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Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Titel: Pablo Picasso - die Lebensgeschichte
Autoren: Dagmar Feghelm
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vorn! Kein Wunder, dass er sie ihm gegenüber hoch trägt. »Wir sind unterschiedlich wie Nord- und Südpol«, säuselt er Pablo zu. Na gut. Mal sehen, wer zuletzt lacht. Wenn der mit Farbe schockiert, tut er’s eben mit der Form. Liegt ihm eh mehr. Ist irgendwie männlicher. Farbe schwächt! Also, Henri, zieh dich warm an! Das gilt auch für ihn selbst. Ist er nicht arg akademisch geworden, mit seinen nackten Jünglingen mit und ohne Pferd, die er seit den »Gauklern« so malt? Sieht ja alles aus wie Kunstschule! Auch wenn sich das gut verkauft – Schluss damit! Dank Vollard, der ihm 30 Bilder abgenommen hat, kann er’s sich
leisten, mal nach Herzenslust zu experimentieren. Schließlich hat er nun 2000 Francs, plus die 800 von Leo Stein, Gertrudes Bruder – seine ersten richtigen Sammler, die beiden! Das reicht drei Jahre, so bescheiden, wie er lebt. Da ist sogar eine Reise nach Barcelona drin.
    Seine Eltern sind von Fernande angetan. Diese Eleganz! Eine echte Pariserin. Gut, dass er seine »Verlobte« für die Reise neu ausstaffiert hat. Gut auch, dass sie das letzte Stück im Erste-Klasse-Abteil gefahren sind. Muss ja nicht jeder wissen, wie holprig sein Start in Paris war! Nach den Höflichkeitsbesuchen zieht es Pablo aufs Land. Fernande murrt, als es ins Bergnest Gósol geht. Als sie Pablo dort aufblühen sieht, ist sie versöhnt. So entspannt war er noch nie! Plötzlich ist sie sein Lieblingsmodell! Einziger Konkurrent: der Kneipenwirt Fontdevila, der Pablo mit Abenteuern aus seinem früheren Schmugglerleben imponiert. Kantig wie sein Altmännerkopf ist auch die Landschaft – reinste Geometrie! Urwüchsig und geradlinig wie die Leute hier. Pablo ist entzückt. »Er liebte alles, was Lokalkolorit hat, selbst ein typischer Geruch konnte ihn begeistern. Alles Abstrakte, Intellektuelle ließ ihn kalt. Hier war er weniger Außenseiter als in Paris. « Hier kann er den kernigen Naturburschen rauslassen. Hier stört’s keinen, dass er etwas klein geraten ist und bei Zivilisationskram wie Tanzen, Boxen, Autofahren kläglich versagt!
    Seine recht unmännliche Panik vor Krankheit und Tod kommt dann doch ans Licht. Als im Dorf ein Typhusfall auftritt, packt Pablo sofort die Koffer. Mit Fernande und Bildern in Braun und Ocker flieht er nach Paris. In der dortigen Hitze ist sein Atelier ein wahrer Brutkasten – Pablo muss erst auf Mäuse- und Wanzenjagd gehen, bevor er die neuen Eindrücke auf die Leinwand bannen kann.

Experimente mit dem Pinsel
    Einfach mal anders gesehen und gemalt – ein revolutionäres Bild!
    A uch ein Künstler langweilt sich schon mal im Museum. So Picasso, als er 1906 bei einem Spaziergang im Trocadéro landet. Völkerkunde – uff. All die ollen Masken, Indianerpuppen und verstaubten Männchen. Der muffige Geruch. Kein Wunder, dass niemand hier ist. Ein Geisterhaus. Was hält mich hier?! Vielleicht die Geister? Jedenfalls – »Ich blieb. Ich hatte gespürt, dass ich bleiben musste, irgendwas passierte mit mir. Diese Masken hatten etwas Magisches. «
    Nun gut, Pablo, du bist nicht der Erste, dem das auffällt. Primitive Kunst ist ja sehr en vogue – dein Intimfeind Matisse hat sich längst damit eingedeckt. Die derben Masken und Statuetten haben, was ein moderner Künstler so anstrebt: Ausdruck! Sinnlichkeit! Volles Leben! Nichts von einer überfeinerten Kunst, deren Gesetze und Themen man lernen kann, und die, wen wundert’s, auch nur den Verstand beschäftigt. Also: Zurück zur Natur! Zum Körper pur! Zu einfachen Formen. In reinen, ungemischten Farben!
    Klar, das weiß Pablo. Aber was er im Museum sah, war mehr: »Diese afrikanischen Skulpturen waren Fetische. Sie halfen gegen
alles – gegen fremde, bedrohliche Geister. Ich verstand plötzlich. Auch ich bin gegen alles. Fetische hatten denselben Zweck: sie waren Waffen, zum Schutz der Menschen davor, von irgendwelchen Geistern unterjocht zu werden. Waffen, die sie unabhängig machen sollten. Werkzeuge. Ich verstand nun, warum ich Maler geworden war. «

    Um Fetische, also Zaubermittel zu machen, wie ein Medizinmann? Und wie kann ein Bild ein Werkzeug oder gar eine Waffe sein? Ja – der wahre Künstler ist eine Art Medizinmann. Ich jedenfalls sehe mich so! Meine Sachen sollen aufräumen mit dem alten Spuk von Sitten und Vorschriften, die das Leben und die Kunst erdrücken. Und, voilà, schon ist ein Bild eine Waffe! Ein Kampfmittel gegen verstaubte Ansichten! Ein einfach mal anders gesehener und gemalter Apfel kann so revolutionär
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