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Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private

Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private

Titel: Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
Autoren: Don Winslow
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meines Lebens.

149
    Es ist surreal.
    Was Johnny im Schilf sieht. Boone Daniels taumelt ihm mit einem Mädchen in den Armen entgegen, die Brust voller Blut und von seiner Schläfe strömt noch mehr Blut.
    »Boone!«, schreit Johnny.
    Boone sieht Johnny mit glasigem Blick an, erkennt ihn vage und stolpert auf ihn zu, hält ihm das Mädchen entgegen wie ein Ertrinkender, der sein Kind ins Rettungsboot zu heben versucht. Jetzt sieht Johnny, dass Boone den Daumen tief in eine Wunde am Hals des Kindes presst.
    Johnny nimmt ihm das kleine Mädchen ab, drückt stattdessen seinen eigenen Daumen fest in die Wunde. Boone sieht ihn an, sagt »Danke, Johnny« und sackt schwer, mit dem Gesicht zuerst, zu Boden.

150
    Wellen.
    Alphawellen, Energietransportphänomene, sanfte Vibrationen erschüttern Boones vernebeltes Gehirn, als Rain Sweeny durch die sanfte Brandung paddelt, unter einer heranrollenden Welle wegtaucht und auf der anderen Seite wieder heraufkommt.
    Sie schüttelt sich das Wasser aus dem blonden Haar und lächelt.
    Es ist ein schöner Tag, der Himmel ist wolkenlos blau, das Wasser grün wie eine Frühlingswiese. Der Crystal Pier funkelt im glitzernden Sonnenlicht.
    Rain sieht zum Pier und den Wellen.
    Boone steht am Fenster seines Cottage, lächelt und winkt zurück. Dann ist er im Wasser, schwimmt mit gleichmäßigen Zügen mühelos auf sie zu, das kühle Wasser gleitet über seine Haut, liebkost ihn und lindert den Schmerz, der rasch zur Erinnerung verblasst, zum Traum aus einem vergangenen Leben, das zwar real erschien, aber doch nur ein Traum war.
    Rain greift nach seiner Hand und zieht ihn zu sich, und dann sitzt er auf seinem eigenen Board neben ihr, auf und ab im sanften Wellengang. Die Dawn Patrol sitzt etwas von ihnen entfernt, weiter hinten. Sunny und Dave, Hang und Tide und Johnny. Sogar Cheerful ist heute Morgen draußen und Pete auch, und Boone hört, wie sie sich unterhalten und lachen, dann kommt eine Welle heran.
    Weit hinten baut sie sich auf, bäumt sich auf und rollt auf sie zu, scheint ewig zu brauchen, bis sie sich zu voller Höhe aufgebaut hat. Rain lächelt ihn noch einmal an, legt sich hin und paddelt los, die Arme und Schultern stark und anmutig, und sie gleitet voller Leichtigkeit auf die Welle.
    Boone paddelt ihr nach, will die Welle erwischen und sie mit ihr reiten, bis ans Ufer, nur dass da, als er danach Ausschau hält, gar kein Ufer mehr ist, nur noch ein endloser blauer Ozean und eine Welle, die immer weiterrollt.
    Er paddelt schnell, versucht sie einzuholen, versucht verzweifelt, sie einzuholen, aber es gelingt ihm nicht. Sie ist zu stark, die Welle ist zu schnell, und er kommt einfach nicht voran. In seinen Augen ergibt das keinen Sinn: Er ist Boone Daniels. Es gibt keine Welle, die er nicht erwischt, aber diese Welle erwischt er nicht, und er weint vor Wut und Enttäuschung, bis seine Brust schmerzt und große salzige Tränen über sein Gesicht rinnen und ins Meer zurückfließen, und dann gibt er auf und bleibt auf seinem Board liegen.
    Erschöpft, untröstlich.
    Rain kehrt zu ihm zurück und lächelt.
    Sie sagt: Das ist nicht deine Welle.
    Ihr Lächeln wird zu Sonnenschein und sie ist verschwunden.
    Über die Welle hinweg.

151
    »Wo warst du?«, fragt Johnny.
    »Ich war surfen«, sagt Boone. »Ich hab das Mädchen gesehen … ist sie …«
    »Sie hat’s geschafft«, sagt Johnny.
    Boone lächelt und legt den Kopf aufs Kissen zurück. Der Schmerz in seinem Schädel ist Wahnsinn, eine fiese Mischung aus einem heftigen Kater und dem Gefühl, als hätte einem jemand ein Board übergezogen.
    »Bei dir waren die Ärzte nicht so sicher, B«, sagt Johnny. »Ob du noch mal aus dem Zauberwald zurückkehrst. Ich dachte, ich würde doch noch für dich rauspaddeln müssen.«
    Da draußen war der Teufel los.
    Boone auf dem Boden.
    Das Mädchen im Schockzustand.
    Tammy Roddick blutend mit Schussverletzung. Sie hat dem Mädchen das Leben gerettet, die größte Wucht der Kugel abgefangen, bevor diese durch sie hindurchging und Luce traf. Jetzt liegt Tammy in einem Bett am Ende des Gangs, nicht weit von dem kleinen Mädchen entfernt, und beide werden wieder gesund.
    Sie waren nicht die einzigen Verletzten. Zwei Mojados tickten ernsthaft aus und gingen mit Gewehr und Machete auf die Menschenhändler los, aber Terry Gilman fand die Beweislage zu schlecht, um sie deshalb festnehmen zu können, und in dem allgemeinen Durcheinander gelang es ihnen, sich vom Tatort zu verdrücken.
    Ebenfalls auf der
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