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Papa

Papa

Titel: Papa
Autoren: Sven I. Hüsken
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Graf.«
    »Okay, das ist neu.« Robert dachte kurz nach und runzelte die Stirn, die vor kaltem Schweiß glänzte. »Was ist mit Thomas Ried? Wo ist er?«
    Michelles Brust hob und senkte sich schwer. Robert konnte sehen, wie schwierig es für sie war, die Pistole ruhig zu halten.
    »Wir müssen ihn finden«, legte Robert nach. »Er wird es wissen. Er kann uns zu Lilly bringen. Nur nehmen Sie diese gottverdammte Pistole runter. Michelle, ich bitte Sie! Machen Sie keinen Fehler.«
    »Was habe ich denn zu verlieren?«, schrie sie und hielt den Lauf höher. »Nichts! Und deshalb sorge ich dafür, dass diese Frau da unten diese Nacht nicht überleben wird.«
    Ya-Long kicherte, um dann hemmungslos zu lachen.
    »Nehmen Sie die Waffe runter!«, brüllte Gröne hinter ihr.
    »Nein«, Michelle schüttelte energisch den Kopf. »Schießen Sie mich hier runter, aber ich werde diese Frau in die Hölle zurückschicken, aus der sie gekommen ist.«
    Robert stellte sich mit einem ausfallenden Schritt vor Ya-Long, die vor Lachen den Halt verlor und sich auf den Acker setzte. »Was zum Teufel ist so lustig?«, er drehte sich zu ihr. Hätte jemand behauptet, er sähe verärgert aus, hätte dieser Jemand nicht genau hingesehen. In Robert kochte eine Wut, die er nur schwer bändigen konnte.
    Die Chinesin schaute ihn belustigt mit einem blutunterlaufenen Auge an.
    »Waffe runter!« Grönes Stimme überschlug sich, dann peitschte ein Schuss in den Nachthimmel.
    »Thomas Ried«, sagte Ya-Long, von gelegentlichen Lachanfällen geschüttelt, »wird Ihnen nicht verraten, wo die kleine Lilly ist.«
    »Sie lügen doch, wenn Sie nur denken!«, rief Michelle vom Wagen herunter. »Sie sind ein Drache.«
    »Ja«, antwortete Ya-Long P’an, »mit giftiger Zunge. Das höre ich öfters. Dennoch ist das die Wahrheit. Thomas Ried wird mit niemandem mehr sprechen.« Sie wischte sich mit der Hand über den Mund und leckte sich das Blut von den Lippen. »Mein armer Peiniger hatte wohl wenig Zeit, sich über seine wiedergewonnene Freiheit zu freuen. Sein enger Freund Sebastian hat ihn in seinem Haus in etwas verwandelt, das ich skurril nennen würde.« Wieder kicherte sie. »Thomas Ried ist so tot wie ein Rind im Steakhaus. Und genauso blutig.«
    Im Kopf von Robert ratterte es. »Michelle, ich glaube, es gibt eine Chance, wie wir Lilly finden können. Legen Sie die Waffe weg und kommen Sie runter.«
    »Eine Chance?«, Ya-Long rappelte sich auf. Unsicher baute sie sich vor Robert auf. »Nein, es gibt keine Chance. Sebastian kam zu mir, wie es alle Bestien irgendwann tun. Männer sind faul! Ich erledige für sie die Drecksarbeit, und das ist für sie viel zu verlockend, als dass sie widerstehen könnten.
    Lilly war nur ein Köder. Michelle war sein eigentliches Ziel. Ried wollte, dass sie leidet, also hat Sebastian das für ihn übernommen. Er hat die echte Lilly versteckt und vergessen. So war es auch viel einfacher. Er hatte ja seine eigene Lilly-Version. Falls es Ihnen nicht bekannt ist, Sebastian hat ein arges Problem mit dem Kopf. Darin tickt es nicht ganz richtig.
    Und wenn ich mich an die letzten Gespräche mit ihm erinnere, dann lag er sogar mit der imaginären Lilly im Streit. Man sollte halt vorsichtig sein mit den Persönlichkeiten, die man sich einbildet.
    Glauben Sie mir, ich kenne mich mit kranken Typen aus. Die beleben mein Geschäft. Sebastian wird gar nicht mehr gewusst haben, wo er Lilly gelassen hat, und Thomas Ried hatte andere Dinge zu tun, als sich um seine Stieftochter zu kümmern. Abhängen zum Beispiel. Oder aus der Haut fahren.« Sie lachte wieder und hielt sich verschämt eine Hand vor den Mund. »Eigentlich ist mir das völlig egal. Aber so viel Spaß wie heute hatte ich schon lange nicht mehr. Und wissen Sie, was das Beste ist?« Sie machte eine dramatische Pause. »Egal, wer heute verloren hat. Ich habe gewonnen. Thomas Ried, der mich fast getötet hätte, hat eine schlimmere Strafe bekommen, als ich sie mir jemals hätte ausdenken können. Sebastian Graf, der mich ebenfalls beseitigen wollte, ist jämmerlich ertrunken. Sie sehen, ich bin unverwundbar.«
    »Seien Sie sich da nicht so sicher. Die Polizei ist gleich hier und wird sich brennend für Ihre Geschichte interessieren.«
    Ya-Long P’an schaute ihn fragend an. »Glauben Sie das? Mir gehört die Polizei, Herr Bendlin.«
    Robert unterdrückte den Impuls, sich eine Waffe zu schnappen und sie über den Haufen zu schießen. Er hatte keine Lust, für sie in den Knast zu
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