest eines Spurensicherers durch die zerbrochene Scheibe auf die Veranda hinaus. Tatsächlich saß dort jemand: zusammengesunken, das Gesicht verborgen zwischen großen, faltigen Händen; er trug eine weit fallende, dunkle Chauffeursgarderobe. Paul näherte sich dem Mann und sah hinab auf struppiges schlohweißes Haar. Neben dem Fahrer lag eine Chauffeurskappe, scheinbar achtlos auf die Holzbohlen der Veranda geworfen.
    »Es ist alles aus«, stammelte der Mann. »Alles vorbei.«
    Paul hatte nicht vor, den Seelsorger zu spielen, zumal er darin bestimmt nicht der Geeignetste war. »Darf ich«, setzte er unbeholfen an, »einige Aufnahmen von Ihnen machen? Sie sind einer der wichtigsten Zeugen«, sagte er bekräftigend.
    »Über dreißig Jahre – und dann ein solches Ende«, sagte der Chauffeur mit brüchiger Stimme. Er schaute auf und blickte Paul aus traurigen fahlen Augen an. Dabei fielen Paul seine großen abstehenden Ohren auf.
    »Darf ich?«, fragte Paul erneut und drückte schon auf den Auslöser. Fünf Fotos in rascher Folge. Die Sache war blitzschnell im Kasten.
    Paul war erleichtert, als er wieder auf Blohfeld stieß, der sich im Foyer von einem Kripobeamten Kaffee aus einer Thermoskanne einschenken ließ. »Der Arme ist ja fix und fertig.«
    »Hauptsache, Sie haben die Fotos.«
    Paul nickte. »Zur Abwechslung habe ich jetzt mal eine Quizfrage«, sagte er. »Was verdient man denn mit dreihundert Millionen verkauften Würstchen im Jahr?«
    Blohfeld zog die Brauen hoch und antwortete: »Streichen Sie eine Null und Sie haben den Umsatz.«
    »Dreißig Millionen?«, fragte Paul ungläubig. »Und ich hatte mich schon darüber gewundert, wie sich ein Metzger einen eigenen Fahrer leisten kann.«
    Blohfeld lächelte wie üblich ein wenig überheblich. »Nicht nur einen Fahrer, mein Lieber. Da waren auch eine Köchin, ein persönlicher Assistent und ein Gärtner drin.«
    »Na, dann«, grinste Paul, »haben wir ja unseren Mörder gefunden!«
    Blohfeld klappte die Kinnlade herunter. »Den Mörder?«
    »Natürlich«, trumpfte Paul scherzhaft auf, »der Gärtner ist immer der Mörder! Haben Sie schon Kontakt mit ihm aufgenommen?«
    Der Reporter verzog keine Miene. »Gärtner, Köchin und Assistent wohnen außer Haus beziehungsweise hatten in der Mordnacht Ausgang. Nun sehen Sie zu, dass Sie Ihre Fotos in die Redaktion mailen«, blaffte Blohfeld Paul an.
    Paul beeilte sich, den Tatort zu verlassen. Er hetzte durch das Foyer, blieb an einem zierlichen japanischen Sekretär aus rötlich schimmerndem Edelholz stehen und griff sich eine darauf ausgelegte Imagebroschüre der Wiesinger-Fabrik.
    »Das pure Elend«, entfuhr es ihm. Der Prospekt in seinen Händen war bieder, schlecht layoutet und vor allem mies fotografiert. Wenn der alte Wiesinger nicht tot im Nebenraum liegen würde, hätte Paul ihm hier und jetzt ein Angebot für einen neuen, attraktiveren Imagekatalog gemacht.
    »Augenblick«, riss ihn Katinka Blohm aus seinen Gedanken. »Ich brauche mal deine Unterstützung«, sagte sie schmeichelnd und lenkte ihn in eine stille Nische zwischen zwei griechisch anmutenden Säulen.
    Paul grinste. »Klar. Immer. Gern. Worum geht es?« Er rechnete nicht wirklich mit einem anstrengenden Gefallen.
    »Hannah studiert doch jetzt an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, der WiSo«, begann Katinka umständlich.
    Paul nickte abwartend. Von Hannah hatte er lange nichts gehört. Nichts mehr, seit sie als Nürnberger Christkind für die eine oder andere Schlagzeile gesorgt hatte. Aber er konnte sich ausrechnen, dass Katinkas widerspenstige Tochter aus erster und gescheiterter Ehe inzwischen ihr Abitur bestanden hatte und zur Studentin aufgestiegen war.
    »Sie ist von zu Hause
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