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Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Titel: Pablo Picasso - die Lebensgeschichte
Autoren: Dagmar Feghelm
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sein wie ein Mann mit Gewehr!
    Picasso malt den revolutionären Apfel. Nach neun Monaten Arbeit und 800 Vorstudien enthüllt er 1907 Freunden das Werk, das heute als Schlüsselbild der modernen Kunst gilt. Der Galerist Daniel-Henry Kahnweiler war dabei: »Ich betrat den seltsamen Raum, in dem Pablo sein Atelier hatte. Die Tapete hing in Fetzen von der Bretterwand. Auf den aufgerollten Leinwänden und dem alten Sofa lag dicker Staub. Neben dem Ofen erhob sich wie erstarrte Lava ein Berg Asche. Es war grässlich. Sein neues Bild erschien allen irrsinnig und monströs. « Und das umso mehr, je weiter man, über den Apfel Mitte unten hinweg, nach rechts schaut. Was sollen die fünf bizarren Frauen?! Erst 1916 nennt ein Kritiker sie »Les Demoiselles d’Avignon«, »Die Fräulein von Avignon«. Die sind nackt und haben,Vorhang auf!, ihren großen Auftritt. Aufreizend fixieren sie den Betrachter – den man sich als Gast des Bordells in der Avignon-Straße in Barcelona zu denken hat. Dagegen ist die Freiluftversammlung der rundlichen Figürchen auf Matisse’ »Lebensfreude« ein Kindergarten!

    Bild 6

    Vorhang auf für die »Demoiselles d‘Avignon« und eine völlig neue Art zu malen – selbst Kunstkenner waren geschockt von diesem Auftritt!

    Noch skandalöser als das Thema ist die Art, wie es gemalt ist. Kein Raum, nirgends. Körper wie spitze, harte Kristalle. Die Gesichter grob vereinfacht, mit starr geradeaus blickenden Augen und Hakennasen im Profil. Die rechten Figuren scheinen afrikanische Masken zu tragen – zum Fürchten! Wie obszön die eine da hockt! Die andere hat gleich gar keinen Körper mehr – statt Busen sitzt da ein schraffiertes Quadrat. Und dann das Stillleben! Gilt nicht schon seit der Antike, dass ein solches so gemalt sein soll, dass die Vögel die Früchte darauf für echt halten und dran picken? Na, bei diesen Früchtchen, da lachen ja die Hühner!
    Auch Leo Stein brüllt vor Lachen, als er das Bild sieht. Apollinaire vermisst darin die Poesie. Vollard will Picasso nicht mehr ausstellen. Matisse schwört Rache für diese Verspottung der Kunst. Na toll. Dem wollte er’s ja zeigen. Ist er doch zu weit gegangen mit dem radikalen Meisterwerk? Nein – eher nicht weit genug. Letztlich ist da immer noch zuviel Nachahmung der Natur drin. Dieses Bild ist nach wie vor ein »Fenster«, eine Fortsetzung der echten Welt mit malerischen Mitteln. Zu viel Perspektive, zu viel Raumtiefe, zu viel Inhalt! Und zu wenig geometrische Struktur der Körper. Zu wenig reine Fläche. Zu wenig reine Form. Tja,
Cézanne hätte ihn verstanden, aber der ist vor kurzem gestorben. Irgendwann werden den andreen schon die Augen aufgehen – jetzt heißt’s einfach weitermachen. Aber ihr müsst weg, werte unverkäufliche käufliche Damen, ihr glotzt mir beim Malen nicht über die Schulter. Ab gegen die Wand!
    Ein Atelierfest und ein neuer Freund
    Seit den »Demoiselles« zickt Fernande. Die Gute kommt einfach nicht über ihren geliebten alten Impressionismus hinaus. Hach, und ihre Wälder um Paris! Ihm sind die zu grün. Und sie stinken nach feuchten Pilzen. Da ist ihm ein staubiger Kaktus auf spanischem Felsboden lieber.
    Gut, dass er George Braque hat. Ein Bild von einem Mann. Und einer, der ihn versteht – obwohl er Schüler von Matisse ist. Jetzt ist er sein Schüler, oder, na gut, Weggefährte. Zeichnen kann er nicht, Figuren kann er nicht, aber seine Landschaften! Grandios. Dreidimensionale geometrische Formen, kaum Farbe. Neulich haben sie ein Bild spaßeshalber auf den Kopf gestellt – und siehe da, es war eine ebenso großartige Ansicht! Da spielt die Musik! Da geht’s hin! Vielleicht sollte er auch mal die Figuren sein lassen. Die lenken zu sehr ab von der reinen Form. Landschaft gibt’s in Paris nicht, bleibt also Stillleben. Tisch, Vase, Krug sind Form pur und finden sich überall.
    Da kann er gleich die Töpfe hernehmen, die das Fest neulich überlebt haben. Das war ein Abend! Ein Bankett für Henri Rousseau! Wochentags Zöllner, Sonntags Maler – und was für einer. Diese herrlich primitiven Figuren! Der malt wie ein Kind. Das muss man erst mal können! Er ist halt auch naiv. Wie der da auf seinem Stuhl oben auf der wackligen Kiste saß – als wär’s echt ein Thron. Zum Schluss war sein Kopf ganz vollgekleckert vom Wachs der Kerze im Lampion über ihm. Hat der gar nicht gemerkt vor dämlicher Beglücktheit, weil man ihn mal ernst nimmt. Na, so
ernst auch wieder nicht, war ja eher ein Witz, das Ganze.
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