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Pasta Mortale

Pasta Mortale

Titel: Pasta Mortale
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nachrufen. Der exquisit
geschulte Mann, der sich um keinen Preis in der Vorwärtsbewegung einschränken
lassen wollte, quittierte den Auftrag mit einem unmerklichen, für einen
Spezialisten wie Palinski aber kaum zu übersehenden Nicken.
    Da das Ganze nach den bisher gemachten Erfahrungen mindestens
30 Minuten dauern würde, na gut, vielleicht auch nur 20, die aber sicher,
beschloss er, diese Zeit zu nutzen und ein wenig Platz vor dem entscheidenden
letzten Gang zu schaffen. Und bei dieser Gelegenheit gleich auch ein durch die
plötzliche Leere des Akkus seines Handys aufgeschobenes wichtiges Telefonat
über die Festnetzleitung des Lokals zu erledigen. Das Gästetelefon würde ja
hoffentlich in Ordnung sein.
    Also stand Palinski auf und wandte sich zielstrebig dem im
Untergeschoss befindlichen Hygienebereich zu.

     
    *

     
    Hans Bastinger war einer jener Menschen, die
permanent unter dem Eindruck standen, die ganze Welt hätte sich überall und
unter allen Umständen gegen sie verschworen.
    Heute war wieder so ein typischer Tag. Keine
großen Ungerechtigkeiten, nichts Spektakuläres, das ihm zugestoßen wäre,
zumindest bis jetzt. Und doch war da dieser stets präsente Eindruck, dass
alles, was sich gegen ihn wenden konnte, dies auch tat. Und das nicht
irgendwann, sondern jederzeit.
    Das hatte beim Frühstück begonnen, als sich seine
Frau standhaft geweigert hatte, ihm 500 Euro zu borgen. Mit der von jedermann
als fadenscheinig erkennbaren Ausrede, sie wäre gestern nicht mehr rechtzeitig
zur Bank gekommen. Also hatte er mal wieder seine eigenen Reserven angreifen
müssen, um genug Geld für das standesgemäße Einkochen der kleinen Blondine zu
Mittag im ›Desirée‹ zu haben. Als er dann nach dem Hors d’œuvre vorgefühlt
hatte, wie denn seine Chancen dafür standen, nach dem Dessert noch einen
Nachtisch der ganz besonderen Art im Hotel ›Samarkand‹ konsumieren zu können,
hatte ihn Dorli freundlich angelächelt und etwas von »Sorry, Alter, aber die
Tante Mary is grad auf Besuch. Des müss ma verschiebn« gemurmelt.
    Noch etwas. Am Vormittag hatte ihn ein Assistent
eines früheren Kunden angerufen und angekündigt, für Bastinger wichtige
Auftragsunterlagen beim Oberkellner des ›Desirée‹ zu hinterlassen. Anscheinend
hatte sich da aber jemand einen schlechten Scherz erlaubt, denn der dienstbare
Geist wusste trotz intensiver Befragung nichts von irgendwelchen Papieren. Das
war schon sehr ärgerlich. Man kam sich irgendwie blöd vor.
    Und nicht zuletzt war da noch die Tatsache, dass man in
diesem blöden Nobelschuppen hier offenbar glaubte, ihn sukzessive bescheißen zu
können. Indem man ihm ständig kleinere Portionen servierte als dem einzigen
anderen männlichen Gast, dem Herrn am dritten Tisch beim Fenster. Gut,
Bastinger war heute zum ersten Mal in diesem Restaurant und der andere Herr
möglicherweise Stammgast, aber diese Ungleichbehandlung war mit nichts zu
rechtfertigen. Das war eine bodenlose Sauerei, die ihn maßlos ärgerte.
    Er hatte Dorli seine diesbezüglichen Beobachtungen
zugeflüstert und sie um ihre Meinung dazu gebeten. Doch das blöde Weib hatte
lediglich kindisch gelacht und etwas von »Verfolgungswahn« genuschelt.
»Wahrscheinlich hast du den Ober mit deiner Fragerei verärgert, und das ist
seine Rache«, hatte sie dann noch gemeint. Das war natürlich auch eine
Möglichkeit.
    Mit neidvoll klopfendem Herzen und überhöhtem Blutdruck
beobachtete Bastinger argwöhnisch, wie der bevorzugte Gast noch Nachtisch
bestellte. Kärntner Mohnnudeln, wie kaum zu überhören war. Na, diese
Gelegenheit, die Berechtigung seines Verdachts zu beweisen, wollte er sich
nicht entgehen lassen. Und das im unmittelbaren Vergleich, 1:1 sozusagen.
    »Ich bekomme auch die Kärntner Mohnnudeln, Herr
Ober«, rief er dem bereits fast enteilten Herrn über 15 Tische nach und konnte
nur hoffen, dass seine Bestellung auch noch registriert worden war.
    »Und was ist mit mir?«, monierte Dorli jetzt. »Ich hätte auch
gerne etwas Süßes.«
    »Dann bestell dir was«, konterte Bastinger eher unfreundlich.
    Aber so ließ die junge Frau nicht mit sich umspringen. »So
geht’s nicht«, meinte sie mit spitzem Mund, stand auf, nahm ihre Handtasche und
folgte dem anderen Gast, der eben dabei war, den Speiseraum zu verlassen. Wohin
Dorli unterwegs war und was sie da tun wollte, konnte Bastinger nur ahnen.
Angesichts der bekannten besonderen Umstände war ihm das aber
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