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Paraforce 1 - Aller Anfang ist schwer

Paraforce 1 - Aller Anfang ist schwer

Titel: Paraforce 1 - Aller Anfang ist schwer
Autoren: G. Arentzen
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hindurch ins Freie. Sie bewegen sich nicht aus eigenem Antrieb, denn dazu sind sie zu tot. Vielmehr werden sie von mir mittels Augenmaß und Löffel hinauskatapultiert, damit sie in der feuchten Hitze des Tages verrotten.
    So wie die Gehenkten vom Vortag nun irgendwo da draußen liegen und verrotten. Wir Gefangenen hingegen verrotten in unseren Zellen, und das bei lebendigem Leibe.
    Vielleicht sollte ich mich auch im Brei ersäufen? Vielleicht sollte ich einsehen, dass ich ohnehin von einer Scheiße in die nächste stolpere?
    So vieles lief schief in meinem Leben.
    Das fing bei meiner Geburt an, die meine Mutter fast das Leben kostete. Erst in letzter Sekunde sprang sie dem Tod von der Schippe.
    Während meiner Kindheit entdeckte mein Vater seine Lust an Gewalt und pädophilen Spielen, sodass der hoch angesehene Professor für Archäologie und Geschichte häufig in mein Zimmer kam und jeden noch so kleinen Vorwand nutzte, um mich mit einem Gürtel zu schlagen, meinen geröteten, wunden Hintern mit Lotion einzureiben und dabei ganz ungeniert an meinem Fötzchen zu spielen.
    Kurz vor meiner Volljährigkeit war ich es, die dem Tode knapp entkam, denn ich wurde in einen Autounfall verwickelt, der vier Menschen das Leben kostete. Für ein paar Sekunden sah ich mich selbst tot auf der Erde liegen, ehe die lebensrettenden Maßnahmen der Sanitäter fruchteten.
    Auf ein eigenes Studium verzichtete ich. Mein Vater hatte mir all das Wissen eingeprügelt, welches seiner Meinung nach wichtig war. Verschiedene lebende und tote Sprachen, Perioden, Königslisten – meine gesamte Jugend war ein einziges Studium gewesen. Ich hätte an jedem archäologischen Kongress teilnehmen können, ohne dass mein mangelndes Diplom einem der Experten aufgefallen wäre. Du meine Güte, selbst Praxiserfahrung ließ er mich sammeln. Während meine Freundinnen in ein Sommercamp fuhren, flog ich nach Ägypten oder Südamerika, um an Ausgrabungen teilzunehmen.
    Niemand dort ahnte, wie sehr mich das alles ankotzte. Niemals, nicht in einer Million Jahre, wäre ich auf die Idee gekommen, tatsächlich Archäologie zu studieren. Allein der Gedanke daran, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten, ließ mich bereits würgen.
    Dass ich am Ende eine Polizistin wurde, die in London für Recht und Ordnung sorgen wollte, dann aber vom britischen Secret Service rekrutiert wurde, versetzte meinem alten Herrn, der zu dieser Zeit bereits auf dem absteigenden Ast war, einen herben Schlag. Während ich versuchte, meinem Land auf die bestmögliche Weise zu dienen, verschrieb sich Professor Stewart seltsamen Theorien, die ihn schließlich ins Abseits der allgemein anerkannten Lehre führten. Ein Niedergang, der mir sehr viel Freude bereitete, auch wenn ich die Debatten um seine Werke, die von Göttern, Dämonen und Kreaturen jenseits des menschlichen Verstandes handelten , nur am Rande verfolgte. Aufträge führten mich in den Irak, nach Afghanistan und Afrika.
    Leider starb mein Vater, bevor er sich vollends der Lächerlichkeit preisgegeben hatte. Er krepierte in einem heißen, stickigen Zelt, betrauert von seinen Begleitern, die nicht minder verrückt waren wie er.
    Sein Tod wirkte befreiend auf mich. So viel Hass, so viel Zorn, der mit ihm starb.
    Leider hielt diese Befreiung nicht sonderlich lange an.
    Ein kleiner, eher unbedeutender Auftrag führte mich nach Kolumbien. Hier wurde ich festgenommen, als Spionin abgeurteilt und in eine Zelle gesperrt. Die Kolumbianer wollten keine Informationen von mir. Keine Folter, keine langwierigen Verhöre. Sie wussten ohnehin, dass es um den Drogenhandel ging.
    Ihnen war nur wichtig, mich verschwinden zu lassen.
    Möglich, dass sich die britische Regierung um mich bemüht hätte. Aber meine Kontaktpersonen in Vauxhall Cross wussten nicht einmal, was mir widerfahren war.
    Statt befreit zu leben, sitze ich nun in dieser elenden Zelle und sterbe jeden Tag ein bisschen mehr. Vielleicht wäre es doch nicht schlecht, dort draußen zu baumeln. Was sind ein paar Minuten der Qual gegen die Zeit, die noch vor mir liegt?
    Mit einem leisen Seufzen stelle ich den Becher zur Seite. Der Brei schmeckte süß, das Fladenbrot hingegen neutral; so wie stets. Inzwischen habe ich mich an den Fraß gewöhnt, er kann mich nicht mehr schocken.
    Gerade als ich mich wieder auf die Pritsche legen will, wird die Zellentür aufgeschlossen. Einer der Wärter tritt ein und grinst mich an. »Zeit für die tägliche Dusche, Stewart. Schwing deinen süßen Arsch,
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