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Orgie im Mondschein

Orgie im Mondschein

Titel: Orgie im Mondschein
Autoren: Carter Brown
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mit einer Diskussion über das Klima. Und es bedarf
keiner Erwähnung, daß jeder, der das Wort » Frisco «
anwendet, den sich unmittelbar daran anschließenden Akt des Gelynchtwerdens verdient hat.
    Ich fuhr an dem Tag, nachdem
ich mit Paul Renek gesprochen hatte, dorthin. Der
Vorteil, einen eigenen Wagen dabei zu haben, glich meiner Ansicht nach den
Nachteil der Los-Angeles-Nummernschilder aus.
    Es war ein später Nachmittag,
als ich eine der Ausfahrten der Verteilerspinne an der Straße einhunderteins
entlangfuhr, eine jener von der Fernstraße herabführenden Abzweigungen, die
sich wie Marsungeheuer über die City spreizen, und mich der Innenstadt näherte.
In meinem Hotel angelangt, bestellte ich beim Zimmerdienst etwas zu trinken und
rief dann im Angebundenen Ziegenbock an. Man schien dort ziemlich
verblüfft, wenn nicht erstaunt, daß ich mir einen Platz reservieren lassen
wollte. Miss Marchant trat erstmals um zehn Uhr und
dann wieder um Mitternacht auf, wurde mir erklärt, und klar, man würde mir
einen Platz für die erste Schau reservieren.
    Nach einem netten, gemächlichen
italienischen Abendessen wanderte ich zu Fuß die fünf oder sechs Häuserblocks
weit bis zu dem Klub, in dem Paul Reneks Wundermädchen
sang. Wie er gesagt hatte, handelte es sich um ein Kellerlokal und lag am
Broadway, nahe der Grant Avenue, und war durch eine rote Neonreklame, einen —
was wohl? — angebundenen Ziegenbock darstellend, kenntlich gemacht. Ich stieg
die Treppe in eine Atmosphäre von Düsternis und Kerzenlicht hinab. Die
Kellnerinnen trugen schwarze Sweater und Trikots und die, an welche ich mich
wandte, war für eine solche Bekleidung einfach nicht geeignet. Ich versuchte,
sie nicht anzusehen, während sie mir voraus auf eine Ecknische zuging, denn ich
hätte dabei das Gefühl gehabt, mich in etwas einzumischen, das lediglich sie
und ihren Doktor anging. Sie hätte auf schnellste Weise dreißig Pfund abnehmen
müssen, und das meiste davon war von diesem allzu engen Trikot umschlossen. Die
Kerze auf dem Tisch war wie eine geduckte schwarze Katze geformt, und der Kopf
war ausgehöhlt worden, so daß die Flamme die mandelförmigen Augen erleuchtete.
    »Ich möchte einen Bourbon auf
Eis haben«, sagte ich.
    »Warum versuchen Sie nicht einen
unserer Spezialcocktails?« erkundigte sich die üppige Kellnerin mit krächzender
Stimme.
    »Welchen zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel ein
>Hexengebräu< oder einen >Kesselflicker<. Oder wie wäre es mit
einem >Liebestrank    »Um Himmels willen!« Ich
schauderte leicht. »Bourbon reicht mir völlig.«
    Sie hopste aus der Nische. Ich
zündete mir eine Zigarette an und sah mich um. Das flackernde Kerzenlicht ließ
nicht gerade alles in hellster Klarheit erkennen, aber nach dem zu urteilen,
was ich von den Gesichtern der Gäste sehen konnte, war das höchstens ein Glück.
Erneut schien Renek recht gehabt zu haben — es war
eine Art Refugium für das letzte Aufgebot von Beats. Auf einem Podium im
Hintergrund des Lokals befand sich eine Dreimannband; sie spielten lässig
irgendwelche mir unbekannten Stücke. Die fette Kellnerin stellte mein Glas vor
mich hin und verschwand wieder. Ich warf einen Blick auf meine Uhr, stellte
fest, daß es fünf Minuten vor zehn war, nippte mißtrauisch an meinem Drink und
stellte fest, daß dieses Mißtrauen gerechtfertigt
war.
    Fünf lange Minuten verstrichen.
Die Band hörte auf zu spielen, blickte erwartungsvoll ins Publikum und zuckte
bei der eintretenden gleichgültigen Stille die Schultern. Zwei der Musiker
nahmen ihre Instrumente und verließen, den Pianisten einsam zurücklassend, das
Podium. Weitere zwei Minuten vergingen, bis ein verschrumpelt aussehendes
Individuum ein Mikrofon auf das Podium schleppte und zweimal dagegen tippte, um
zu sehen, ob es funktionierte. Der Klavierspieler schlug ein paar Akkorde an,
als ob er das dem Klavier schuldig sei; ein Scheinwerfer flammte auf, und das
Individuum begann mit seinem Quark.
    »Hallo, Jungens! Willkommen im Angebundenen
Ziegenbock. Wie jeden Abend ist es uns ein Vergnügen, Sie in diesem
Hexenhaus hier mit der größten aller Hexen bekannt zu machen. Sie wird Sie
verzaubern, und Sie werden es sich mit dem größten Vergnügen gefallen lassen,
weil mit ihr zusammen jede Nacht eine Walpurgisnacht ist. Jungens, Stammgäste
und Dämonen, ich freue mich, Ihnen Julie Marchant vorstellen
zu dürfen!«
    Es erfolgte kein Applaus.
Lediglich eine leichte erwartungsvolle Bewegung, die man mehr spürte als
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