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Parrish Plessis 02 - Code Noir

Parrish Plessis 02 - Code Noir

Titel: Parrish Plessis 02 - Code Noir
Autoren: Marianne de Pierres
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Sache gewinnen konnte, ließ ich den Blick über die Landschaft schweifen. In der flachen Ebene zwischen ›Teeces Motorradverleih‹ und Torley lag ein Gewirr heruntergekommener Villen-Blöcke, die schon vor langer Zeit ihren Stolz verloren hatten. Heute war der Tert nur noch eine Ansammlung ordinärer, nichts sagender Architektur.
    Der Tert erstreckte sich in Form einer Halbinsel bis zu den südlichen Grenzen der Supercity Viva. Das verfallene und kranke Fishertown auf der einen, der brackige Filder River auf der anderen Seite: ein ausgebeutetes Stück Land, das in seiner gesamten Ausdehnung mehrere hundert Klicks maß. Es war die Heimat des Pöbels und der verlorenen Seelen.
    Hier hatten einst die Anlagen der Schwerindustrie gestanden, bevor man sie abgerissen und in eine Villatropolis verwandelt hatte – zunächst waren viele Menschen hierher gezogen, doch dann waren immer mehr Einwohner an den giftigen Rückständen der Industrie erkrankt.
    Heute war diese ehemals prunkvolle Villengegend nichts weiter als ein Auffangbecken für Schwerkriminelle. Das Ödland, ein lebloser Streifen Wüste, trennte den Tert vom Rest der Menschheit.
    Ich blickte in die Ferne. Von weitem betrachtet schien der kurze, heftige Krieg keine Spuren hinterlassen zu haben. Die ärmlichen Behausungen der Menschen waren zerstört, aber mittlerweile ebenso behelfsmäßig wieder aufgebaut worden. Die Menschen, die ihr Leben gelassen hatten, ließen sich natürlich nicht so einfach ersetzen.
    Tausende waren in den wenigen Tagen getötet worden, die die Kämpfe gedauert hatten. Der Gestank der verwesenden Köper war so unerträglich gewesen, dass die Milizen angerückt waren, um für Ordnung zu sorgen. Sie verbrannten die Leichen auf einem Stück Ödland, das in der Nähe von Teeces Haus lag. Manchmal, wenn ich in der Nacht aufwachte, lag der süßliche Geruch von verbranntem Menschenfleisch noch immer in der Luft.
    Die Medien räumten den Toten eine Unmenge ihrer kostbaren Sendezeit ein. One-World, Out-World, das Allgemeine Netz – alle hatten sie darüber berichtet. Nichts trieb die Einschaltquoten derart in die Höhe wie ein Haufen brennender Körper entbehrlicher Menschen.
    Raubvögel – Journalisten-Piloten in bewaffneten Helikoptern mit ihre immerzu filmenden Verhör-Mechas – überwachten das Ganze und drängten bei Gelegenheit sogar ihre Handlanger von den Milizen zur Seite, um eine Nahaufnahme zu bekommen. Aasgeier!
    Ich konnte dieses unmenschliche Treiben nicht lange ertragen und besorgte mir einige Boden-Luft-Raketen. Nur Teece konnte mich davon abhalten, sie auf diese Hyänen abzufeuern.
     
    Ich rannte, bis meine Lungen brannten und meine Kräfte mich verließen. Mit schweren Schritten ging ich in ein Café und bestellte mir Bier und etwas zu essen.
    Durch ein großes Fenster blickte ich auf die Straße hinaus. Dort wimmelte es nur so von Scootern und Robokids. Letztere hatten mir als Transportmittel nie behagt. Es erschien mir einfach nicht richtig, auf dem Rücken eines Kindes herumzufahren, selbst wenn sein Körper halb mechanisch war. Jemand mit einer pragmatischeren Weltsicht hätte vielleicht gesagt: »Ja, du hast sicherlich Recht, Parrish. Aber die Robokids brauchen das Geld, das du ihnen gibst.«
    Das Essen in dem Café war annehmbar und das Bier gut. Auch das war eine dieser makaberen Eigenarten des Tert: Die Menschheit mochte auf der Überholspur in Richtung Hölle rasen, doch an diesem Ort würde man jederzeit ein gutes, kühles Bier bekommen. Ich leerte mein Glas und genoss es, seit langer Zeit zum ersten Mal wieder alleine zu sein.
    Trotzdem wusste ich nur allzu gut, dass ich ständig beobachtet wurde. Seitdem Jamon das Zeitliche gesegnet und ich einen Formwandler namens Io Lang ins Jenseits befördert hatte, kannte mich jedermann im Tert. Manchmal gereichte mir meine Berühmtheit zum Vorteil, doch meistens war ich gezwungen, mir die Leute vom Hals zu halten.
    In der Vergangenheit hatte ich immer wieder Schwierigkeiten gehabt, meine Aggressionen zu kontrollieren. Das lag zum Teil an dem Parasiten; er manipulierte meine Emotionen. Je mehr Adrenalin durch meinen Körper floss, desto schneller wuchs diese Kreatur heran. Ich würde mich wohl damit abfinden müssen, dass ich allmählich meine Menschlichkeit verlor.
    Ich meditierte regelmäßig, um die Kontrolle über meinen Geist und meinen Körper zu behalten; doch manchmal machte mich dieses Wesen so wütend, dass ich fast den Verstand verlor. In solchen Phasen fühlte
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