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Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Titel: Pablo Picasso - die Lebensgeschichte
Autoren: Dagmar Feghelm
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Da hat’s gepasst, dass Apollinaires Neue in die Obstkuchen auf dem Sofa plumpst. Bloß, warum die dann mit der Schmiere auf Händen und Klamotten alle umarmen muss! Bei solchen Stimmungskanonen kann man auf Wein und Opium getrost verzichten… Opium nimmt er eh nicht mehr, seit Weigels, dieser arme deutsche Maler, sich zwei Türen weiter erhängt hat, im Drogenrausch! Nie mehr wird er, Pablo Picasso, das Zeug nehmen. Für ihn gibt’s nur noch den Arbeitsrausch. Also, her mit den ollen Pötten!
    Bei den Krügen bleibt er nicht lang. Als Pablo 1909 den Sommer wieder in Horta verbringt, malt er das Bergdorf wie aufgestapelte Bauklötze. Diese Würfel beziehungsweise Kuben hatten Kunstkritiker bereits im Jahr zuvor zum Schimpfwort »Kubismus« inspiriert, für Werke von Braque, der ihm hier vorangeht. Oder war doch Pablo der erste? Hat er nicht schon als Kind aus Kreisen Täubchen gezaubert? Jetzt geht’s andersrum, und schon wird aus Fernandes Kopf Geometrie. Jetzt ist sie von dem zerklüfteten Berg hinter ihr kaum mehr zu unterscheiden. Was, das soll ich sein? Da sehe ich ja aus wie eine alte Hexe! Oder wie ein Fleckerlteppich! Nein, Fernande ist nicht glücklich in Horta. Als sie krank war, hier, wo sie keinen kennt, hat sich Pablo herzlich wenig drum geschert. Und nun diese Bilder! Kaum hat er ein bisschen Geld und Erfolg, wird er unausstehlich. Vielleicht wird’s ja besser, wenn sie in Paris erst mal eine neue Wohnung haben.
    Es geht bergauf
    Pablos erste Wohnung ist ein Mix aus biederem Haushalt mit Mahagonimöbeln und antibürgerlicher Künstlerboheme à la Bateau-Lavoir. Dorthin sehnt er sich nun ständig zurück. Aus zwanglosen Abenden mit Freunden sind steife, regelmäßige Besuche geworden. Man selbst empfängt Sonntagnachmittag, während freitags bei Matisse über Gertrude Stein gelacht wird und samstags bei Gertrude über Matisse. Den Sommer verbringt man im Süden. Am besten mit dem Pfundskerl George Braque.

    Eine wahre Freude, sich mit dem zu messen! Sie sehen sich täglich und fühlen sich verbunden »wie eine Seilschaft in den Bergen«. Mit den splittrigen Facetten in Braungrau werden die Bilder der beiden kühner und einander immer ähnlicher. Macht nichts – es geht ja ums Prinzip, um eine neue Kunst, nicht um persönlichen Stil.
    Gemalt wird, was gerade rumliegt und nicht vom Experiment mit der Form ablenkt: Pfeifen, Flaschen, Gitarren, Spielkarten, Zeitungen. Oder Landschaften. Leute, mit denen man zu tun hat. Kunsthändler und so. Die neue Geliebte. Für die eignet sich der alle Einzelheiten im Undeutlichen lassende abstrakte Stil besonders. Fernande weiß nämlich nichts von ihrer Rivalin. Und das sollte auch besser ein Geheimnis bleiben - Eva Gouel ist doch ihre Freundin. Auf den Porträts der neuen Flamme steht »Ma Jolie«, »Meine Hübsche«, was der Titel eines Schlagers ist und somit auch nichts verrät. Wie sieht sie denn aus, diese Eva? Voilà – »Ma Jolie«.

    Bild 7
    Nicht als Fahndungsbild geeignet, dieses Porträt von Picassos neuer Flamme Eva alias »Ma Jolie«.
    Aha. Sehr hübsch. Vielleicht etwas farblos. Kaum weibliche Rundungen. Spielt sie zufällig Gitarre? Sieht man doch! Rechter Arm, linker Ellbogen, beide angewinkelt, Finger an den Saiten, Notenschlüssel – man hört es fast! Wo der Kopf sitzt, weiß man ja. Je länger man hinschaut, umso mehr ist zu sehen. Hier blitzt ein Stück Gitarre auf, da vielleicht der Mund? Der ist, scheint es, fest zu. Eva singt nicht. Summt sie vor sich hin? Mit geschlossenen Augen sitzt sie da… Sind das runde Sessellehnen? Und da steht ein Weinglas. Oder auch nicht?

    Ja, man braucht viel Phantasie bei den zerlegten Formen des »Analytischen Kubismus«. »Hermetisch« nennt man ihn, weil er so verschlossen und undurchdringlich ist. Kaum erkennt man was, ist es schon wieder verschwunden. Das ergibt den Eindruck ständiger Bewegung. Die mit kurzen Strichen gefüllten Facetten flirren. Da ist kein fester Umriss und kein einzelner Moment fixiert. Man sieht ein Gesicht zugleich von vorn und im Profil, ein Greifen oben und gleichzeitig unten am Gitarrensteg. Ein Winkel kann »Formel« für einen Arm sein oder abstrakte Form – ziemlich irritierend! Die übliche Malerei als Wiedergabe eines Themas durch plastische Körper im dreidimensionalen Raum ist dahin! Farbe, Stimmung? Gibt’s nicht.
    Was wollen die zwei Gipfelstürmer damit? Warum zertrümmern sie die Kunst? Um sie neu zu erschaffen. Die Malerei soll nicht mehr erzählen und die
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