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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert
Autoren: Merle Robert
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Grabenseite hin eine lange schmale Schießscharte hatte und nach der Stadtseite, zur Grand’rue Saint-Denis, ein Fenster, von dem noch die Rede sein wird, denn es spielte am nächsten Tag eine Rolle, die würdig genug ist, in den Annalen dieses Reiches Erwähnung zu finden.
    |441| Außer starkem Geruch nach Schweiß, Urin, Leder und Waffenschmiere gab es in dem Wachraum nichts wie einen Rechen, die Musketen abzustellen, einen schäbigen Tisch, vier Schemel und als einzige Lichtquelle eine Blendlaterne, die Tronson mitgebracht hatte. Man betrat ihn über eine sehr schmale kleine Wendeltreppe, die weiter zu den Wällen hinauf führte, wo zwei Posten Wacht hielten, der eine stand im Pfefferturm, der andere zog seine Runde. Und dieser kam plötzlich in großer Hast die Wendeltreppe herunter und sagte, auf dem Wachgang näherten sich Leute, die ihren Stimmen nach von der spanischen Garnison sein müßten.
    Wir nahmen unsere Waffen, Tronson stieg schnaufend, seine Laterne in der Hand, vor uns zum Wall hinauf und stieß auf Monsieur de Brissac, den zwei spanische Hauptleute, gefolgt von sechs wallonischen Soldaten, begleiteten.
    »Bist du es, Tronson?« fragte Brissacs schleppende, nasale Stimme.
    »Jawohl, ich bin es, Herr Graf«, sagte Tronson, indem er den Laternenschein auf sein Gesicht lenkte.
    »Leuchte auch die anderen an«, sagte Brissac, auf La Surie und mich weisend. Was Tronson tat, und als das Lichtbündel mein Gesicht erfaßte, zuckte Brissac mit keiner Wimper.
    »Sind sie zuverlässig, Tronson?«
    »Wie ich selbst.«
    »Daß ihr mir gut aufpaßt, Soldaten«, sagte Brissac. »Der Herzog von Feria hat Wind bekommen, daß der Béarnaiser diese Nacht etwas gegen Paris unternehmen will. Deshalb machen diese Hauptleute und ich jetzt die Runde.«
    »Alles ist ruhig, Herr Graf.«
    »Ihr seht, Hauptmann«, sagte Brissac, »unsere Soldaten sind auf dem Posten.«
    »Ich sehe es«, sagte der spanische Hauptmann mit harter Stimme.
    »Solche Gerüchte von Umsturz und Verrat entspringen doch nur hitziger Angst«, sagte Brissac, und auf spanisch setzte er hinzu:
»Son palabras de mujeres.«
    »Quizas«
1 , meinte der Hauptmann.
    »Tronson«, sagte Brissac, »gegen vier Uhr morgens erhältst |442| du Verstärkung vom Schöffen Monsieur Langlois und seinen Männern. Du wirst ihm in allem gehorchen wie mir.«
    »Zu Befehl, Herr Graf.«
    Und wenn ich es im abgeblendeten Laternenlicht richtig sah, zwinkerte Brissacs linkes Auge, das etwas herabhängende, als er Tronson anblickte.
    »Vamos.«
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    Und flankiert von den zwei spanischen Hauptleuten, als wäre er ihr Gefangener, entfernte sich Brissac auf dem Wachgang, gefolgt von den wallonischen Soldaten.
    »Wallonen!« sagte Tronson, als wir wieder in der Wachstube saßen, »das sieht Philipp II. und seiner spanischen Tyrannei ähnlich! Er besetzt Flandern und rekrutiert wallonische Soldaten. Er besetzt Neapel und rekrutiert neapolitanische Soldaten. Und wenn es dazu kommt, daß er Paris besetzt, durch die Infantin und den jungen Guise, dann rekrutiert er französische Soldaten, um das nächste Reich zu besetzen. Verhüt es Gott! Ich häng an meinem Zuhause. Holla, Miroul, die Flasche!«
    »Die Nacht ist noch jung«, sagte Monsieur de La Surie, »und wenn Ihr weiter so pichelt, Meister Tronson, ist die kleine Zitze bald versiegt.«
    »Still, meckere nicht!« sagte Tronson und streckte den Arm nach der Flasche, »ich trinke auf Brissac, den schlauesten Schlaukopf der Schöpfung! Er hätte nicht mal zu zwinkern brauchen. Potzdonner! Er hatte den Fuß nicht gehoben, da sah ich die Sohle.«
    »Was zweifellos auch von Eurem Vater stammt?« fragte Monsieur de La Surie.
    »Aber sicher.«
    »Zumal der Schöffe Langlois ein stadtbekannter ›Politi scher ‹ ist«, ergänzte ich, »und Brissac uns befahl, ihm zu gehorchen.«
    »Und ob!« sagte Tronson und trank.
    Kurz vor vier Uhr erschien Langlois am Ende der Grand’rue Saint-Denis, mit weißer Schärpe, und an die zwanzig Männer kamen mit ihm, die sie gleichfalls trugen und unter denen ich zu meiner Verblüffung Pierre de L’Etoile erkannte. Beim Ochsenhorn! Für so wacker, daß er im entscheidenden Augenblick mit |443| seinem Leben einstand, hätte ich den Großauditor gar nicht gehalten. Denn schließlich konnte hier nicht die Rede sein von »gewonnener Stadt«, die spanische Garnison – bestehend aus Wallonen, Kastiliern und Neapolitanern – war ihre vierzigtausend Mann stark.
    Ich rüttelte Tronson, der vom vielen Picheln
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