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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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stapfte dy Cabon und winkte Ista zu. Zu ihrer Erleichterung folgte ein müde aussehender Goram unmittelbar hinter ihnen.
    Vorsichtig griff Goram nach dem Kopf ihres Pferdes und beäugte misstrauisch die neue Sanftmut des Tieres. Ista ließ sich aus dem Sattel in Illvins ausgestreckte Arme gleiten und erwiderte auf dem Weg nach unten seine verstohlene Umarmung.
    »Guten Morgen, Ista«, wurde sie von Lord dy Baocia begrüßt. »Alles in Ordnung mit dir?« Er wirkte ein wenig benommen, wie es wohl jedem Befehlshaber ergehen mochte, der heute Morgen durch das Innere von Porifors wanderte. Das Lächeln, mit dem er sie bedachte, war nicht annähernd so beiläufig, wie Ista es gewohnt war. Tatsächlich hatte sie den Verdacht, dass sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit genoss – ein sehr merkwürdiges Gefühl.
    »Vielen Dank, Bruder. Mir geht es gut. Ein wenig müde, aber ohne Zweifel nicht so erschöpft wie viele der Männer hier.« Sie blickte zu dy Cabon hinüber. »Wie geht es den Kranken?«
    »Seit gestern Mittag gab es keine weiteren Toten, den Göttern sei Dank.« Voll herzlicher Dankbarkeit schlug er das heilige Zeichen. »Ein paar sind sogar schon wieder auf den Beinen, obwohl ich annehme, dass die anderen ebenso lange zur Erholung brauchen werden wie nach einem weniger unheimlichen Leiden. Die meisten wurden hinunter in die Stadt gebracht, in die Obhut der Kirche oder ihrer Verwandten.«
    »Das ist gut.«
    »Foix und Lord Illvin haben uns von den großen Taten und Wundern berichtet, die Ihr gestern in den Zelten der Jokoner vollbracht habt, dank der Gnade des Bastard. Ist es wahr, dass Ihr gestorben seid?«
    »Ich … weiß es nicht genau.«
    »Ich schon«, murmelte Illvin. Irgendwie hatte seine Hand es versäumt, die ihre loszulassen. Nun hielten sie beide einander noch fester.
    »Ich hatte eine sehr merkwürdige Vision. Ich verspreche Euch, Hochwürden, ich werde sie Euch beschreiben, sobald wir ein wenig mehr Zeit haben.« Nun, zumindest teilweise.
    »Wie sehr ich mir wünsche – trotz all meiner Furcht! –, ich hätte ebenfalls dabei zugegen sein und Zeugnis ablegen können. Ich hätte mich als über die Maßen gesegnet erachtet!«
    »Ach? Dann bleibt noch einen Moment. Ich habe eine weitere wichtige Aufgabe zu erfüllen. Liss, halte mein Pferd. Goram, komm her.«
    Erstaunt gehorchte Goram. Er trottete heran und nickte ihr eingeschüchtert zu. »Majestät.« Nervös hielt er die Hände verschränkt und warf seinem Herrn einen flehentlichen Blick zu. Illvin kniff die Augen zusammen und musterte Ista eindringlich.
    Ista betrachtete ein letztes Mal die klaffenden Löcher in Gorams Seele. Dann legte sie ihm die Handflächen auf die Stirn und ließ von ihren spirituellen Händen eine plötzliche Flut von weißem Feuer in diese dunklen und leeren Höhlungen strömen. Das Feuer wogte wild in seinen neuen Schranken und beruhigte sich dann langsam, als würde es sich auf einem bestimmten Stand einpegeln. Erleichtert atmete Ista auf, als der unangenehme Druck in ihrem Kopf verschwand.
    Goram ließ sich mit überkreuzten Beinen und offenem Mund aufs Pflaster sinken. Er barg das Gesicht in den Händen. Nach einer Weile begannen seine Schultern zu beben. »Oh«, sagte er mit einer Stimme, die aus weiter Ferne zu kommen schien. Er fing an zu weinen – erschüttert, wie Ista annahm, und von anderen, komplizierteren Gefühlen erfüllt. Die Träume der letzten Nacht ließen manches vermuten.
    »Lord Illvin, Bruder – darf ich euch Hauptmann Goram dy Hixar vorstellen, vormals Mitglied der Reiterei König Oricos, in Diensten von Lord Dondo dy Jironal. Kürzlich, wenn auch unfreiwillig, war er Sordso von Jokona zu Diensten, als Schwertmeister und Reiter. In gewisser Hinsicht.«
    Goram blickte auf, immer noch schluchzend. Sein Gesicht war wie erstarrt, aber nicht schlaff: Sein Ausdruck schien sich um den Verstand zu festigen, der darunter allmählich zusammenwuchs.
    »Ihr habt ihm seine Erinnerung und seinen Verstand zurückgegeben? Aber Ista, das ist wunderbar!«, rief Illvin aus. »Nun können wir endlich seine Familie und sein Zuhause ausfindig machen!«
    »Was es da gibt, bleibt noch festzustellen«, murmelte Ista. »Aber seine Seele ist nun wieder die seine, und sie ist vollständig.«
    Für einen Augenblick schaute sie in Gorams stahlgraue Augen, und er wich ihrem Blick nicht aus. Sie las Erstaunen darin, Aufruhr und andere Empfindungen. Eine davon war Schmerz, nahm sie an. Sie nickte ihm ernst zu und würdigte all das,
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