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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert
Autoren: Merle Robert
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über uns spotten müßt!«
    »Ja! Die Pest über Euren Jargon!« sagte Héloïse zornig. »Könnt Ihr nicht reden wie gute Christenmenschen?«
    Damit ging sie, wie ich sie geheißen hatte, aus einem Kasten unter meinem Bett meine einstigen Kleider hervorzuholen.
    »Seht Ihr, Pierre«, sagte La Surie, »nun seid Ihr wegen Sprachketzerei exkommuniziert! Héloïse kann die Stelle des Legaten einnehmen, der jetzt den Pariser Staub von seinen papistischen Schuhen schüttelt.«
    »Weißt du das bestimmt?«
    »Der König hat Monsieur de Saint-Paul zu ihm geschickt, um ihn zu ersuchen, daß er bleibe. Aber er wollte nicht.«
    |452| Nachdem Lisette mich getrocknet hatte, ging ich in mein Zimmer, wo Héloïse andächtig mein blauseidenes Wams mit dem Perlenbesatz auf dem Bett ausbreitete.
    »Herr«, sagte sie, »jetzt könnt Ihr es nicht länger leugnen. Doña Clara hatte recht. Nach diesen Kleidern müßt Ihr mindestens Herzog sein!«
    Nun, wenn auch nicht Herzog, sondern nur Marquis, ließ ich mir von Héloïse den Bart bis auf ein kleidsames Kollier stutzen, die glatten Kaufmannshaare wellen und mich von Kopf bis Fuß in meinen schönen höfischen Anzug kleiden, und schon zog ich Monsieur de La Surie, der in braunem Samt erglänzte, eilends aus dem Haus.
    »Wohin laufen wir denn?« fragte Miroul.
    »Ha!« sagte ich, »ich will das Gesicht des Herzogs von Feria sehen, wenn er Paris verläßt.«
    Und ich sah es, Leser, denn kaum an der Porte Saint-Denis angelangt, traf ich auf Monsieur de Rosny, dem die Tränen aus den Augen stürzten.
    »Ach, mein Freund!« rief er, »ich kann noch nicht glauben, daß wir hier sind! Jetzt kann ich sterben. Ich habe meinen König in seiner Hauptstadt gesehen!«
    Worauf er mich bewegt in die Arme schloß, er, der doch immer so auf Distanz zu anderen hielt.
    »Kommt mit! Kommt mit!« fuhr er fort. »Das schönste Schauspiel bietet sich gewiß vom Fenster der Wachstube überm Tor. Es hat, wie Ihr sehen werdet, die beste Aussicht auf die Grand’rue Saint-Denis. Wir müssen nur die Wendeltreppe finden, um hinaufzugelangen.«
    »Vertraut Euch mir an«, sagte ich, »ich kenne die Wachstube von der vergangenen Nacht.«
    Wir fanden den König schon auf einem Schemel an besagtem Fenster sitzen, das man ihm geöffnet hatte, sowie von Vitry die Meldung kam, die Spanier seien zum Abmarsch angetreten. Ein doppelter Kordon von Vitrys Garden war aufgezogen, die Schaulustigen längs der Grand’rue Saint-Denis im Zaum zu halten, aber der Andrang war gewaltig, an sämtlichen Fenstern stand man dicht bei dicht, junge Burschen hatten sich sogar auf den Dächern an Schornsteinen angeseilt, und alle harrten geduldig und tapfer aus im strömenden Regen.
    Die kleine Wachstube war drangvoll mit betreßten Herren, |453| doch hätte Monsieur de Rosny es schwerlich ertragen, nicht in der ersten Reihe zu sein, wie es seinen Verdiensten gebührte, und so gebrauchte er kühn die Ellenbogen, ich und La Surie ihm nach, bis wir just hinter den König zu stehen kamen. Und als wir uns bückten, weil das Fenster sehr niedrig war, konnten wir die ersten neapolitanischen Soldaten Ferias in Viererreihen kommen sehen. Die Menge, die Vitrys Garden kaum zu bändigen vermochten, rief ihnen zu, daß vom Fenster der Torstube der König von Frankreich auf sie herabschaue, da lüfteten sie ihre Hüte, Reihe um Reihe, und schwenkten sie gegen besagtes Fenster, und bevor sie drunter durch marschierten, um zum Tor hinauszuziehen, verneigten sie sich tief.
    Seine Majestät erwiderte ihren Gruß, indem er ihnen winkte und höflich die Kompaniechefs grüßte. Nach den Neapolitanern zogen starr und steif die Kastilier heran. Sie entboten dem König nur kümmerliche Grüße, weshalb sich die Menge erboste und ihnen zuschrie, sie täten gut daran zu gehen, der strömende Regen, der sie bis auf die Haut durchweiche, zeige ja, wie sehr der Himmel gegen sie erzürnt sei. Indes verstummte jedes Geschrei, als auf einem Rotfuchs der Herzog von Feria erschien, der, als er das Haupt erhob, am Fenster oben den König erblickte. Da entblößte er sich ernst und sparsam und grüßte schmallippig nach spanischer Art. Worauf der König zur Antwort diesen seinen Gruß nachahmte und alles um ihn lachte.
    »Herr Herzog«, rief er laut, »empfehlt mich Eurem Herrn, aber kommt nie wieder!«
    Und schon flog auch dieses Wort von Mund zu Mund, und in den verschiedensten Varianten gelangte es an alle Enden von Paris, ein jeder kostete es genüßlich und ließ es sich
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