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Paarweise

Paarweise

Titel: Paarweise
Autoren: S Lermer
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Umgekehrt war der Mann auch in einer gewissen Weise »versorgungsabhängig«  – er konnte nicht kochen, waschen, putzen. Ohne Frau wäre er in die Vernachlässigung geraten. Insofern: Die Rollenverteilung war klar und man »brauchte« einander existentiell.
    Und heute? Seit 1945 haben wir keinen Krieg mehr und keinen
Hunger. Uns bedrohen weder gefährliche Tiere noch Räuberbanden, und von Naturkatastrophen bleiben wir in Deutschland weitgehend verschont. Heute geht es den meisten Menschen wirtschaftlich so gut, dass keine Not herrscht, die zwei nur gemeinsam stemmen könnten. Im Zeitalter von Convenience, Pizza-Service und anderen Dienstleistungen rund um die Uhr belegen Millionen Frauen und Männer die Möglichkeit, als Single und/oder Alleinerziehende/r gut zu leben.
    Die Frau hat den Mann »abgehängt«
    Heute befinden wir uns an einem evolutionären Wendepunkt. Die Ziele der Evolution sind dabei immer drei: Selbsterhalt, Gruppenerhalt und Reproduktion. So gesehen wünscht sich heute die Evolution Fähigkeiten vom Menschen, die typisch weiblich sind. Und die Frauen, jahrtausendelang in diesen ihren Fähigkeiten nicht adäquat gefördert und anerkannt, haben nun ihre Chance, sie unter Beweis zu stellen.
    Typisch weiblich sind die Soft Skills, die Fähigkeit zu kommunizieren, die emotionale Intelligenz, das Netzwerkdenken oder auch das Multitasking. Letzteres ist wissenschaftlich umstritten, aber faktisch kann eine Frau vieles gleichzeitig machen, zum Beispiel die Mahlzeit für alle zubereiten, während sie das Baby im Tragetuch schaukelt und ihren Größeren nebenbei noch bei den Hausaufgaben hilft.
    Frauen machen heute im Schnitt ein besseres Abitur als Männer und liefern bessere Uni-Leistungen ab. Sie führen im Beruf besser. Sie legen ihr Geld sicherer an und erwirtschaften
höhere Aktien-Renditen. Sie sind nachweislich seltener kriminell und haben weniger Unfälle (Lubbadah 2010). Aber nicht nur das: Frauen sind offenbar auch überlebensfähiger. Nicht nur, weil sie eher zum Arzt gehen.
    Beispiel
    Ein Bündel vergilbter Aufzeichnungen aus dem vorletzten Jahrhundert, die dem Anthropologen Donald Grayson von der Universität Washington in die Hände fiel, barg eine so spannende wie erkenntnisreiche Geschichte: Man schrieb das Jahr 1846. 87 Pioniere befanden sich auf dem Weg nach Westen, als sie in den kalifornischen Bergen vom Schnee eingeschlossen wurden. Der Winter war sehr hart. Nachdem die Vorräte aufgezehrt waren, blieb der Gruppe nichts anderes übrig, als ihre kostbaren Tiere zu schlachten. Als kein einziges Tier mehr übrig war, aßen sie das Fleisch der inzwischen Verstorbenen. Beinahe jeder zweite, nämlich 40 von 87, überlebte nicht, es waren die Ältesten und die Jüngsten.
    Auffallend ist die Geschlechtsverteilung. Denn von den 52 männlichen Angehörigen der Gruppe starben 30, das sind 56,6 Prozent. Von den 33 Frauen starben nur 10, das sind 29,4 Prozent. Relativ gesehen starben beinahe doppelt so viele Männer wie Frauen. Grundsätzlich haben Frauen in solchen Situationen einen biologischen Überlebensvorteil, weil ihre Körpertemperatur nicht so schnell absinkt wie die des Mannes. Die Tagebuchaufzeichnungen belegen zusätzlich, dass Frauen mit solchen Extremsituationen offenbar besser umgehen können. Sie besitzen eine erfolgsorientiertere
Energie-Ökonomie, die ihnen ermöglicht und bestätigt, in überlebensentscheidenden Situationen das stärkere Geschlecht zu sein.
    Heute wird diese Erkenntnis, dass Frauen in Krisensituationen besser zusammenhalten, weltweit genutzt und von mir mit dem Begriff »female connection« bezeichnet. Frauen wenden sich an Frauen, wenn sie etwas brauchen und es problemlos bekommen wollen. Aus Italien erreicht uns die Information, dass die Frauenbewegung ein neues Wort kreierte, das inzwischen viel diskutiert wird. Das Wort heißt »affidamento«. Es bedeutet Vertrauen, sich verlassen. Und zwar, sich auf die Frauen verlassen.
    Die Emanzipation greift. Deutschland hat mit Angela Merkel erstmals eine Kanzlerin bekommen. Die weibliche Machtübernahme in der Politik wird von Frauen wie Ursula von der Leyen, Kristina Schröder und anderen systematisch weitergeführt. Die Frauenquote hat in der Politik Einzug gehalten, wird im Hinblick auf hohe Wirtschaftspositionen diskutiert. Doch die Emanzipation hat die etwas einseitige Folge, dass die Frauen nicht nur aufgeholt haben – sie haben die Männer regelrecht überholt. Das Phänomen, dass Frauen heute umworben
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