Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Parasit

Parasit

Titel: Parasit
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
der Büros, und ein paar leise Stimmen, die aus offenen Seminarräumen in den Flur hinaushallten.
    Sie blieb vor der offenen Tür des letzten Klassenzimmers auf der linken Seite stehen. So sah sie die Studenten zwar nicht, aber Evan stand direkt in ihrem Blickfeld.
    Sie hatte gerade erst die letzte Nacht mit ihm verbracht, aber sie fühlte sich, als sei das schon wieder viel zu lange her. Zu lange mit diesem hohlen Schmerz in der Brust. Der Schmerz wich auch jetzt nicht. Er schien anzuschwellen.
    Na los, dachte Alison. Mach Feierabend.
    Offenbar hatte Evan ihr Kommen nicht bemerkt. Er sah nach vorn, wahrscheinlich auf die Studentin, die ihn gerade nach der Mindestlänge für eine Semesterarbeit fragte.
    »Sie sollte so sein wie der Rock eines jungen Mädchens -kurz genug, um das Interesse aufrechtzuerhalten und lang genug, um die wichtigen Dinge zu umschließen.«
    Hin paar der Studenten kicherten.
    »Aber wie lang soll sie denn jetzt sein?«, insistierte die Stimme.
    Evan hob eine Augenbraue. Alison lächelte. Er war so niedlich, wenn er sich pedantisch gab. »Mindestens fünfzehn Seiten.«
    »Getippt?«, fragte eine andere Stimme.
    »Getippt! Schwarze Tinte. Weißes Papier, DIN A4. Doppelter Zeilenabstand. Zweieinhalb Zentimeter Rand auf beiden Seiten. Wenn möglich bitte kein beschichtetes Papier - das verschmiert die Finger.«
    Sie waren Erstsemester. Wahrscheinlich schrieben sie jedes Wort mit.
    Evan verschränkte die Arme. Er stand vor seinem Pult, lehnte mit seinem Hintern dagegen. Er nahm seine Brille mit dem Drahtgestell ab: »Noch irgendwelche Fragen?« Während er wartete, putzte er die Brille auf dem Aufschlag seines Cordjacketts. Ohne die Brille wirkte sein Gesicht nackt und kindlich. Er setzte die Brille wieder auf und war wieder der Gelehrte. »Nein? Dann lest ihr zum nächsten Mal Seite 496 bis 506 im Untermeyer und überrascht mich am Dienstag mit eurem Wissen über Mr. Thomas' Technik und die Sperrigkeit seiner Kunst. Bis dann.«
    Alison zog sich von der Tür zurück. Es gab kein Hetzen, um den Raum zu verlassen. Die Studenten ließen sich mit dem Gehen Zeit und kamen teils einzeln, teils zu zweit oder zu dritt heraus. Die Glocke klingelte. Noch mehr Studenten strömten heraus. Alison wartete ungeduldig, dann schielte sie um den Türrahmen.
    Ein Mädchen in der vierten Reihe stapelte immer noch ihre Bücher auf den Tisch. Schließlich stand sie auf, balancierte den wackligen Stapel vor der Brust und kam nach vorne. »Ein schönes Wochenende, Mr. Forbes.«
    Er grinste. »Ich werde das Wochenende auf der Suche nach nackten Frauen in nassen Mänteln verbringen.«
    »Häh?«
    »Schönes Wochenende, Dana, und einen schönen Freitag.«
    Alison kam in den Raum. Das Mädchen machte einen Bogen um sie und huschte hinaus.
    »Nackte Frauen in nassen Mänteln?«
    Evan grinste. Es ließ ein Buch in seine Aktentasche gleiten. »Ein Zitat, das ich mir bei Mr. Thomas ausgeborgt habe.«
    »Deine Freundin Dana wird dich für einen Klugscheißer halten.«
    »Das erwartet man von Englischlehrern.«
    Alison schloss die Tür und kam auf ihn zu. Er schloss seine Aklentasche, drehte sich zu ihr um und sah ihr in die Augen.
    »Wie geht es dir?«, flüsterte sie. Ihr Hals war wie zugeschnürt.
    »Ich bin einsam.«
    »Ich auch.« Sie lehnte sich an ihn, schob die Arme unter seine Jacke. Sie hielt ihren Kopf nach hinten geneigt, ihre I ippen erwarteten seinen Mund.
    Er küsste sie. Er zog sie an sich und sie schmiegte sich an ihn. Das war es, was sie wollte, wonach sie sich seit der letzten Nacht gesehnt hatte - wieder mit ihm zusammen zu sein. Wenn es doch immer nur so weiter gehen könnte. Wenn sie nur von hier zu seiner Wohnung gehen und zusammen sein könnten, sich lieben, zu Abend essen, den Abend und die Nacht miteinander verbringen ... Aber das konnte nicht sein, und das Wissen darum war ein bedauernder Stich, der den Moment seiner Umarmung vergällte.
    Alison beendete den Kuss. Sie presste ihren Mund an seinen Hals, drückte sich hart an ihn und ließ dann ihre Arme sinken und die Hände in die Gesäßtaschen seiner Kordhose gleiten. »Das fühlt sich so gut an.«
    »Mein Arsch?«
    »Dich fest zu halten.«
    »Die Kleidung ist im Weg.«
    »Es ist trotzdem schön.«
    »Schöner wäre es nackt auf dem Fußboden.«
    »Zweifellos.«
    »Na, wie wär's?« Seine Hand lag auf ihrem Hintern. Sie umklammerten ihr Gesäß durch den Rock und drückten zu.
    »Niemals.« »Nenn mir einen guten Grund dafür.«
    »Die Tür lässt sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher