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Papa

Papa

Titel: Papa
Autoren: Sven I. Hüsken
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dann?«
    Ya-Long drehte sich zu ihr und schaute an ihr vorbei auf das Wasser, das leise gegen das Ufer brandete. »Ich fürchte, das weiß nur der neue Gott des Sees.«
    Michelles Lippen zuckten.
    Nein, das durfte nicht sein. So durfte es nicht enden. Das war nicht gerecht!
    Zwei Männer traten aus der Dunkelheit auf sie zu und packten ihre Arme.
    »Willkommen in meiner Welt, Michelle!« Ya-Long streichelte ihr zärtlich über die Wange, drehte sich um und ging.
    »Bitte!«, flehte Michelle, und Tränen flossen über ihr Gesicht. »Ich will zu meinem Mädchen. Mir ist egal, was Sie mit mir machen, aber lassen Sie mich mein Baby retten.«
    Ya-Long gab ihren Männern ein Zeichen, und Michelle wurde gepackt und den Hügel emporgeschleift.
    Alles umsonst? Maiks Tod? Lillys Martyrium?
    Oben angekommen, setzten sie Michelle in einen Van zwischen zwei chinesische Männer. Die Türen schlugen zu, und der Wagen fuhr los.

[home]
    Kapitel 46
    K ramme hat mir alles erzählt.« Gäter klang abgehetzt. Sie war wie versprochen zur Psychiaterin gefahren. »Am Ende ist sie doch zusammengebrochen.«
    Robert hielt das Handy dicht ans Ohr, während er durch die Nacht fuhr. Warum wohnte dieser verfluchte Maler auch am Arsch der Welt? »Das hört sich schon mal gut an, weiter.«
    »Rieds Opfer, Ya-Long P’an, hatte Kontakt zu ihr aufgenommen und ihr Geld geboten. 50000 Euro, damit sie ein paar Sicherheitsvorschriften lockert. P’an spielte ihre Opferrolle aus, behauptete, sie könne nicht schlafen, solange perverse Schweine wie Ried am Leben blieben. Sie versprach, dass er niemanden mehr umbringen wird.«
    »Für Kramme war es also ein Akt der Gerechtigkeit?«
    »Vielleicht. Ried hat ihr während seiner Therapien eine Menge Angst gemacht. Sie wird über das Angebot froh gewesen sein. Und viel musste sie nicht dafür tun.«
    »Ja, und weil P’an ihr versichert hatte, dass niemand gegen sie ermitteln wird, war es noch leichter.«
    Robert nickte vor sich hin. All die kleinen Indizien, die er und Maik gesammelt hatten, bekamen so einen Sinn. Nur Menschen mit dickem Geldbeutel konnten sich P’ans Dienste leisten. Und das waren in der Regel die Herren der feineren Gesellschaft. Also hatte diese alte Chinesin alles in Bewegung gesetzt, um sich an Ried, der sie fast umgebracht hatte, zu rächen. »Was für eine Rolle hatte dieser Pfleger, der am Fluchtabend Dienst hatte?«
    »Peter Hasse? Er wurde aufgefordert, bei seinem Rundgang nicht so genau hinzusehen. Dafür hatte sie ihm eine Beförderung versprochen. Und anschließend schickte sie ihn in den Urlaub. Wie Ried letztendlich wirklich entkommen konnte, weiß sie nicht.«
    »Es dürfte nicht allzu schwer sein, das zu erraten. Ried wurde von seinem neuen Freund Sebastian Graf besucht und mitgenommen.«
    »Ja, Sebastian Graf. Ich habe ein weiteres Gutachten in seinen Unterlagen gefunden. Darin ist von
Identitätsdiffusion
die Rede. «
    »Und?«
    »Das Urteil des Gutachters ist etwas härter ausgefallen als das von Kramme, aber sie hatte das letzte Wort, und das galt.«
    »Nun erzählen Sie schon, was steht in dem Gutachten?«
    »Nicht so ungeduldig«, sagte Gäter empört und schwieg einen Moment. Im Hintergrund hörte er eine wimmernde Frauenstimme. Kramme hatte ihre Fassung wohl noch nicht wiedergewonnen. »Auf jeden Fall«, erzählte Gäter weiter, »leidet Sebastian Graf, laut diesem zweiten Gutachter, an einer entwicklungsbedingten Identitätsstörung. Sein Selbstbild ist zersplittert, wie ein Spiegel, der zu Bruch gegangen ist. Er ist quasi auf der Suche nach einem stabilen
Ich
. Daher ist seine Empathie unnatürlich hoch entwickelt. Während Soziopathen wie Thomas Ried überhaupt keine Empathie empfinden – und deswegen auch eine niedrigere Hemmschwelle haben –, empfindet Sebastian Graf zu viel davon. Auf einer Geraden säßen die beiden am jeweils gegenüberliegenden Ende. Allerdings werden solche Störungen oft von weiteren psychischen Defekten begleitet.«
    »Ja? Und?« Er musste Gäter bei Gelegenheit dringend beibringen, sich kurz zu fassen. Er bog nach rechts ab und fuhr aus der Stadt heraus.
    »Nun, Sebastian Graf zeigte wohl Anzeichen einer paranoiden Schizophrenie.«
    »Er hat Wahnvorstellungen?«
    »Das ist wohl nicht so ungewöhnlich. Die Krankheitsbilder sind laut Aussage des Arztes eng miteinander verknüpft. Sebastian schlüpft in fremde Persönlichkeiten, wie andere Leute in Schuhe. Und dabei assimiliert er quasi auch deren Umfeld. Er nimmt Tabletten dagegen.«
    »Er
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