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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Toten durch. Wie konnten die Götter sich alle diese Berichte in vollem Umfang merken? Denn sie erinnern sich an uns, erinnern sich vollkommen.
    Schließlich drehte Ista sich erschöpft um und schlief ein.

 
28
     
     
     
    D
    ie Trauerfeierlichkeiten für Arhys fanden am nächsten Morgen statt, im kleinen Tempel unten in der Stadt von Porifors – ganz so, als wäre ein gewöhnlicher Grundherr aus dem Grenzgebiet in irgendeiner gewöhnlichen Schlacht gefallen. Der Herzog von Caribastos war mit seinen Truppen eingetroffen, zu spät, um die Waffen aufzunehmen, doch rechtzeitig genug, um beim Tragen des versiegelten Sarges zu helfen. Der Herzog von Baocia, der Graf dy Oby, Illvin, Foix und einer von Arhys’ höchsten Offizieren waren die weiteren Sargträger; es war ein so ehrenhaftes Geleit, wie man es nur haben konnte.
    Das heilige Tier des Wintervaters war hier ein prachtvoller, alter grauer Jagdhund. Sein Fell war für den Anlass so lange gebürstet worden, bis es silbern schimmerte. Er setzte sich sofort neben der Bahre nieder, nachdem sein Pfleger-Akolyth ihn herangeführt hatte, und war danach nicht wieder von der Stelle zu bewegen. Der für gewöhnlich so wortgewandte Illvin wirkte blass und verschlossen. Er bekam bloß ein schlichtes »Er hatte eine große Seele …« hervor, mit erstickter Stimme, und trat dann zurück an Istas Seite. Es war deutlich zu sehen, dass jedes weitere Wort ihn hätte zusammenbrechen lassen. Um ihn zu schonen, traten dy Oby und dy Caribastos vor und hielten die anstehenden Reden, listeten die bekannten Leistungen ihres verstorbenen Schwiegersohnes und Lehnsmannes auf.
    Auch Lady Cattilara war blass und still. Sie sprach so wenig wie möglich mit Illvin, und er hielt es ebenso. Vermutlich würde sich zwischen den beiden nie eine Freundschaft entwickeln. Doch Ista hatte den Eindruck, das Blut, das sie zusammen auf dem Turm vergossen hatten, hatte für so viel gegenseitigen Respekt gesorgt, dass sie in Zukunft miteinander würden umgehen können. Mit zusammengebissenen Zähnen brachte Cattilara sogar ein höfliches Nicken in Istas Richtung zustande. Für sie drei war die morgendliche Zeremonie ein überflüssiger Abschied, eher eine gesellschaftliche Pflicht, die es zu ertragen galt, als die Stunde der Trennung.
    Nach der Bestattung und dem Leichenschmaus zogen die militärischen Führer sich mit Illvin zur Beratung zurück. Lady Cattilara packte nachlässig ihre Sachen und überließ es ihren Damen, sich um den Rest zu kümmern. Dann ritt sie in der Begleitung eines ihrer Brüder in Richtung Oby davon. Sie würde kaum vor Einbruch der Dunkelheit dort eintreffen. Doch Ista erinnerte sich an ihr eigenes Grauen, das sie nach Ias’ Tod im Zangre verspürt hatte, und sie konnte Cattilaras Wunsch verstehen, nicht noch eine weitere Nacht im leeren Ehebett schlafen zu müssen. Als Cattilara über die Straße nach Osten davonritt, war sie von tiefer Trauer erfüllt. Doch Ista glaubte, dass keine erdrückende Last von Hass, Zorn oder Schuldgefühlen hinzukam. Sie wusste nicht, was erwachsen konnte, um die Leere in Cattis Herz zu füllen – doch zumindest hatte sie das Gefühl, dass es möglich war.
     
    Früh am nächsten Nachmittag suchte Lord Illvin Ista in dy Baocias Lager auf. Zusammen stiegen sie den Pfad oberhalb der Quelle hinauf, zum Teil wegen des Ausblicks, der Porifors sowie das Tal umfasste, das die Burg beschützte, zum Teil aber auch, um jede Möchtegern-Zofe abzuschütteln, die weniger kräftig war als Liss. Galant breitete Illvin seinen Mantel über einen Stein und ließ Ista darauf Platz nehmen. Liss wanderte in der Nähe umher und schaute sehnsüchtig zu einer verlockenden Korkeiche, die sie wegen ihres Kleides nicht erklettern konnte.
    Ista deutete mit einem Nicken auf Illvins Gürtel, wo inzwischen sowohl Arhys’ wie auch Cattilaras Schlüssel hingen. »Wie ich sehe, hat Herzog dy Caribastos Euch den Befehl über Porifors bestätigt.«
    »Zumindest für den Augenblick«, sagte Illvin.
    »Für den Augenblick?«
    Nachdenklich blickte er den Kamm entlang, wo sich die Wälle der Festung aus dem Felsen erhoben. »Es ist merkwürdig. Ich wurde in Porifors geboren und habe fast mein ganzes Leben dort verbracht, und doch habe ich es niemals besessen oder erwartet, es zu besitzen. Heute gehört es meiner Nichte Liviana – einem neunjährigen Mädchen, das ein halbes Herzogtum entfernt lebt. Und doch ist es mein Zuhause, mehr als jeder andere Ort. Mir gehört noch ein halbes
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