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Outback

Outback

Titel: Outback
Autoren: Nan Dee
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sich noch nicht an die fremde Umgebung gewöhnt und fand sie exotisch, aber auch wunderschön. Im Park, dessen Mitte ein See zierte, hatte sie Oliver angesprochen und das erste kurze Gespräch mit ihm geführt, obwohl sie als Nachbarn Tür an Tür wohnten. Es war im November zum Loy Krathong Fest gewesen, an dem am Vollmondabend die Thailänder kleine Schiffchen, die Krathongs, aufs Wasser hinaustreiben lassen und sich dabei etwas wünschen. Oliver hatte ganz allein am Wasser gesessen und getrauert.
    Ricarda riss sich von der Erinnerung los und fragte: „Was machen wir?“
    „Du warst bestimmt noch nicht am Wat Arun, stimmt‘s?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Wir fahren mit der Fähre über den Chao Phraya und steigen auf den Tempel. Von dort hat man eine fantastische Aussicht über die Stadt und den Fluss.“
    „Ich liebe Aussichten“, rief Ricarda begeistert.
    „Na, das sind ja gute Aussichten“, lachte Oliver. Dann zieh dir etwas Luftiges an und lass uns gehen.“
    Als Ricarda im vergangenen November die freie Stelle bei der thailändischen Filiale der Allianz Versicherung antrat und von Berlin nach Bangkok wechselte, bekam sie ein Apartment zur Verfügung gestellt in einer bewachten Wohnanlage in Zentrumsnähe der Stadt. Oliver, ursprünglich aus Frankfurt stammend, entpuppte sich als unfreundlicher Nachbar, der mit lauter Hardrockmusik nervte. Inzwischen hatten sie sich kennen und lieben gelernt und waren froh über die Nähe ihrer beider Wohnungen. Das Hochhaus, in dessen achtem Stock sie wohnten und welches einen Schwimmingpool im Hinterhof besaß, lag gegenüber einer Parkanlage, an der Kreuzung zweier großer Verkehrsadern der Stadt, der Asok und der Sukhumvit Road. Bis zum Bahnhof des Skytrains, einer S-Bahn, die als Hochbahn auf Betonpfeilern verkehrte, brauchten sie nur wenige Minuten zu Fuß zu gehen. Der Bahnhof war einer von zwei Schnittstellen, an der sich Skytrain und U-Bahn, die Metro, kreuzten und hieß oben Sukhumvit und unten Asok.
    Mit der Metro fuhren sie zur Endhaltestelle Hua Lamphong, dem Fernbahnhof Bangkoks, wo Ricarda im Dezember mit Naree deren Schwester abgeholt hatte. Hier nahmen sie ein Taxi und fuhren die knapp zwei Kilometer bis zum Fluss. Die Sonne versteckte sich heute hinter grauen Wolken, doch es war heiß wie immer und es sollte nicht regnen.
    Oliver bezahlte die Fahrt, sie stiegen aus und gingen zur Anlegestelle der Fähre. Unterwegs hatten sie Chinatown angeschnitten und Oliver zeigte ihr den Blumengroßmarkt. Mehr als einen Blick konnte Ricarda nicht darauf werfen, dann waren sie schon vorbei. Es war, wie immer und überall in der Stadt, voller Menschen, Bangkok war ein brodelnder Menschenkessel.
    Als sie am Pier stehen blieben und auf den Chao Phraya schauten, sagte sie: „Der ist ziemlich breit, was? Zu Hause, wo ich herkomme, fließt die Spree durch Berlin, aber sie ist kaum halb so breit wie das hier.“ Sie zeigte mit der Hand auf das schnell strömende graubraune Wasser.
    „Siehst du? Dort drüben ist der Wat Arun.“ Oliver wies auf eine grau gefärbte Pyramide, die sich am gegenüberliegenden Ufer weit in die Höhe erstreckte, dann schwenkte seine Hand nach links. „Ein Stück weiter, naja, so zwanzig, dreißig Kilometer sind es schon noch, da mündet der Chao Phraya in den Golf von Thailand. Das sehen wir uns auch mal irgendwann an. Hey, da kommt ein Fährboot, komm!“
    Er nahm Ricarda bei der Hand und sie begaben sich auf die Fähre. Das Boot hatte Platz für mehr als dreißig Personen und war rundum offen, nur ein Dach schützte vor Sonne oder Regen.
    Drüben waren es nur wenige Meter zur Tempelanlage. Im Innern gab es gepflegte Wege und Beete mit blühenden Blumen und Büschen. Vier Mönche mit kahl geschorenen Köpfen in den typischen Umhängen kamen ihnen entgegen. Ricky und Oliver legten die Handflächen zusammen und hoben sie an die Nasenwurzel zum Thaigruß, den die Mönche erwiderten.
    Langsam gingen sie weiter und Ricky wischte sich mit einem Blick auf die langgestreckte Treppe, die bis nach oben zu einer Aussichtsplattform führte, theatralisch imaginären Schweiß von der Stirn. Oliver lachte, dann stiegen sie zusammen mit einer japanischen Reisegruppe die teilweise sehr schmalen, aber hohen Stufen hinauf. Die Japaner fotografierten alles, auch Oliver und Ricarda kamen ihnen vor die Linse. Zum Dank erhielten sie die geballten Fäuste mit erhobenen Daumen gezeigt. Ricarda lächelte. „Vielleicht sind genau die gleichen Leute in einem Monat
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