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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert
Autoren: Merle Robert
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ein paar Ligisten widersetzen«, sagte Saint-Luc mit jenem Lispeln, wie es am vormaligen Hof Mode gewesen war. »Zwei habe ich getötet, die anderen ergaben sich.«
    »Ich hoffe, Ihr habt sie gleich gehängt?« fragte Vitry.
    »Nein, nein! Das will der König nicht! Hier lest den Aufruf, den er ans Volk verteilen läßt.«
    Leser, ich habe ein Exemplar dieses Aufrufs aufbewahrt, der an diesem frühen Morgen und an den folgenden Tagen in Paris von Hand zu Hand ging. Und er lautet so:
     
    Seine Majestät der König, der alle seine Untertanen zu vereinen wünscht, auf daß sie in Freundschaft und Eintracht leben, namentlich die Bürger und Einwohner seiner guten Stadt Paris, will und meint, daß alles Vergangene und seit den Wirren Geschehene |448| vergessen sei. Er gebietet seinen Prokuratoren, Anwälten und Beamten, jegliche Nachforschungen hinsichtlich welcher Person auch immer zu unterlassen, selbst derjenigen, die man im Volk die »Sechzehn« nennt. Seine Majestät verspricht mit königlichem Wort, in der katholischen, apostolischen, römischen Religion zu leben und zu sterben und alle seine Untertanen und Bürger in ihren Besitztümern, Privilegien, Ständen, Würden, Ämtern und Pfründen zu erhalten. Gegeben zu Senlis, am 20. März 1594, im fünften unserer Herrschaft.
    Henri
     
    »Komischer Stil«, sagte Vitry. »Was heißt im fünften?«
    »Im fünften Jahr«, sagte Brissac, und mir schien, daß sein linkes Auge wer weiß wieso in jener grauen Frühe weniger schielte.
    »Beim Donner, das ist wahr!« rief Vitry mit seiner sonoren Stimme. »Fünf Jahre regiert der König schon, und ohne seine Hauptstadt!« setzte er hinzu, wobei er ganz vergaß, daß er selbst zu denen gehört hatte, die ihm den Zutritt verwehrten.
    In dem Moment meldete eine Staffette, daß der König, der inzwischen durchs Neue Tor in Paris eingezogen war, sich zu Monsieur von O am Saint-Honoré-Tor begebe, wo ihm der Vorsteher der Kaufmannschaft, L’Huillier, die Schlüssel der Stadt überreichen werde. Sogleich überließen Saint-Luc und Vitry das Kommando ihrer Kolonnen den Leutnants und machten sich dorthin auf den Weg. Brissac, Langlois, La Surie und ich folgten ihnen. Unterwegs sagte Saint-Luc, indem er auf mich zeigte, mit seiner hübschen, dummen Stimme zu Brissac, er solle nur nichts auf meine Bürgerkleider geben, darunter verberge sich nämlich der Marquis de Siorac.
    »Oh, ich kenne ihn gut«, sagte lächelnd Brissac.
    Mehr sagte er nicht, dieser Mann der wenigen Worte, außer wenn seine Zunge fleißig an falschem Anschein baute, um dahinter seine Absichten zu verbergen.
    Wie schlug mir das Herz, als ich den König auf seinem weißen Pferd erblickte, im Panzer, aber barhäuptig, schon ergraut an den Schläfen, doch mit blitzenden Augen und fröhlichem Mund und als merke er gar nicht, wie beharrlich es regnete! Neben ihm saß auf einem spanischen Hengst Herr von O, den ich allerdings wenig mochte und an dem ich nur seine Treue schätzte.
    |449| »Sire, ich liege Euch zu Füßen«, sagte Brissac, indem er dem König die Hand küßte.
    »Seid mir gegrüßt, Herr Marschall von Frankreich«, sagte Henri, womit er, gemäß dem Versprechen, das ich in seinem Namen gegeben hatte, Brissac in der Würde bestätigte, die sich der Graf durch Rebellion gegen ihn erworben hatte.
    Nun trat der Vogt der Kaufleute vor, der mich in seiner säuerlichen Würde an meinen liebwerten L’Etoile erinnerte. Er hatte seine Staatskleider angelegt und trug in beiden Händen ein rotes Samtkissen.
    »Sire«, sagte er, »es beliebe Eurer Majestät, die Schlüssel der guten Stadt Paris zu empfangen, welche sich heute in Gehorsam und Unterwerfung in Eure Hände gibt.«
    Mit huldvollem Dank nahm der König die Schlüssel entgegen und versprach, sie würdig und zum größten Wohl der Bürger und Einwohner der Stadt zu gebrauchen. Dann ließ er dem Erzdiakon durch einen Offizier vermelden, daß er jetzt in Notre-Dame die Messe hören wolle, und sandte Monsieur de Saint-Paul zum Herzog von Feria mit der Aufforderung, daß er mit seiner Garnison samt Troß und Waffen bis Schlag drei Uhr die Stadt Paris durch die Porte Saint-Denis zu verlassen habe, eine Eskorte werde ihn bis zur flandrischen Grenze geleiten.
    Hierauf sah er mich, während er mit Monsieur de Saint-Luc sprach, und rief mich heran.
    »Graubart«, sagte er, »geh und melde meinen lieben Kusinen, den Lothringer Prinzessinnen, daß ich sie um sechs Uhr im Hôtel Montpensier besuchen werde.«
    Und auf
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