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Pasta Mortale

Pasta Mortale

Titel: Pasta Mortale
Autoren: Gmeiner-Verlag
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auch egal.
    Inzwischen war der Ober, überraschend schnell,
wie auch Bastinger registrierte, wieder erschienen und hatte dem derzeit
abwesenden Stammgast ein Glas Wein hingestellt. Nach weiteren nur drei Minuten
war der Mann in Schwarz wieder da, diesmal mit zwei Tellern Mohnnudeln. Den
ersten Teller stellte er wie erwartet am Tisch neben dem Fenster ab, den
zweiten eher lieblos vor ihm selbst, wie Bastinger fand. Ein kontrollierender
Blick zum Tisch des anderen Gastes bestätigte dann rasch seinen durch den
ersten Eindruck entstandenen Verdacht. Seine, Bastingers Portion, war definitiv
kleiner als die des anderen. Diese Ungerechtigkeit fraß an seiner Seele wie
eine Rotte hungriger Geier am Aas.
    Zu blöd, dass er seine Kamera nicht dabeihatte, dachte der
frustrierte Mann. Aber irgendetwas musste er gegen dieses schreiende Unrecht
tun. Den Ober beschimpfen, den anderen Gast oder auch beide. Vielleicht würde
es ja auch helfen, seinen Dessertteller aus Protest einfach auf die Erde zu
hauen. Sonst würde ihn dieses fürchterliche Gefühl des Zurückgesetztwerdens
noch auffressen.
    Während er also eine geeignete Maßnahme überlegte, betrat ein
weiterer Kellner, älter und kleiner als der erste, den Raum, ging schnurstracks
zum Tisch beim Fenster, zog einen Zuckerstreuer heraus und begann –
Bastinger konnte es kaum fassen – die Nudeln des anderen auch noch zu
zuckern. Also nicht nur größere Portionen, sondern auch mehr Service. Alles in
allem viel mehr Aufmerksamkeit, ja Liebe für den bevorzugten Stammgast.
    Das schmerzte, aber nachdem der derart Zurückgesetzte jetzt
endlich eine Idee hatte, wie er reagieren wollte, nicht mehr ganz so sehr. Kaum
hatte der Zuckerer den Raum wieder verlassen, sprang Bastinger auch schon auf,
um seinen kühnen Plan in die Tat umzusetzen.
    Mein Gott, tat es gut, endlich etwas unternehmen zu können.

     
    *

     
    Doris Nekledar zog sorgfältig die Lippen nach,
fuhr sich mit den Fingern durch die Frisur und richtete ein fehlgeleitetes
Strähnlein wieder aus. Dann verließ sie die Damentoilette.
    Wenn sie etwas
hasste, dann Männer wie diesen Bastinger. Trugen ihre eindeutigen Absichten vor
sich her wie der Priester die Monstranz zu Fronleichnam. Nicht, dass sie
grundsätzlich etwas dagegen gehabt hätte. Sie lebte ganz gut von diesen geilen
Böcken. Was sie aber regelmäßig zornig machte, war die unverschämte Art, wie
manche dieser ›Gentlemen‹ sich in bestimmten Situationen verhielten. Wenn es
aufgrund biologischer Gesetzmäßigkeiten nicht so klappte mit dem Sex nach dem
Lunch, dann kam der wahre Charakter dieser Schweine ans Licht. Ihr scheinbares
Interesse an dem Menschen, das mühsam übergestreifte gute Benehmen, oder was
sie dafür hielten, war mit einem Schlag wie weggeblasen. Und das meistens noch
während des Essens. Dann war’s vorbei mit der Großzügigkeit. Da musste man froh
sein, wenn man sich noch selbst ein Dessert bestellen durfte.
    Aber irgendwie war sie ja selbst auch schuld an dummen
Situationen wie der gegenwärtigen. Warum hatte sie dem brunftigen Eber da oben
die Sache mit der Marietant noch vor dem Hauptgang gebeichtet und nicht erst
nach dem Kaffee? Das war ein taktischer Schnitzer gewesen.
    Na, wieder etwas dazugelernt, dachte Dorli, die jetzt eben
den Gastraum betrat. Mit dem, was sich ihrem unvorbereiteten Blick hier bot,
hatte sie allerdings nicht gerechnet. Dabei verging ihr auch der Rest noch
vorhandenen Appetits auf etwas Süßes endgültig.
    Hansi, ihr enttäuschter heutiger Galan, saß
mutterseelenallein in dem Restaurant, schaufelte mit hochrotem Gesicht
irgendwelche grauschwarz gesprenkelten, länglichen Teigstücke in die kleine
Öffnung zwischen seinen beiden fetten Hamsterbacken und machte zunächst noch
einen durchaus zufriedenen Eindruck. Der währte aber nicht lange, denn kaum
hatte sich Dorli dem Tisch auf etwa drei Meter genähert, als sich Bastingers
Züge schmerzlich verzerrten. Er verdrehte die Augen, griff sich verzweifelt an
den Kragenknopf, wohl um diesen zu öffnen, was ihm aber nicht gelang. Dann
schnaufte er noch zwei-, dreimal heftig, und Speichel begann aus seinen
Mundwinkeln zu tränzen, ehe sich sein Kopf aus einer Höhe von etwa 30
Zentimetern langsam, aber stetig auf den am Tisch vor ihm stehenden Teller
zubewegte. Wo er schließlich auf den fettigen, jetzt plötzlich gar nicht mehr
appetitlich wirkenden Mohnnudeln landete und mit leblos geöffneten Augen liegen
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