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Päpste pupsen nicht (German Edition)

Päpste pupsen nicht (German Edition)

Titel: Päpste pupsen nicht (German Edition)
Autoren: Alexander Smoltczyk
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etwas geändert. Weißt du«, sagte er wieder, »wir gehen tagsüber ungern raus. Wir sitzen dann hier oben und schauen auf die Stadt. Du denkst vielleicht, die Stadt ist immer die gleiche. Aber das stimmt nicht.«
    »Stimmt nicht«, nickte der andere Fratelli und rührte weiter in der Suppe.
    »Wenn du genau hinschaust, ist eine Stadt immer anders. Wie das Meer. Man denkt, es ist immer dasselbe, aber jede Welle ist anders, oder?«
    Ich nickte und stand wieder auf, doch eine sehr behaarte Hand drückte mich zurück auf den Stuhl. »Moment noch. Weißt du, wenn man so wie wir nachts durch die Straßen zieht und am Tag von oben auf sie schaut, dann merkt man Dinge, die andere nicht merken. Und ich sage dir: Mit den Staren stimmt etwas nicht. Die fliegen anders als sonst. Bestimmt ist der Klimawandel dran schuld oder die vielen Autos oder der Krach oder das viele Licht nachts, keine Ahnung. Aber merkwürdig ist es. Sehr merkwürdig.«
    Ich stieg eine Wendeltreppe nach oben. Es war sehr windig und klar und die Stadt war plötzlich ganz niedrig. Unten hupte und knatterte es. Weit weg sah ich die Berge, davor die Pinienbäume vom Borghese-Park, wo man Viererfahrrad fahren kann, all die Antennen und Wäsche auf den Dächern, die Brücke über den Fluss Tiber und sogar Georgettas Vogel-Shop entdeckte ich. Nur ein Gebäude war jetzt noch höher. Es stand wie ein Gebirge zwischen den Häusern und hatte eine gewaltige Kuppel: der Petersdom, die größte Kirche der Welt. Jetzt musste ich nur noch warten, bis die Vögel kamen.
    Unsinn. Ich musste nur ein bisschen so tun, als würde ich abwarten, damit ich es Eloise morgen erzählen konnte. Es war ja nur ein Spiel. Wieso sollten ausgerechnet jetzt die römischen Vögel Pirouetten drehen, nur weil ein fast elfjähriges Mädchen auf dem Dach ihres Hauses steht und in den Himmel starrt?
    »Hey, wissen deine Eltern eigentlich, dass du hier oben bist?«, rief einer der Fratellis von unten.
    »Ja, aber die würden mir das mit dem Schwarm sowieso nicht glauben«, sagte ich, dabei hatte ich das gar nicht sagen wollen. Aber wieso hatte ich es dann gesagt? »Ist ja auch nur für die Schule«, rief ich schnell hinterher. Das hilft fast immer.
    Ich musste mich beeilen. Aber es passierte nichts am Himmel. Ich schaute über die Dächer und dachte an Mono und Lisa und daran, ob ich vielleicht eine unheimliche Krankheit hätte, irgendetwas, von dem man lila Ausschlag auf dem Rücken, Zitterknie und Haarausfall bekommt. Das passiert mir manchmal. Immer wenn ich in den Nachrichten von irgendwelchen Viren höre. Oder komischerweise auch von Erdbeben. Egal, wie weit entfernt die sind. Oder von Tsunamis, diesen riesigen Wellen, die plötzlich heranrauschen, sich aufbäumen und immer lauter werden und dann –
    Dann war plötzlich um mich herum ein Rauschen in der Luft. So als würde ein Orkan kommen oder ein Zug vorbeirasen. Es war überall und nirgends, alles drehte sich, der ganze Himmel war verschwunden: die Starenwolke. Sie war direkt über unserem Haus. Sie taumelte und tschilpte und jagte über die Dächer, ohne jede Richtung. Oder?
    »Hey, komm runter, die Suppe wird kalt«, rief Giovanni wieder von unten. »Momento!«, erwiderte ich und merkte mal wieder, dass Italienisch wirklich einfach war.
    Der Schwarm tobte übermütig weiter wie ein junger Hund im Park. Doch dann erstarrte er plötzlich, als hätte er ein Signal bekommen, für eine Mikromillisekunde nur, bevor er weiterzog. Genau wie vorhin, als wir im Schulbus saßen. Was war das? Ich hatte es von unten schlecht erkennen können. Irgendeine Form. Mir wurde ganz kalt im Bauch und kribbelig. Ich dachte erst, das kann nicht wahr sein, aber dann sah ich es. Ganz wirklich. Als wenn du aus dem Kino kommst und das Schweinchen Babe steht an der Ampel und sagt: »Sauwetter heute, was?« Das hier war kein Spiel. Und jetzt konnte ich auch genau sehen, wohin die Vögel flogen, als würde sie jemand an einem Faden ziehen. Es war die Spitze der gewaltigen grauen Kuppel, die von hier oben so groß schien, als wollte sie alle anderen Häuser der Stadt unter ihre Fittiche nehmen.
    Die Kuppel des Petersdoms.



4. Kapitel
    Wie man sich in den geheimsten Ort der Welt hineinschmuggelt und weshalb dort alle Katzen Rambo heißen
    Am nächsten Nachmittag verabredete ich mich mit Eloise, um bei ihr Hausaufgaben zu machen. Das ist bekanntlich die beste Ausrede, um endlich einmal ungestört zu sein. Ich hatte schon erzählt, dass Eloises Kinderzimmer hinter
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