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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme
Autoren: Alyssa Deane
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wie ich finde«, erklärte der Captain.
    Roxanes Gesicht färbte sich tiefrot.
    »Ich werde einen furchtbaren Eindruck auf meine Gastgeber machen«, fügte sie kläglich hinzu.
    »Das wage ich zu bezweifeln.«
    »Wie um alles in der Welt können Sie das bezweifeln? Ich habe mich Ihnen gegenüber schrecklich unhöflich benommen.« Sie starrte auf die enge Gasse vor ihnen. Captain Harrison warf ihr überrascht einen kurzen Blick von der Seite zu.
    »So schlimm war es auch wieder nicht.«
    Roxane schwieg.
    »Eigentlich habe ich es sehr genossen«, fuhr er lächelnd fort.
    »Genossen? Meine Unhöflichkeit? Wie das?«
    »Ich war amüsiert«, erklärte er. Sie sah ihn zweifelnd an, doch er lachte und zeigte dabei eine Reihe gerader weißer Zähne. Sie stellte fest, dass sein Lächeln gar nicht so unverschämt war, wie sie zu Beginn gedacht hatte. Eigentlich passte es sehr gut zu seinem bemerkenswert attraktiven Gesicht. Unter ihrem prüfenden Blick verschwand das Lächeln von seinen Lippen, blitzte aber immer noch in seinen Augen auf. Roxane senkte rasch den Kopf und fingerte an ihrem Hut herum. Dann versuchte sie mit beiden Händen, sich ihre Kopfbedeckung wieder aufzusetzen, aber der Wind fuhr durch das Strohgeflecht und drohte ihr den Hut aus den Händen zu zerren. Immer wieder bekam sie lediglich die Taftbänder zu fassen.
    »Warten Sie, ich werde Ihnen helfen.«
    Captain Harrison lenkte den Einspänner an den Straßenrand, zog die Zügel an und brachte den vor Anstrengung schnaubenden Rotschimmel zum Stehen. Roxane dankte ihm und setzte hurtig den Hut auf ihr dunkles Haar. Bevor sie es verhindern konnte, hielt er bereits die Bänder in den Händen und begann diese unter ihrem Kinn zu binden. Er ignorierte ihre schwachen Proteste geflissentlich, sodass ihr Gestammel rasch verstummte. Gehorsam wie ein kleines Kind hob sie ihm das Gesicht entgegen und ließ sich seine Fürsorge gefallen. Seine Finger an ihrem Kinn und an ihrem Hals fühlten sich angenehm kühl und sanft an, und sie verweilten vielleicht ein wenig zu lange auf ihrer Haut …
    Die Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg durch das zarte Blattwerk der Bäume am Straßenrand bahnten, waren gleißend hell. Roxane schloss die Augen.
    Einen Augenblick später setzte sie sich ruckartig auf und riss die Augen weit auf. Ihre Wangen röteten sich, als sie die Lippen des Mannes auf ihrem Mund spürte. Schnell atmend rutschte sie auf dem Sitz so weit weg, wie ihre bauschigen Röcke es in dem beengten Raum des Einspänners zuließen. Sie hob die Hand an ihre Lippen und fuhr mit den Fingerspitzen über die weiche Haut, die unerklärlicherweise die Zärtlichkeit eines Fremden zugelassen hatte.
    »Das hätten Sie nicht tun sollen«, sagte sie schließlich.
    Collier starrte sie eine Weile wortlos an. Das Lächeln war jetzt ganz aus seinem Gesicht verschwunden und einem hart wirkenden Zug um seinen Mund gewichen. Er setzte sich zurecht und stellte seine Füße fest auf den Boden der Kutsche.
    »Sie haben völlig recht«, erwiderte er und ließ die Zügel über dem schmalen Rücken des Pferdes knallen. »Das hätte ich nicht tun sollen.«
    Roxane schwieg, als er den Einspänner auf die Straße in den jetzt ruhigeren Verkehr lenkte. Es ärgerte sie, dass sie immer noch das Blut heftig in ihren Adern pochen spürte. Sie gab vor, interessiert die vorbeiziehende Landschaft zu betrachten, um ihr Gesicht vor seinem Blick zu verbergen. Was für ein Unsinn! Was für eine unverzeihliche, erbärmliche Torheit. Sie hätte es besser wissen sollen. Aber konnte sie tatsächlich leugnen, nicht beinahe genau das erwartet zu haben, was er getan hatte, als sie ihre Augen schloss? Vielleicht hatte ihr Gesichtsausdruck ihre Gedanken widergespiegelt. Wenn der Mann das als eine Art Einladung betrachtet hatte, konnte man ihm seine Reaktion nicht übel nehmen.
    Und jetzt tat es ihm anscheinend leid. Sie sah es an seiner Haltung, an seinem entschlossen vorgestreckten Kinn und an der Art, wie er den Blick aus seinen faszinierenden Augen von ihr abwandte, obwohl sie sich inzwischen wieder ausreichend gefasst hatte, um ihn anzusehen.
    »Wir werden schon bald den Bungalow des Colonels und seiner Familie erreichen«, erklärte er nach einigen Minuten. Klang seine Stimme etwa erleichtert?
    Roxane nickte. Eine Unterhaltung erschien ihr in diesem Augenblick nicht sinnvoll. Aber sie musterte ihn aus den Augenwinkeln und beobachtete, wie er mit einer geschmeidigen Bewegung seine Rückenmuskeln zwischen seinen
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