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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr
Autoren: Alexander Odin
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anderen nicht sehen oder hören konnten. Schreckliche Dinge. Er sah eine riesige schwarze Wolke, die sich wie ein Geschwür draußen über dem flachen Gebäude rasend schnell ausbreitete. In kürzester Zeit verdunkelte sie die Sicht nach draußen, sodass Witter schließlich nicht einmal mehr den Himmel sehen konnte. Aber viel schlimmer waren die Stimmen, die auf ihn einbrüllten. Sie kamen von irgendwo hinter den Vorhängen und hatten auf einmal angefangen, zu ihm zu sprechen. Erst waren es nur einige wenige gewesen, und sie hatten leise und wispernd geklungen. Dann, als er das Fenster geöffnet hatte, waren es unzählige geworden. Und sie brüllten lauter und lauter:
    Ich hasse ihn! … Sie muss sterben! … Tötet ihn! … Meine Wut … Schmerz … Macht sie alle, die Schlampe! … Gott wird sie richten! … Du Teufel! … Dämon! … Mörder! … Er hat den Tod verdient! … Alle sollen sie verrecken! … Sünder! … Stoßt sie ins Höllenfeuer!
    Witter ließ es mit sich geschehen, als König und die anderen ihn packten und auf den Boden legten. Er schlug den Kopf hin und her, da die Stimmen nun von überall her auf ihn einfielen. Wie hinter einem Regenschleier sah er nur noch verschwommen die besorgten Gesichter der Gefährten, die sich über ihn beugten. Als die an sein Ohr dringenden Stimmen zu einem wahren Sturm anschwollen, riss er den Mund auf. Doch er vernahm seinen eigenen Schrei nicht einmal, denn die Stimmen übertönten einfach alles. Dennoch musste er den anderen unbedingt mitteilen, was er hörte, und so sprach er auf sie ein.
    Einige Zeit später hielt Witter einen MP3-Player in der Hand, den Rafael ihm gegeben hatte. In seinen Ohren steckten Stöpsel, aus denen laute Elektrobeats in seinen Gehörgang schlugen. Er musste unwillkürlich an einen Text über Tinnitus denken, den er in einer Zeitschrift gelesen hatte.
    Eines der wichtigsten Therapieziele bei Tinnitus-Kranken ist es, den andauernden Ohrengeräuschen keine Aufmerksamkeit mehr zu schenken. Musik kann dazu beitragen, den Tinnitus in einem Meer anderer akustischer Wahrnehmungen untergehen zu lassen.
    Ab und an drangen abgehackte Wortfetzen durch die wummernde Wand der peitschenden Rhythmen hindurch, die er aber nicht verstehen konnte. Er bewegte sich zwei Schritte nach vorne, dann blieb er wieder stehen und atmete tief durch. Schwindel überkam ihn. Es gab keinen erklärbaren Grund dafür, aber die Musik verursachte bei ihm Hitzewallungen, so als würden die über einhundert Takte pro Minute auch seine Körpertemperatur ansteigen lassen.
    Neben ihm ging Naomi, dahinter die anderen. Ab und an drehte das Mädchen den Kopf zu dem alten Mann und schaute besorgt, während sie über den Hof auf das flache Gebäude zuschritten.
    Es handelte sich um eine alte Autowerkstatt aus den Sechzigerjahren, die schon eine ganze Weile nicht mehr in Betrieb sein musste. Am Mauerwerk platzte großflächig der Putz ab, und die dicken dunkelgrünen Buchstaben E, D, D und Y über den beiden großen Türen zur Werkstatt, die wohl auf den Namen eines früheren Besitzers verwiesen, waren bereits merklich verblasst. Neben den beiden Türen hingen zwei Schilder, ein blaues mit der Aufschrift KFZ-Reparatur Fachbetrieb und darunter ein rostiges aus Blech mit der Aufschrift Castrol Motor Oil . Hinter der Werkstatt verlief das unbebaute Grundstück noch ein ganzes Stück weiter bis zu einem Zaun, entlang dessen große Sträucher standen. Es waren so viele, dass sie die Sicht auf das Nachbargrundstück versperrten.

73
    König rüttelte an den Flügeltüren, um deren Griffe eine schwere Eisenkette gewickelt war. Er lief zu dem großen Sprossenfenster daneben und versuchte, einen Blick in die Werkstatt zu werfen, aber die Scheiben waren blind.
    »Die Stimmen, die der Alte hört, sollen von da drin kommen?«, fragte Jimmy, dessen Tonfall keinen Zweifel daran ließ, dass er das nicht glauben wollte.
    Naomi aber nickte zustimmend mit dem Kopf.
    König zog seine Pistole und zerschoss die Kette; dann nahm er sie ab und öffnete beide Türen. Sie hatten alles Mögliche dort erwartet: Maschinen und Geräte unter fingerdicken Staubschichten, ein Atelier oder einen Lagerraum. Stattdessen stand einzig und allein ein rot-schwarzer Oldtimer in der Mitte des Raums.
    Jimmy war plötzlich ganz aufgeregt und lief um das Fahrzeug herum, auf dem eine dünne Staubschicht lag. »Das glaub ich nicht! Ein Bugatti 57 S Atalante, Baujahr 1937. Ein ganz seltenes Sportcoupé. Von diesem Modell wurden
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