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Päpste pupsen nicht (German Edition)

Päpste pupsen nicht (German Edition)

Titel: Päpste pupsen nicht (German Edition)
Autoren: Alexander Smoltczyk
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Rücken kribbelte.
    »Das kann nicht sein«, flüsterte ich zurück, obwohl ich wusste, dass sie recht hatte. Genau so war es. Für einen winzigen Moment hatte ich es gesehen, die Nase, die Augenhöhlen, die langen, wehenden Haare. Und dann plötzlich zog sich die Wolke auseinander und wieder zusammen, und die Vögel bildeten einen Pfeil, als hätten sie ein Ziel. Als wollten sie auf etwas zeigen oder als wären sie ferngesteuert. Da flitzte ein dunkler Pfeil, aus Tausenden von Starenvögeln gebildet, über die Dächer der Stadt. Das war keine Täuschung, das war echt. Die anderen Kinder im Bus dösten wie üblich vor sich hin oder klickerten auf ihren Nintendos. Der Busfahrer, Signor Bruno, war mit dem Verkehr beschäftigt und hörte Fußballgerede im Radio. Aber wir hatten es gesehen.
    Als ich wieder zur Engelsburg schaute, waren die Vögel immer noch da, aber der Pfeil war verschwunden. Nur noch ein zwitschernder, wirr herumziehender Schwarm war zu sehen, der kreuz und quer durch den Himmel jagte. Wie ein aufgepusteter Luftballon, den man ohne Knoten loslässt. »Smilla«, sagte Eloise nach einer Weile. »Wenn du gesehen hast, was ich gesehen habe …«
    »Eloise, ich habe gesehen, was du gesehen hast, und so etwas habe ich noch nie gesehen und du auch nicht«, sagte ich ziemlich gleichzeitig, denn wirklich sehr gute Freundinnen können gleichzeitig reden und sich trotzdem zuhören.
    »… dann sind wir entweder beide ziemlich durcheinander oder das war ein ziemlicher Zufall oder …«, sagte Eloise, und ich: »… es war kein Zufall und wir sind nicht verrückt, sondern hier passiert etwas.« Vögel können zwar denken, aber nur bis zum nächsten Wurm und bis zum Rand ihres Nests. Sie können jedenfalls nicht schreiben und schon gar keine Pfeile in den Himmel. Oder Gesichter. Das gibt es nicht. Das wäre ein Wunder und Wunder gibt es Eloises Erfahrung nach eher selten in der Welt.
    »Sollen wir die Polizei rufen?«, fragte ich.
    »Damit sie die Stare nach dem Flugschein fragen? Super Idee, Smilla. Quatsch, lass uns lieber aufpassen, ob es noch mal passiert. Und dann gehen wir zur Zeitung und werden berühmt.«
    Das gefiel mir. Ich sagte, es sei mir im Grunde ganz egal, ob die Vögel eine Meise haben oder plötzlich einen Kunstflugschein absolvieren. »Wir können ja so tun, als wäre das ein großes Geheimnis und wir sind zwei beste Freundinnen und lösen es. Das ist jedenfalls besser als fernsehen.«
    Wir berieten uns noch ein wenig, dann stieg ich am grünen Müllcontainer vor unserem Haus aus, dort, wo ich auch jeden Morgen warte, bis der Schulbus kommt. »Trau dich einfach und klingele. Und erzähl mir morgen, wie’s ausgegangen ist«, rief Eloise, als die Schiebetür schon zuratterte. »Okay«, sagte ich.
    Eloise hatte eine von ihren Ideen gehabt. Das ist schon in Ordnung. Aber – warum bin ich es immer, die Eloises Ideen ausführen soll?
    »Ciao, Francesco«, sagte ich zu unserem Hausmeister. Er saß wie jeden Mittag rauchend hinter seiner Glasscheibe und versuchte, ein Kreuzworträtsel zu lösen. »Ciao, Smilla, ciao bella.«
    Brauche ich wohl nicht groß zu übersetzen. Als ich im Fahrstuhl in den siebten Stock hochruckelte, wusste ich immer noch nicht genau, weshalb ich nicht gleich Nein zu Eloises Schwachsinnsidee gesagt hatte.
    Und dann hielt der Fahrstuhl auch noch genau dort, wo ich auf gar keinen Fall hinwollte.



3. Kapitel
    Weshalb es hinter dem letzten Stock noch weitergeht und was die Fratelli-Brüder für ein Geheimnis haben
    Mit dem Fahrstuhl zu unserer Wohnung zu fahren, ist jedes Mal eine Achterbahnfahrt, nur ohne Kurven. Alles klappert und quietscht, und man steht in einem Eisenkäfig, in dem bestimmt schon Julius Caesar gestanden hat. Durch den Schlitz in der Tür kann man die Stockwerke sehen. Den Hautarzt im ersten Stock, die Tür von dem alten Mann mit dem Hut, den sie den General nennen, dann die Praxis von Dr. Basiliko, zu dem immer die Leute gehen, die einem nicht in die Augen schauen können. Papa sagt, unser Haus sei wie ein Dorf, nur übereinandergestapelt und ohne Kühe. Das sagt er immer, wenn jemand zu Besuch kommt, und dann freut er sich, wenn der Besuch darüber lacht. Väter sind sehr einfache Wesen. Mütter sind komplizierter. Sie haben manchmal Momente, wo sie glauben, einen erziehen zu müssen. Das geht vorbei, ist aber lästig.
    Der Fahrstuhl wurde plötzlich langsamer und hielt im vierten Stock. Da stand Benito. Keine Ahnung, welcher kranke Film seine Eltern zu
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