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Passagier nach Frankfurt

Passagier nach Frankfurt

Titel: Passagier nach Frankfurt
Autoren: Agatha Christie
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Gelächter. Das Gelächter eines gebrochenen Mannes.
    «Die Welt retten. Die Welt retten! Was für eine Phrase! Das ist es, was Ihre jungen Leute da draußen machen, das glauben sie zumindest! Sie brausen los voller Gewalt und Hass, um die Welt zu retten. Aber sie wissen nicht wie! Sie müssen es selbst bewerkstelligen, aus ihren eigenen Herzen heraus, aus ihrem eigenen Verstand. Wir können ihnen keine künstliche Methode verabreichen, um das zu bewerkstelligen. Nein. Eine künstliche Güte? Eine künstliche Freundlichkeit?
    Nichts von alledem. Es wäre nicht real. Es wäre bedeutungslos und gegen die Natur.» Dann sagte er langsam: «Gegen Gott.»
    Die letzte Worte kamen plötzlich, klar artikuliert.
    Er sah seine Zuhörer der Reihe nach an. Es war, als bäte er sie um Verständnis, auch wenn er sich wenig Hoffnung machte.
    «Ich hatte das Recht, das zu vernichten, was ich geschaffen hatte –»
    «Das bezweifle ich sehr», sagte Mr. Robinson. «Wissen ist Wissen. Was Sie entwickelt haben – zum Leben erweckt haben, das sollten Sie nicht zerstören.»
    «Sie haben ein Recht auf Ihre Meinung – aber diese Tatsache müssen Sie akzeptieren.»
    «Nein», Mr. Robinson stieß das Wort heftig hervor.
    Lisa Neumann wandte sich ärgerlich zu ihm um.
    «Was wollen Sie damit sagen?»
    Ihre Augen blitzten. Eine gut aussehende Frau, dachte Mr. Robinson. Eine Frau, die wahrscheinlich ihr Leben lang in Robert Shoreham verliebt gewesen war. Ihn geliebt hatte, mit ihm gearbeitet hatte und nun an seiner Seite lebte, ihm behilflich war mit ihrem Verstand, ihm Hingabe schenkte in ihrer reinsten Form, ohne Mitleid.
    «Man erfährt so manches im Laufe seines Leben», sagte Mr. Robinson. «Ich glaube nicht, dass ich ein langes Leben haben werde. Ich bin einfach zu übergewichtig.» Er seufzte, als er an seinem Körper heruntersah. «Aber ich weiß so manches. Wissen Sie, Shoreham, ich habe recht. Sie werden auch zugeben müssen, dass ich recht habe. Sie sind ein ehrlicher Mensch. Sie würden Ihre Arbeit nicht zerstören. Sie hätten sich niemals dazu überwinden können. Sie haben sie noch irgendwo, weggeschlossen, versteckt, wahrscheinlich nicht in diesem Haus. Ich vermute, und ich äußere wirklich nur eine Vermutung, dass sie es irgendwo in einem Schließfach oder in einer Bank haben. Sie weiß auch, dass Sie es dort haben. Ihr vertrauen sie. Sie ist der einzige Mensch auf der Welt, dem Sie vertrauen.»
    Shoreham sagte, und diesmal war seine Stimme fast deutlich:
    «Wer sind Sie? Wer zum Teufel sind Sie?»
    «Ich bin nur ein Mann, der etwas von Geld versteht», sagte Mr. Robinson, «und von den Dingen, die mit Geld einhergehen, wissen Sie. Menschen und ihre Eigenheiten, ihre Lebensgewohnheiten. Wenn Sie wollten, könnten Sie die Arbeit fortführen, die Sie lediglich weggeschlossen haben. Ich behaupte nicht, dass Sie jetzt dieselbe Arbeit machen könnten, aber ich glaube, es ist alles noch irgendwo vorhanden. Sie haben uns Ihre Ansicht mitgeteilt und ich will nicht behaupten, dass sie ganz falsch ist», sagte Mr. Robinson.
    «Vielleicht haben Sie recht. Wohltaten für die Menschheit sind eine brenzlige Sache. Der arme alte Beveridge etwa, mit seiner Sozialversicherung. Keine Not mehr, frei von Furcht, frei von was weiß ich allem. Er dachte, er schüfe einen Himmel auf Erden, als er das sagte, plante und ausführte. Aber er hat keinen Himmel auf Erden geschaffen und ich glaube auch nicht, dass Ihr Benvo oder wie immer Sie es nennen (hört sich wie Reformhausnahrung an) den Himmel auf Erden bringt. Güte birgt ihre Gefahren, wie alles andere auch. Was es bewirken kann, ist, eine Menge Leiden, Schmerzen, Anarchie, Gewalt und Drogenabhängigkeit zu verhindern. Ja, es wird eine Menge böser Dinge verhindern, und es könnte etwas Wichtiges retten. Es könnte, gerade noch rechtzeitig, den jungen Menschen etwas bringen. Ihr Benvoleo – nun hört es sich an wie ein Patentreiniger – wird die Menschen gütig stimmen, und ich gebe zu, es kann sie herablassend, selbstgerecht und selbstzufrieden machen, aber es besteht auch eine geringe Chance, selbst wenn Sie die Natur der Menschen unfreiwillig verändern und sie dieses Wesen für immer, bis zu ihrem Tode beibehalten müssten, so würden doch vielleicht ein oder zwei – nicht viele – eine natürliche Berufung zu dem in sich entdecken – in Demut, nicht Stolz –, was sie unfreiwillig tun mussten. Sich wirklich verändern, meine ich, ehe sie sterben. Die neuen Verhaltensweisen, die sie
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