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Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi

Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi

Titel: Sechs, Sieben, Cache! | Ein Hildesheim-Krimi
Autoren: Sabine Hartmann
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1
    Kassel, im Oktober 2010
    Er wartete.
    Geduldig.
    Nicht wie die Spinne im Netz. Ein hilfloser Spielball des Windes. Nicht wie die Zecke an der Unterseite eines Blattes. Reglos auf einen glücklichen Zufall hoffend.
    Auch nicht wie der Falke, der hoch in den Lüften kreist und sich mit einem warnenden Schrei unvermutet auf sein Opfer stürzt.
    Nein. Er war wie die Sandviper. Schnell. Erbarmungslos. Nah dran. Tödlich und so gut wie unsichtbar.
    Er wechselte das Standbein, starrte in die Dunkelheit. Vorsichtig lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Hauswand, in deren Schatten er wartete.
    Auf ihn wartete.
    Auf ihn, der sich wie eine Laus unbemerkt in seinen Pelz gekrallt hatte. Auf die Laus, die er sofort hätte zerquetschen sollen, nachdem er sie entdeckt hatte. Nun war es zu spät. Vollgesogen hatte der Mistkerl sich, hatte Kontakte geknüpft und Informationen gesammelt. Zum Glück hatte Monkey Verdacht geschöpft. Monkey. Sein bester Mann. Seit vielen Jahren. Flink und clever. Argusäugig.
    Sein Mundwinkel verzog sich zu einem herablassenden Lächeln. Sie hatten schnell reagiert. Besonnen, unauffällig und lautlos.
    Als die Polizeiratten zur Razzia anrückten, war alles sauber, beinahe zu sauber.
    Er wäre so gern dabei gewesen. Doch ihm blieb nichts anderes übrig, als sich vorzustellen, wie sie selbst in den hintersten Ecken herumschnüffelten und nichts Belastendes fanden, absolut gar nichts.
    Er hatte darüber nachgedacht, mehr als einmal. ‚Sie können mir gar nichts. Wenn sie nichts finden, können sie mir auch nichts anhängen.‘ Er sah sich hinter seinem Schreibtisch sitzen, milde lächelnd. Seinen Triumph voll auskostend.
    Monkey hatte ihm davon abgeraten. Und verdammt! Er hatte Recht gehabt. Nur ein Volltrottel wäre ein solches Risiko … Schritte!
    Kam er?
    Nein, das klang nach Pumps. Der Kerl würde doch nicht ausgerechnet heute Besuch bekommen?
    Die Frau ging so nah am ihm vorbei, dass er ihr Parfüm riechen konnte. Trotzdem nahm sie ihn nicht wahr.
    Die Lichtkegel der Laternen am Straßenrand überschnitten sich nicht, und der Schatten des Hauses hinter ihm verbarg ihn vollständig vor den Blicken anderer. Er war sich sicher, dass er weder aus den Fenstern des Gebäudes gegenüber noch aus vorbeifahrenden Autos bemerkt werden konnte.
    Das war auch gut so. Niemand ahnte, dass er hier wartete.
    Spurlos waren sie verschwunden. Vor einem halben Jahr. Mit Mann und Maus. Auf den Tag genau sechs Monate hatte er gewartet, bevor er wieder hierhergekommen war.
    Um es abzuschließen.
    Um ihm die Ruhe zu nehmen, um an seiner Selbstgerechtigkeit zu kratzen. Er berührte die Klinge des Messers in seiner Manteltasche, das er vor wenigen Stunden extra für diesen Zweck gekauft hatte.
    Die Laus würde die Botschaft verstehen, würde von nun an nachts schweißgebadet aus Albträumen aufschrecken. Von heute Nacht an würde sie dunkle Gassen meiden und nie mehr allein zum Luftschnappen durch einen Park spazieren. Die Angst würde zu seinem Begleiter werden, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Machte Angst nicht auch impotent? Er hoffte es.
    Er hätte Schuhe mit dickeren Sohlen anziehen sollen. Nun fröstelte er. Immerhin wärmten die Handschuhe ihn etwas. Außerdem konnte er die Kapuze tiefer ins Gesicht ziehen.
    Eine Autotür klappte. Es piepte, die Verriegelung klackte. Leise Schritte näherten sich.
    Er spannte die Muskeln an.
    Der andere kam mit federnden Schritten auf ihn zu, bemerkte ihn nicht. Die fiese Laus blieb vor der Eingangstür stehen und fummelte mit dem Schlüssel am Schloss herum. Obwohl er Polizist war, schien er die Gefahr, die neben ihm lauerte, die auf ihn wartete, nicht zu spüren. Er bewegte sich völlig entspannt. Endlich sprang die Tür auf. Der Mann schob sie auf und trat in den Flur.
    Bevor das Licht eingeschaltet wurde, schnellte er hinterher. Während er den Überraschten mit dem rechten Arm gegen die Flurwand stieß, trat er die Tür hinter sich zu. Mit seinem ganzen Gewicht drückte er die Laus gegen die Wand, bis sie röchelte. Seinen Mund direkt neben dessen Ohr flüsterte er: „Hab’ dich!“
    „Was wollen Sie? Wer sind Sie?“
    Es klang gepresst, doch er spürte, dass der Kerl begann, die Überraschung zu überwinden. Hart schlug er seinen Schädel gegen die Wand, nicht zu kräftig, gerade so, dass es wehtat. Schließlich sollte er nicht ohnmächtig werden, jetzt noch nicht.
    „Nicht reden, gehorchen!“
    „Schon gut!“
    Der Typ gab nicht auf. Wie du willst. Er löste den
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