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Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Titel: Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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ja leider nicht alleine mit ihr hier.
    Er brauchte einen sozial verträglicheren, nicht zu kompromittierenden Spruch. Er wollte Weller und dieser Akademikertussi keine große Angriffsfläche bieten.
    »Wollen Sie damit sagen, Frau Professor, jemand hat dieses Kind …«
    Weller konnte es gar nicht aussprechen.
    »Schauen Sie selbst.«
    Sie wollte es ihm zeigen, doch er sah überall hin, nur nicht auf den Kinderkörper.
    »Solche Dermoplastiken müssen eigentlich in klimatisierten Räumen aufbewahrt werden, sonst reißt die Haut. Sehen Sie, hier und hier … In der Gerbung wird bis heute meist Alaun verwendet, dadurch kommt es zu einer Art Säurefraß. Das können Sie hier und hier beobachten. Große Teile des Rückens sind betroffen. Die Haut zerfällt ganz einfach.«
    Die Putzfrau drehte sich um. Sie trug ein Seidentuch mit ostfriesischem Rosenmuster um den Hals.
    Jetzt sah Rupert ihr Gesicht. Sie hatte große, klare Augen, porzellanblau, aber praktisch keine Lippen. Sie lächelte Rupert an. Ihr Blick ging ihm durch und durch. Ein warmer Schauer rieselte seine Beine entlang.
    Ein Anmachspruch nach dem anderen jagte durch seinen Kopf.
    Wenn du zu kaufen wärst, würde ich dich klauen, denn ich fürchte, so etwas Wertvolles könnte ich mir bei meinem Gehalt gar nicht leisten.
    Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick, oder soll ich besser noch einmal reinkommen?
    Entschuldigung, ich habe meine Telefonnummer vergessen. Kann ich deine haben?
    Ich bin im ADAC. Darf ich dich abschleppen?
    Alles Mist. Mist. Zu plump. Nicht witzig genug. Statt sie locker anzubaggern, stand er hier rum wie ein Schluck Wasser und trat von einem Bein aufs andere, als sei das hier seine erste Tanzstunde.
    Er wusste nicht wohin mit seinen Händen. Er griff an den Tisch, um sich abzustützen.
    »Vorsicht«, sagte die Putzfrau. »Unser erster Prosektor, Dr. Dietrich, hat sich schon 1935 bei einer Autopsie einen Streptokokkeninfekt eingefangen und ist daran verstorben.«
    Rupert zuckte zusammen. Er hatte die Leiche gar nicht berührt, sondern nur den Tisch, auf dem sie lag, aber er hätte sich trotzdem am liebsten die Hände in Salzsäure gereinigt. Er wischte sie sich an den Hosenbeinen ab.
    Sie lächelte noch immer, und er fragte sich, ob das gerade ihr üblicher Anmachspruch gewesen war.
    »Seitdem hat sich hier viel geändert. Zum Beispiel die Hygienebestimmungen. Ich putze hier nicht einfach, ich …«
    Sie wurde mit einer scharfen Geste von Professor Dr. Hildegard unterbrochen. »Bitte, Frauke …«
    Sie drehte sich sofort um. »Entschuldigung.«
    »Nicht doch«, sagte Rupert, »Ich … ähm … ich finde das sehr interessant.«
    »Wie lange ist das Kind schon tot?«, fragte Weller.
    »Ein paar Jahre. Mindestens vier oder fünf. Vielleicht mehr. Aber im Moor lag sie noch nicht lange. Höchstens ein paar Wochen, sonst hätten wir eine andere Kleintiersituation. Die Leiche ist kaum angefressen …«
    Rupert wollte etwas Schlaues sagen, um Frauke zu beeindrucken. Für einen Anmachspruch war es jetzt eh zu spät, aber er bildete sich ein, sie hätte interessiert geguckt.
    »Wie ist sie ums Leben gekommen? Können Sie das schon sagen?«, fragte Weller.
    Rupert polterte: »Na, das ist vielleicht eine blöde Frage! Wie sie ums Leben gekommen ist! Würdest du es überleben, wenn man dich ausstopft?«
    »Das Mädchen kann an einer Krankheit gestorben sein. Vielleicht wurde sie auch umgebracht, so weit bin ich noch nicht. Sie war zwischen zehn und zwölf Jahren alt, als sie … zu dem wurde, was sie jetzt ist.«
    Frauke nahm den Putzeimer und verschwand. Rupert folgte ihr.
    Weller blieb mit Professor Dr. Hildegard zurück.
    »Entschuldigen Sie meinen Kollegen, er …«
    Sie winkte ab. »Schon gut. Seine Aussagen reflektieren nicht gerade die kulturellen oder gar literarischen Traditionen des Abendlandes, aber ich kann damit umgehen. Dieser Raum hier wirkt auf manche Menschen, nun sagen wir, irritierend …«
    »Wer«, fragte Weller und schluckte schwer, »kann so etwas getan haben?«
    Er bemühte sich immer noch, einen Punkt im Raum zu fixieren, um nicht die Leiche anschauen zu müssen, obwohl er wusste, dass dies seine Aufgabe war.
    Ann Kathrin hätte ihn dafür schwer gescholten. Ihrer Meinung nach mussten Polizisten genau hingucken, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können.
    Aber er hatte selbst Töchter, und das Ganze fasste ihn viel mehr an als der fünfte Mord im Rotlichtmilieu.
    »Das herauszufinden ist Ihre Aufgabe, Herr
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