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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter
Autoren: Felix Timmermans
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dann wieder Grün, je nach dem Wachstum der Blumen und Kräuter. Und das war eine Wonne für das Auge und eine Wollust für die Nase.
    Die Bäche waren zugewachsen, und das Korn ging den Bauern bis über die Köpfe.
    Die Wälder waren wie Berge. Und während die Sonne da draußen die Krone des Jahres bereitete, als da sind die süßen Früchte, waren die Menschen dabei, in und um ihr Haus alles fertig zu machen für die Kirmes. Diese nun fiel gerade auf Pfingsten, das Fest von Gott dem Heiligen Geist.
    Und bei Pallieter ging es hoch her!
    Charlots Herz war so klein wie eine Bohne vor froher Erwartung, denn die schöne Beginenhofprozession sollte die große Runde machen durch den Hof und über den Beginenwall. Sie selber würde mitgehen und also viel Ablaß für sich und die armen Seelen verdienen. Ein süßes Lächeln kräuselte beständig um ihren Mund.
    Pallieter half ihr einen ganzen Korb voll Streusel machen. Sie hatte rotes, blaues, gelbes und grünes Glanzpapier gekauft, das sie in fingerspitzengroße Viereckchen zerschnitt. Sie lief die katholischen Kaufläden ab, um das Silberpapier von der Schokolade zu bekommen, und am Tage der Prozession wollte sie Rosen, Flieder und duftende Kräuter hinzufügen. Es konnte nicht schön genug sein, denn der Herrgott würde es mit eigenen Füßen betreten. Und während sie schnitt, sang sie Kirchenlieder.

     
    Sie würde prahlen und prunken mit ihrem Korb voll Streusel vor den Beginen, die meistens arm und geizig waren und zufrieden sein mußten mit den farbigen Umschlägen von alten Sankt-Franziskus- und Marien-Boten.
    »Was wird sich der liebe Herrgott freuen über das schöne Streusel!« sagte Charlot händereibend.
    »Dein lieber Herrgott freut sich über einen toten Spatz«, meinte Pallieter. Und Charlot war für ein halbes Stündchen gekränkt.
    Der Sonnabend kam, und es war kein Wölkchen am Himmel. Kein Wind regte sich, alles stand still wie ein Haus, und ein Federchen in der Luft hätte sich nicht vom Platz bewegt. Charlot hatte alle Hände voll zu tun. Sie sorgte zuerst für die leckere Martinsspeise, rollte das gehackte Fleisch zu kinderkopfdicken Kugeln, und während sie schmorten, machte sie Sauce von Johannisbeersaft und Kartoffelmehl. Als die Frikandellen gut geschmort und danach mit einem braunen Krüstchen in süßer Butter gebacken waren, goß sie die rote Sauce darüber. Es war eine Wonne, das anzusehen, so frisch.
    Unterdessen kochte ein großer Kessel Reisbrei. Sie schüttete ihn in tischgroße, schöngeblümte Schüsseln, und was im Kessel blieb, leckte sie mit dem Finger ab.
    Während sie junge Erbsen in ihrem Schoß kernte, schäumte Pallieter die Suppe ab. Sie war, um sich alle zehn Finger danach zu lecken, denn es war ein kräftiger kempischer Hahn darin, über zweihundert Klößchen, zwei Kilo Markknochen und ein riesiges Stück Kochfleisch.
    Charlot schrubbte in einer Bütte den neuen Kartoffeln die Haut ab, und Pallieter sorgte für die Zubereitung des Spanferkels. Das Fleisch und andere Speisen, die erst morgen fertig gemacht werden durften, lagen luftig und frisch im kühlen Keller.
    Sie putzten noch Salat, schnitten Blumenkohl, liefen hin und her um dies und das; und die stillen Mittagsstunden schritten voll warmer Sonne über die fruchtbare Welt.
    Und gegen vier Uhr öffnete Pallieter den schwarzen Ofen im Backhaus. Es war, als ob er einen Reliquienschrein öffnete, so neugierig gespannte Augen machte er. Gott! was für ein warmer, süßer Duft von Eiern, Mehl und Milch schlug ihm betäubend ins Gesicht! Und was für eine appetitliche, goldene Farbe blühte auf aus der Dämmerung des Ofens! Er holte die Brote vorsichtig heraus und lachte übers ganze Gesicht, über die tiefbraune Farbe, die an den Seiten blond und gelb niedersank. Üppige Risse waren darin, die das blanke Brotherz sehen ließen, und Pallieter rupfte die losen Seitenstückchen davon ab vor Lust.
    Die Torten waren gut gelungen und schön und duftend, um einen Sankt Antonius zu verführen. Und die Sonne, die durchs Fenster strömte, glänzte schimmernd auf den roten und gelben Konfitüren.
    Aber auf einmal verdunkelte sich das Licht, und eine große, graue Wolke schob sich vor die Sonne. Pallieter konnte es fast nicht glauben, und Charlot kam in die Backstube gelaufen und jammerte:
    »Ach, ach, nun is das gute Wetter zum Teufel! Und die Kirmes und die Prozession!.. Ach Jesus, Maria, Joseph, ich will nur schnell ein Vaterunser beten!«
    Sie lief wieder weg in ihre Kammer, wo
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