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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr
Autoren: Alexander Odin
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Achtzigern geschossen worden waren, wie Gabriela meinte, die dem Mädchen über die Schulter sah. Derselbe Junge war darauf zu sehen, nur jetzt als Teenager. Mal im Sommer, mal im Winter. Mal in kurzen, mal in langen Hosen. Es gab Fotos zur Weihnachtszeit, auf denen er adrett herausgeputzt vor einem festlich geschmückten Weihnachtsbaum stand. Eine Aufnahme zeigte im Hintergrund eine weiße Villa, wo er im Garten in der Sonne lag; und auf einem anderen Bild posierte er hinter dem Lenkrad eines Oldtimers.
    War das Alrik Bartosch?
    Auf einigen Fotos war auch eine Frau zu sehen – stets an seiner Seite. Ein hageres Gesicht, bleich. War das Hanne, seine Mutter? Sie sah kränklich aus und lächelte nie. Sie stand eigentümlich steif da, in grauen, unauffälligen Kleidern. Wie aufgestellt, nicht wie eine Mutter, die sich liebevoll ihrem Kind zuwandte.
    Dann erschraken alle, als Naomi Fotos hervorzog, auf denen ein Mann zu sehen war, dessen Kopf auf jedem der Bilder herausgeschnitten worden war. Wer hatte seine Abbilder so verstümmelt? War der auf allen Fotos in einem eleganten dunkelgrauen Anzug gekleidete Mann ohne Kopf etwa Wolf Bartosch?
    Unter dem Stapel Fotos, ganz unten im Kasten, entdeckte Naomi einen herausgerissenen Zeitungsartikel der Berlin Nachrichten vom 27. Dezember 1985. Das Papier war schon vergilbt. Laut las sie den Artikel vor:
    15-jähriger Jugendlicher tötet Vater aus Wut mit Küchenmesser
    In einer Villa in Berlin-Grunewald hat sich am Weihnachtsabend eine Familientragödie abgespielt. Ein 15-jähriger Junge soll seinen Vater grausam ermordet haben. Der Sohn rammte dem 45-Jährigen mehrfach ein 35 cm langes Küchenmesser in den Leib und schnitt ihm danach die Zunge heraus, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Motiv für die Tat war laut Ermittler der Polizei sein ohnmächtiger Hass auf den fanatisch religiösen Vater. Noch am Abend der Tat fand die Haushälterin den Toten in der Villa. Zur gleichen Zeit stellte sich der Junge der Polizei und gestand die Tat. Bis kurz vor Weihnachten habe sich der Junge in psychiatrischer Behandlung befunden. Zu den Feiertagen war er nach Hause zu seinem Vater entlassen worden, der als Witwer seit dem Tod seiner Frau die Villa allein bewohnte. Laut den Ärzten der Psychiatrie, die den Jugendlichen behandelten, sei der 15-jährige Alrik B. ein Kind mit mathematisch orientierter Hochbegabung. Auffällig sei, so Staatsanwalt Stefan Schwendtke, dass er sich intensiv mit schwarzer Magie beschäftigt habe. Nach Aussage des psychologischen Gutachtens stellte sein verstärktes Interesse an diesem Thema eine mögliche Gegenreaktion auf die jahrelange religiöse Indoktrination durch seinen Vater dar.
    Naomis Hände zitterten, als sie den Artikel wieder sinken ließ. Sie blickte in die aufgewühlten Gesichter der anderen, die in dem Moment alle das Gleiche dachten.
    Gabriela sprach aus, was alle dachten: »Wenn einer was mit diesem Netzwerk zu tun hat, dann dieser Alrik.«
    »Er hat hier gewohnt; das ist zumindest sicher«, sagte Jimmy, dessen Stimme ungewöhnlich ruhig, fast sanft klang. Man merkte ihm an, dass ihn die Geschichte des kleinen Alrik berührte. Die Parallelen zu den Erfahrungen mit dem eigenen Vater ließ er jedoch unerwähnt …
    Der Raum wurde plötzlich heller, und Naomi spürte in ihrem Nacken einen Luftzug, der ihr kurz einen Schauer über den Rücken jagte. Sie drehte sich um und sah Witter am offenen Fenster stehen. Er hatte die Vorhänge zur Seite geschoben, die sich nun im Wind hin und her bewegten.
    Sie war überrascht, ihn dort zu sehen, hatte sie doch gar nicht bemerkt, wie er sich von ihnen entfernt hatte. Er stand reglos dort, bis er auf einmal anfing, am ganzen Körper zu zittern. Ein epileptischer Anfall! , war ihr erster Gedanke. Sie befreite sich aus ihrer Starre und stürzte zu ihm.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, stieß sie hervor.
    Sie sah die Schweißperlen auf seiner Stirn und bemerkte seinen stieren Blick, der auf ein flaches Gebäude im Hinterhof gerichtet war. Sie versuchte, ihn zu beruhigen, indem sie ihren Arm um ihn legte, aber sein Zustand wurde nicht besser. Ganz im Gegenteil – er fing noch stärker zu zittern an. Die anderen kamen herbeigeeilt.
    »Wir müssen ihn auf die Erde legen, bevor er umfällt und sich verletzt«, sagte König. »Helft mir!«
    »Herr Witter, hören Sie mich!? Was sehen Sie?« Naomis Stimme überschlug sich fast. Ihre Frage drang aber nicht mehr zu ihm durch.
    Er sah und hörte Dinge, die sie und die
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