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Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen

Titel: Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen
Autoren: James Patterson
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besondere Botschaft verstanden? Nein, er mußte auch an andere denken. Jetzt war es an der Zeit, selbstlos zu sein.
    Er verlagerte die Zielmarkierung wieder. Das Sichtfeld des Todes. Es gab eine erstaunliche Menge Pendler in dunklen Anzügen und schwarzen Flügelkappenschuhen. Schafe auf dem Weg zur Arbeit.
    Ein Vater mit Teenagersohn trieb in das Sichtfeld, als hätte die Hand Gottes die beiden gelenkt.
    Gary Soneji holte Luft. Dann atmete er langsam aus. Das war sein Schießritual, das er so viele Jahre lang allein im Wald geübt hatte. Wie oft hatte er sich vorgestellt, es hier zu wiederholen! Einen völlig Fremden auszulöschen, ohne jeden Grund.
    Er zog den Abzug sacht, ganz sacht und langsam durch.
    Sein Körper war völlig ruhig, fast leblos. Er konnte den schwachen Puls im Arm spüren, den Puls in seiner Kehle, die annähernd gleiche Frequenz seines Herzschlags.
    Der Schuß verursachte ein lautes Knacken, und das Geräusch schien dem Flug der Kugel in die Halle hinunter zu folgen. Ein paar Zentimeter vom Gewehrlauf entfernt wirbelte Rauch hoch. Ein schöner Anblick.
    Der Kopf des Teenagers explodierte im Kreis des Zielfernrohrs. Wunderschön. Er flog vor Garys Augen auseinander. Der große Knall als Miniatur.
    Dann zog Gary Soneji den Abzug ein zweites Mal durch. Er ermordete den Vater, bevor dieser eine Chance zum Trauern hatte. Er empfand absolut nichts für die beiden. Keine Liebe, keinen Haß, kein Mitleid. Er regte sich nicht, fuhr nicht zusammen, zuckte nicht einmal mit der Wimper.
    Jetzt war Gary Soneji nicht mehr aufzuhalten. Es gab kein Zurück.
7.
    Rush-hour! Zwanzig nach acht Uhr morgens. Allmächtiger Gott, nein! Ein Wahnsinniger war in der Union Station am Werk.
    Sampson und ich rasten an der doppelten Fahrspur entlang. Der Verkehr staute sich auf der Massachusetts Avenue, so weit das Auge reichte.
    Auto- und Lastwagenfahrer drückten frustriert auf die Hupe. Fußgänger schrien, liefen schneller, rannten vom Bahnhof weg. Überall waren Streifenwagen im Einsatz.
    Vor uns an der North Capitol Street kam bereits das massive, ganz aus Granit gebaute Hauptgebäude der Union Station samt seinen vielen Erweiterungsbauten in Sicht. Um das Hauptgebäude herum war alles düster und grau bis auf das Gras, das hier besonders grün wirkte.
    Sampson und ich rannten an dem neuen Thurgood Marshall Justice Building vorbei. Aus dem Bahnhof hörten wir Schüsse. Sie klangen weit weg, gedämpft durch die dicken Steinmauern.
    »Gott verflucht noch mal, es ist also wahr!« schrie Sampson, während er neben mir herrannte. »Er ist hier! Daran gibt es jetzt keinen Zweifel mehr.«
    Ich wußte, daß er hier war. Vor zehn Minuten hatte mich im Büro ein Anruf erreicht. Ich hatte den Hörer abgenommen, abgelenkt von einer weiteren Nachricht: einem Fax von Kyle Craig vom FBI. Ich überflog Kyles Fax. Er brauchte dringend Hilfe bei seinem schwierigen Fall »Mr. Smith«. Er wollte, daß ich mich mit einem Agenten traf, Thomas Pierce. Dieses Mal konnte ich Kyle nicht helfen. Plötzlich überkam mich der verzweifelte Wunsch, so schnell wie möglich aus dem Mordgeschäft auszusteigen, keine weiteren Fälle mehr zu übernehmen, schon gar nicht solch eine Horrorgeschichte wie die mit Mr. Smith.
    Ich erkannte die Stimme am Telefon. »Hier ist Gary Soneji, Dr. Cross. Ich bin’s wirklich! Ich rufe aus der Union Station an. Ich bin gerade auf der Durchreise in D.C. und hoffe wider alle Vernunft, daß Sie mich gern wiedersehen möchten. Sie müssen sich aber beeilen. Nehmen Sie die Beine unter die Arme, wenn Sie mich nicht verpassen wollen.«
    Dann war die Leitung tot. Soneji hatte aufgelegt. Er hatte liebend gern das letzte Wort.
    Jetzt sprinteten Sampson und ich die Massachusetts Avenue entlang. Wir kamen viel schneller voran als der Verkehr. Ich hatte mein Auto an der Ecke der Third Street stehenlassen.
    Wir trugen beide kugelsichere Westen über den Sporthemden und »nahmen die Beine unter die Arme«, wie Soneji es mir am Telefon geraten hatte.
    »Was zum Teufel macht er da drin?« zischte Sampson durch die zusammengebissenen Zähne. »Der Scheißkerl ist einfach verrückt!«
    Wir waren keine fünfzig Meter mehr vom Bahnhofseingang entfernt. Nach wie vor strömten verstörte Menschen nach draußen.
    »Er hat schon als Junge mit Gewehren geschossen«, erklärte ich Sampson. »Hat in seiner Gegend in der Nähe von Princeton Haustiere umgebracht. Als Heckenschütze aus dem Wald heraus. Damals ist niemand dahintergekommen. Er hat mir
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