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Paarweise

Paarweise

Titel: Paarweise
Autoren: S Lermer
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psychosomatische Gesundheitsbeschwerden,
wie Untersuchungen von Kinder- und Allgemeinärzten zeigen (Bauer 2006).
    Selbstverständlich brauchen Kinder Grenzen. Und sie werden die Grenzen in dem Maß akzeptieren, wie ihnen ein erstrebenswertes Erwachsenenleben von psychisch gesunden und reifen Eltern und Lehrern vorgelebt wird.
    Wäre hier eine Kompatibilität beider Partner aufgrund ihrer persönlichen Stabilität, des gegenseitigen Respekts und erfolgreich praktizierter Kommunikation geschaffen, dann läge eine brauchbare Basis vor, die neben ihrer beglückenden Wirkung überdies auch noch alle anderen Lebensbereiche positiv beeinflussen würde. Doch so etwas kann man nicht kaufen, und es kommt auch nicht über Nacht geflogen.
    Auch psychische Krankheiten sind inzwischen eine große Belastung geworden. Laut aktuellen wissenschaftlichen Erhebungen sind derzeit Depressionen der führende Grund bei Krankschreibungen und Frühberentungen (Holsboer 2011). Eine Vielzahl von Studien zeigt sogar einen engen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Depressivität und den Partnerschaftsstörungen (Lutz 2006). Gerade sexuelle Störungen in Form von Libidoverlust, Potenzschwäche und Orgasmusstörungen offenbaren häufig als Hintergrund eine Depression bei einem der Partner. Hier hilft Psychotherapie – in einigen Fällen kann auch eine Paartherapie weiterhelfen und zur Gesundung des depressiven Patienten führen.

Thesen zum Wandel der Rollenbilder
    Alles begann vor etwa 4,4 Millionen Jahren: Der Mensch entwickelte die Empathie. Damit konnte er den Blickkontakt nicht nur als Drohgebärde nutzen, es war die Geburt des Dialogs. Den Augenkontakt zum Senden plus Empfangen, Körpersprache und erste Sprache zum Austausch zu nutzen, war wohl der Start der Kultur von Beziehungen, deren Königsdisziplin die Partnerschaft darstellt. Das Highlight der Empathie bestand seitdem in den Spiegelneuronen. Womit man selbst nachempfinden konnte, was den anderen bewegt. Im schlichtesten Fall schneidet er sich in den Finger oder beißt in eine Zitrone. Für sein Gegenüber reicht der Anblick, um seine Gefühle reflexhaft nachzuempfinden – selbst ohne Ton.
    Im Vergleich zu 4,4 Millionen Jahren erscheinen 100 Jahre geradezu winzig. Aber qualitativ waren die letzten 100 Jahre für die Emanzipation der Frau regelrecht revolutionär, und sie wurde nur noch getoppt durch die noch größere Revolution durch die Pille. Seit den 1960er-Jahren des letzten Jahrhunderts ermöglicht sie der Frau zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte, selbst zu bestimmen, ob und wann sie schwanger werden möchte. Selbstbestimmt. Nicht mehr lebenslanges Opfer der Triade Mann, Natur, Gesellschaft.
    Und seitdem haben wir Probleme mit der Partnerschaft auf eine neue Art: Die Rollen der Geschlechter sind ausgehebelt, wir brauchen in meinen Augen neue Definitionen und Beschreibungen und als Folge neue Muster für die Partnerschaft.

    Beziehungswesen und Projektwesen
    Fallbeispiel: Du verstehst mich einfach nicht
    Ein noch ziemlich junges Paar: Er hat gerade kurze Pause, zwischen den Meetings sich auf das nächste vorzubereiten. Telepathisch oder zufällig wählt sie seine Handy-Nummer. »O.K., was gibt’s ?«, fragt er in einem etwas knappen, sachlichen Ton, wie es eben in seinen Meetings so üblich ist. »Oh, nichts mein Schatz, ich wollte nur deine Stimme hören.« »O.K.«, sagt er jetzt leicht genervt, aber bemüht, einigermaßen freundlich zu bleiben, »jetzt hast du sie gehört.« – »Was bist du denn so komisch?«, fragt sie. »Ich bin überhaupt nicht komisch, ich muss jetzt nur weiterarbeiten – O.K.?«
    Als er heimkommt, findet er eine ziemlich frostige und vollkommen unverstandene Frau vor, die stundenlang darüber nachgedacht hat, ob das mit ihrer Beziehung auf Dauer gutgehen kann. Wenn er sich schon darüber aufregt, dass sie ihn anruft, weil sie seine Stimme hören will. Natürlich nachdem sie lange mit ihrer Mutter und ihrer Freundin darüber gesprochen hatte. Wo sie ziemlich stark darin bekräftigt wurde, ihn doch zu verstehen, ihm aber auch zu verstehen zu geben, dass man mit ihr so nicht umgehen könne …
    Bevor wir zu den Rollenbildern kommen, eine kurze Anmerkung zum viel diskutierten Unterschied zwischen Mann und Frau. Jeder kennt die zahlreichen Geschlechter-Klischees wie: Die Frau kann nicht einparken, der Mann fragt nicht nach dem Weg. Die Frau kauft Schuhe, der Mann Elektronik. Sie liest Romane, er Gebrauchsanweisungen. Sie freut sich über
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