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Pandablues: Roman (German Edition)

Pandablues: Roman (German Edition)

Titel: Pandablues: Roman (German Edition)
Autoren: Britta Sabbag
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hatte noch nie in meinem Leben eine so kleine Frau mit einem so großen Bauch gesehen und fragte mich, wie sie wohl das Gleichgewicht hielt und ob sie womöglich ab und zu einfach nach vorne kippte – begann mit ihrer Traurede: »Liebe Liebenden, liebe Trauzeugen, liebe und manchmal nicht so liebe Familie. Ich heiße Sie herzlich willkommen …«, begann sie. »Sicherlich haben Sie sich alle sehr auf den heutigen Tag gefreut. Mein Name ist Johanna Faßbender, und ich möchte Ihnen heute ein paar wichtige Worte mit auf den Weg geben.«
    Eric nahm meine Hand und legte sie auf seinen Schoß.
    Trine hatte Elmo, der einen winzigen Babyanzug mit Fliege trug, Paul gegeben, und Finn saß leise pfeifend auf ihrem Schoß.
    »Psssst«, rügte Mona ihn von der Seite, aber Finn ließ sich nicht abhalten und fummelte eine Holzschleuder aus seiner Jackentasche.
    »Mir macht es immer sehr viel Freude, mir zu überlegen, wie ich dazu beitragen kann, diesen einzigartigen Moment für Sie unvergesslich zu machen«, erklärte sie feierlich weiter. »Jedes Paar ist anders, und jedes Paar hat seine ganz individuellen Vorstellungen und Ziele für die Ehe. Ich will es dennoch wagen, Ihnen heute einen kleinen Spruch für Ihren Bund mit auf den Weg zu geben: Eine Ehe ist wie ein Schiff, das nach vielen Kreuzfahrten seinen Heimathafen gefunden hat.«
    Glücklich lächelte Renate Jörn an, der seine Seemannskappe abgenommen hatte.
    »Aber auch auf noch so ruhiger See darf eine Sache nicht vergessen werden: Nicht nur Bug und Heck müssen geteilt werden, sondern auch das Kopfkissen.«
    Jörn sah Johanna Faßbender verständnislos an.
    »Der Sex, Junge, der Sex ist das A und O!«, ergänzte sie inbrünstig.
    Sofort ging ein leises Raunen durch den Raum. Eric hatte die Augen ein wenig zu sehr aufgerissen und erinnerte mich an unsere Lemuren kurz vor der Paarung.
    »Der Sex ist das Salz in der Suppe, die Panade am Fisch, der Wind in den Segeln!« Johanna Faßbender zwinkerte Renate zu, die wissend nickte.
    Oh bitte!
    »Nicht der Streit, nicht Unstimmigkeiten sind es, die der größte Feind einer jeden Beziehung sind. Nein, es ist der Alltag!«
    Sie schien ein echter Experte zu sein, denn ich hatte das Gefühl, dass sogar Melitta ihr nicht widersprechen wollte.
    »Siehst du!«, sagte Renate und klopfte Jörn eifrig auf den Oberschenkel. »Ich sag’s doch!«
    Der seufzte nur erschöpft.
    Ein warmes Gefühl durchflutete mich, schoss durch meinen ganzen Körper, mein Kopf wurde heiß, sogar meine Fußspitzen kribbelten, und ich lächelte.
    Ich musste an das letzte Jahr denken, das wahrscheinlich intensivste meines bisherigen Lebens. Erics und mein verrücktes Kennenlernen, bei dem wir dachten, der jeweils andere habe ein Kind, und unsere missglückten zufälligen Treffen. Ich musste an unseren ersten Kuss denken, an Erics Vorschlag, mich aus Finns Ritterburgzimmer zu retten und bei ihm einzuziehen, an Willi Schweinehagen im Zoo, die Nacktmullgeburt, meine Beförderung, Finns Mohnaktion und den Tag im Krankenhaus, Weihnachten bei Melitta, Erics seltsames Verhalten, die blonde Sauberfrau, das große Missverständnis, den unglaublichen Heiratsantrag bei den Pinguinen und an Renates Krach mit Jörn – übrigens auch ein typischer Fall von Pandablues.
    All das war mein Leben. Auf nichts davon wollte ich verzichten, nichts wünschte ich mir hinzu.
    »… deshalb frage ich nun, ob jemand etwas gegen diese Verbindung einzuwenden hat.«
    Es herrschte Totenstille. Renates Entschluss, in die »bürgerliche Hölle«, wie sie es immer nannte, einzutreten, verschaffte ihr anscheinend eine Menge Respekt.
    »Dann frage ich Sie, Renate Sander, nehmen Sie den hier anwesenden …«
    Johanna Faßbenders Stimme versiegte dumpf in meinem Kopf, das Kribbeln in meinem Körper wurde stärker.
    Hier saß ich nun, um mich herum alle Menschen, die ich liebte. Ich würde kein endschickes Kleid in Größe 36 zu meiner eigenen Hochzeit anhaben. Ich würde höchstwahrscheinlich wie ein Pottwal aussehen und Birkenstocks tragen müssen, was allerdings egal war, angesichts der Tatsache, dass ich meine Füße dann sowieso nicht mehr sehen können würde. Zum Ringtausch würde Eric sich über meinen riesigen Bauch beugen müssen, um meine von Wassereinlagerungen geschwollene Hand überhaupt zu erreichen. Der Ring selbst würde drei Nummern größer gemacht werden müssen und trotzdem nicht passen. Der Standesbeamte würde erleichtert aufatmen, wenn die Trauung vorbei wäre, ohne dass ich
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