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Parrish Plessis 02 - Code Noir

Parrish Plessis 02 - Code Noir

Titel: Parrish Plessis 02 - Code Noir
Autoren: Marianne de Pierres
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Auftrag an, oder ich lehnte ab und musste mit den Konsequenzen leben.
    Finden Sie die Karadji, hatten die Cabal gesagt. Finden! Als ob das so einfach sein würde. Willkommen im Text, Leute – der Himmel für Entführer, wo Menschen, die verschwinden, selten wieder auftauchen; und die heilige Stätte der Geheimnisse und verschlossenen Lippen.
    »Sie sind im Besitz von Loyl Daacs Forschungsergebnissen?«, fragte ich neugierig.
    »Zu gegebener Zeit werden wir über die entsprechenden Informationen verfügen.«
    Ich seufzte. Eine bessere Antwort würde ich nicht bekommen. Ich musste diesen Leuten vertrauen und merkwürdigerweise tat ich das auch. Aber vielleicht gründete sich mein Vertrauen auch nur auf fehlgeleiteten Respekt.
    Der ältere Mann bewegte sich neben seinen Partner, wobei auch er kaum den Boden berührte, sondern auf unheimliche Weise schwebte. »Es gibt nur eine Bedingung: Unser Deal hat keinen Bestand mehr, wenn die Karadji nicht vor der nächsten King Tide in Sicherheit sind, Parrish Plessis.«
    King Tide? Ich schluckte meine Bedenken herunter und nickte zustimmend.
    Mit einer unscheinbaren Bewegung schleuderte der Mann einen Dolch in flachem Bogen vor meine Füße. Mir blieb nicht einmal Zeit zu blinzeln.
    Ich bückte mich und zog die Waffe aus dem Boden. Als ich mich wieder aufrichtete, waren die Männer spurlos verschwunden.
    Mit einem lauten Stöhnen ließ ich die aufgestaute Angst und meinen Ärger entweichen. Meine Hände zitterten, als ich den Dolch betrachtete. Sein Heft glänzte wie stählerner Marmor. Poliertes Eisenerz.
    Der Speer, mit dem die Cabal Jamon getötet hatten, war mit Juwelen besetzt gewesen. In seinem Griff hatte jemand funkelnde Opale eingearbeitet.
    Ich umfasste das Heft des Dolches, das sich kalt und warm zugleich anfühlte.
    Die Berührung jagte mir einen Schauder über den Rücken, und mich überkam eine schlimme Vorahnung.

 
KAPITEL ZWEI
     
     
    Weniger als eine Woche bis zur King Tide!
    Mir blieb nicht viel Zeit. Diese Gewissheit grub sich tief in mein Unterbewusstsein, als ich auf dem Bildschirm das Fenster mit den wellenförmigen Zeichen der Gezeitentafel schloss und mich Teece zuwandte.
    Seit Tagen orakelten die Meteorologen auf One-World, uns stehe die größte Flut in der neueren Geschichte der südlichen Hemisphäre bevor: Knapp dreißig Meter werde die Welle an einigen Orten erreichen, bedingt durch Vollmond und einige andere Einflüsse, die die Experten aufgrund der kurzen Sendezeiten nur mit zungenbrechenden Fachbegriffen erklären konnten.
    An jeder Straßenecke stilisierten sich die Verrückten zu Propheten hoch, und die Religionsgemeinschaften besaßen nun ohnehin Carte blanche: Der Tag es Jüngsten Gerichts stünde kurz bevor, behaupteten ihre Anhänger allenthalben. Die ersten Schaulustigen hatten bereits die Stranddünen besetzt, um einen guten Blick auf das Spektakel zu haben; andere, gescheitere Tert-Bewohner, flüchteten in Scharen zu den inneren Grenzen.
    Und die Milizen waren vollauf damit beschäftigt, die panischen Einwohner der Megametropole Vivacity vor sich selbst zu schützen.
    »Du bist verrückt!«, beschwerte sich Teece.
    Mit dieser Beleidigung erlangte er endlich meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Ich stemmte die Hände in die Hüften und widerstand der Versuchung, meine Faust in sein Gesicht zu rammen.
    »Sie sind doch nur Kinder, Teece. Sie brauchen ein Zuhause.«
    »Nur Kinder sagst du? Diese Kinder tragen Biowaffen, um Himmels Willen. Außerdem gibt es von denen ohnehin zu viel!«
    Die Straßenkinder des Tert, über die Teece und ich uns stritten, fielen unter mein Protektorat, und ich hatte mir geschworen, ihnen ein neues Zuhause zu geben.
    Im Tert hatte bis vor kurzem ein erbarmungsloser Krieg getobt. Es war einer jener Konflikte gewesen, den die Geschichtsbücher als den »Sechs-Tage-Krieg«, den »Fünfzehn-Tage-Krieg« oder den »Kurzen-Krieg« notieren würden – abgestempelt mit einer der vielen lächerlichen Phrasen, die die wahren Geschehnisse nur ungenügend zusammenfassten. Tatsächlich hatte der Krieg fünf Tage gedauert, und die meiste Zeit davon war diese Auseinandersetzung in tödlicher Stille und mit kalter Brutalität ausgetragen worden.
    Die Straßenkinder waren ein Grund dafür gewesen, dass ich den Krieg überlebt hatte. Einer von ihnen war ich zu besonderem Dank verpflichtet: Tina. Sie hatte sich selbst geopfert und damit die Geschehnisse entscheidend beeinflusst. Ich schuldete ihr und ihresgleichen sehr viel;
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