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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten
Autoren: Tad Williams
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mich in den Recycler.
    Ein Gedanke, klein und flirrig wie die fernen Lichter, zog ihm durch den Kopf. Beezle?
    Sag schon. Was ist los?
    Er rang darum, sich zu erinnern. Ich… ich bin irgendwo gefangen. Ich kann nicht raus. Ich kann nicht zurück.
    Wo, Boß?
    Er kämpfte gegen die Wellen der Benommenheit, der Dunkelheit an. Die ferne Stadt war jetzt fort, und der Nebel stieg weiter. Er kostete ihn schon Mühe, das Insekt überhaupt zu sehen, obwohl es nur eine Armlänge entfernt saß. An dem Ort, den ich gesucht habe. Er wollte sich auf einen Namen besinnen, den Namen eines Mannes, etwas mit A …?
    Atasco, sagte er. Die Anstrengung war schier übermenschlich. Einen Augenblick später hatte sich das Insekt verflüchtigt. Orlando blieb mit dem Dunstschleier und der Bergwand und dem zunehmenden Dunkel allein.

Kapitel
Blaues Feuer
    NETFEED/UNTERHALTUNG:
    Hell- oder Dunkelseher?
    (Bild: die Eingangsmontage aus »So wird’s kommen!«)
    Off-Stimme: Die VIP-Hellseherin Fawzi Robinette Murphy, Moderatorin der beliebten Netshows »Das zweite Gesicht« und »So wird’s kommen!«, hat angekündigt, daß sie sich zur Ruhe setzen wolle, weil sie »das Ende der Welt« vorhergesehen habe.
    (Bild: Murphy beim Einsteigen in eine Limousine)
    Auf die Frage, worin der Unterschied zu den früher von ihr prophezeiten Weltuntergängen bestände, hatte Murphy eine kurze und schlagende Antwort.
    (Bild: Murphy am Eingangsportal zu ihrem Haus in Gloucestershire)
    Murphy: »Darin, daß es diesmal wirklich kommen wird.«
     
     
    > Das vorbeigleitende Küstenpanorama, dichtes Dschungelgrün und langwurzelige Bäume an den Rändern von Sandbänken, war ihr nicht völlig fremd – Renie hatte Plätze an der afrikanischen Küste gesehen, die nur wenig anders aussahen. Was ihr zu schaffen machte, während sie einen Schwarm Flamingos wie ein zum Stützpunkt zurückkehrendes Luftgeschwader in einen Salzsumpf niedergehen sah, das leuchtende rosa Gefieder vom Zwielicht getrübt, war das Wissen, daß nichts von alledem real war.
    Es ist schlicht zu viel, um wahr zu sein. Es ist… verführerisch, jawohl das ist es. Sie beugte sich über das Geländer. Der frische Wind kühlte sie bis auf die Teile ihres Gesichts, die von der V-Tank-Maske bedeckt waren. Und sogar diese eigentümliche Taubheit – eine Art taktiler blinder Fleck, tot für die Welt, die sie ringsherum erblickte – fing an nachzulassen, als ob ihr Gehirn allmählich lernte, die Erfahrungslücken zu ergänzen, genau wie bei einem richtigen blinden Fleck im Auge. Ab und zu hätte sie schwören können, daß sie den Wind tatsächlich auf ihrem Gesicht fühlte.
    Es war schwer, die Vollständigkeit dieses Traums nicht zu bewundern, das unglaubliche Maß an Können und Einsatz, das darin eingegangen war. Sie mußte sich daran erinnern, daß Atasco, der Mann, der den Bau dieses Wunders veranlaßt hatte, unter den Feudalbaronen von Anderland vielleicht noch der beste gewesen war. Bei aller Arroganz und Selbstverliebtheit hatte er wenigstens die elementare Menschlichkeit besessen, beim Verfolgen seiner eigensüchtigen Ziele niemandem etwas zuleide zu tun. Die anderen … Sie dachte an Stephens schöne braune Beine, wie verkümmert sie waren, an die Arme, die jetzt dünnen Stöcken glichen; sie sah Susans zerschlagenen Körper vor sich. Die anderen, die diesen Ort gebaut hatten, waren Ungeheuer. Sie waren Menschenfresser, die sich ihre Burgen aus den Gebeinen ihrer Opfer bauten.
    »Ich muß ein schreckliches Geständnis machen, Renie.«
    » !Xabbu ! Hast du mich erschreckt!«
    »Entschuldige.« Er kraxelte neben sie auf die Reling. »Willst du meinen schändlichen Gedanken hören?«
    Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sie unterdrückte den Impuls, ihn zu streicheln, und ließ die Hand einfach in seinem dichten Fell hegen. »Natürlich.«
    »Seit ich hier bin, von Anfang an, habe ich natürlich Angst um unsere Sicherheit, Angst auch vor dem größeren Bösen, von dem dieser Sellars sprach. Aber fast genauso stark ist in mir die ganze Zeit über eine große Freude.«
    Renie wurde auf einmal unsicher, worauf er hinauswollte. »Freude?«
    Er drehte sich um sein Hinterteil und deutete mit einem langen Arm auf die verdämmernde Küste, eine seltsame Geste für einen Pavian. »Weil ich jetzt gesehen habe, daß ich meinen Traum verwirklichen kann. Bei allem Bösen, das diese Leute verübt haben oder planen – und mein Herz sagt mir, daß dieses Böse in der Tat sehr groß ist –, haben sie doch
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