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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter
Autoren: Iris Johansen
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hatte und 911 benachrichtigt wurde.
    Der Mann kam bereits die Böschung herunter.
    Dann hörte sie die Sirenen.
    Beeilt euch. Verdammt, macht schneller.
    Der Mann zögerte, dann machte er kehrt und kletterte den Hang wieder hinauf. Einen Augenblick später saß er in seinem Truck und fuhr davon.
    Megan war ganz schwach vor Erleichterung.
    Gott sei Dank.
     
    Phillip kam zwanzig Minuten später zum Unfallort. Inzwischen hatte sich Megan aus dem verbeulten SUV gekämpft und saß in eine Decke gehüllt am Flussufer.
    Er reichte ihr einen Thermosbecher. »Heißer Kaffee. Ich dachte, du könntest etwas Koffein gebrauchen.«
    Sie nickte und nahm einen Schluck. »Genau genommen könnte ich einen ordentlichen Drink vertragen.«
    »Ich würde dir niemals Alkohol an einem Unfallort anbieten. Man weiß nie, ob die Polizei dich ins Röhrchen pusten lässt.« Er setzte sich zu ihr und zog die Decke fester um sie. »Alles in Ordnung, Megan?«
    »Nein, ich bin stinkwütend.« Sie schnitt eine Grimasse. »Ich konnte nicht mal sein Nummernschild erkennen. Ich glaube, es war ein blauer Ford Pick-up, aber sicher bin ich mir nicht. Das Einzige, was ich mit Bestimmtheit weiß, ist, dass das ein Irrer war, der aus dem Verkehr gezogen werden müsste. Er hat mir Angst gemacht, verdammt. Als ich in dem SUV festsaß und er die Böschung herunterkam, fühlte ich mich, als wäre mir Freddy aus der Elm Street auf den Fersen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Vielleicht ist er zur Vernunft gekommen und wollte mir helfen. Aber ich war froh, als er sich aus dem Staub gemacht hat.«
    »Darüber bin ich auch froh.« Phillip schaute zu den Polizisten, die die Reifenspuren vermaßen und markierten. »Wollen sie, dass du dich im Krankenhaus untersuchen lässt?«
    »Ja, aber das mache ich nicht. Mir fehlt nichts, nur die Brust und die Rippen tun ein bisschen weh wegen des Airbags. Ich möchte nach Hause.« Sie neigte müde den Kopf. »Es war eine schreckliche Nacht.«
    Phillip nickte und erhob sich. »Lass mich sehen, was ich tun kann. Trink deinen Kaffee, und überlass alles mir.« Er ging zu dem Sergeant, der auf der Böschung stand und Befehle erteilte.
    Megan durchdrang ein Gefühl der Zuneigung, während sie Phillip beobachtete. Es war immer gut, ihm alles zu überlassen. Er vermittelte nicht den Eindruck brillant und ultraeffektiv zu sein, aber sie war nie in eine Situation geraten, mit der er nicht fertig wurde. Selbst jetzt neben den bulligen Polizisten beherrschte er in seiner stillen Art die Szene. Er war Anfang sechzig, schlank, feingliedrig, hatte eine hohe Stirn und große blaue Augen. Und er strahlte Ruhe aus. Die Menschen reagierten instinktiv genauso wie sie auf sein sanftmütiges Wesen. Ihre Mutter hatte ihr nie erzählt, dass sie einen Onkel hatte – vielleicht weil er nur ihr Halbbruder und von zu Hause weggegangen war, als Sarah noch ein Teenager gewesen war. Aber von dem Moment an, in dem Phillip nach Myrtle Beach und nach dem Herztod ihrer Mutter die Vormundschaft für Megan übernommen hatte, war ihr klar, dass ihr nichts Schlimmes zustoßen konnte, solange sie Phillip Blair an ihrer Seite hatte.
    Und Phillips liebenswürdige Art bewirkte auch dieses Mal Wunder. Sie sah, dass der Polizei-Sergeant zögerte, dann mit den Schultern zuckte und sich abwandte.
    »Danke, Sergeant.« Phillip zwinkerte ihr zu, als er auf sie zukam. »Der freundliche Officer ist bereit zu glauben, dass sich eine Ärztin selbst helfen kann. Jetzt darfst du mich aber nicht durch einen Zusammenbruch Lügen strafen.« Er half ihr auf die Füße. »Er bittet dich, morgen oder übermorgen ins Präsidium zu kommen, um deine Aussage zu Protokoll zu geben. Er hofft, dass du dich dann an ein bisschen mehr erinnern kannst.«
    »Das hoffe ich auch.« Sie lehnte sich an Phillip, während sie die Böschung hinaufstiegen und zu seinem Wagen gingen. Sie war todmüde, konnte kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen. »Allerdings glaube ich das nicht.«
    »Eine heiße Dusche und dann ins Bett«, bestimmte Phillip. »Ich kümmere mich um alles. Vertrau mir.«
    Ja, sie konnte Phillip vertrauen. In letzter Zeit gab sie sich alle Mühe, ihm nicht zur Last zu fallen. Sie war nicht mehr die halbwüchsige Waise. Doch heute Nacht durfte sie seinen Trost und seine Kraft, die er stets für sie parat hatte, annehmen …

K APITEL 2
    I
    ch dachte, dir könnte die heiße Schokolade, von der wir gesprochen haben, guttun.« Phillip stand mit zwei dampfenden Tassen in
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