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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub
Autoren: Tanja Pleva
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menschlichen Körper ausmacht. Er hat damit demonstriert, dass er absolute Kontrolle über sein Opfer hat. Eine Art Machtspiel oder vielleicht auch ein Racheakt?“, überlegte Sam laut.
    „Das würde aber heißen, er steht in enger Verbindung zu dem Opfer? Oder er rächt sich an einer bestimmten Art von Frauen. Nur würde das wiederum bedeuten …“ Juri sprach den Satz nicht zu Ende und sah Sam mit seinen großen blauen Augen an. Anscheinend hatte er genau den gleichen Gedanken gehegt wie Sam, wollte aus diesem Faden nur kein Knäuel spinnen.
    „Zumindest hat das System noch nichts ausgespuckt.“ Sam schalt sich selbst einen Fachidioten, der sich in den letzten Jahren nur mit Serientätern beschäftigt hatte. Er hoffte, dass dies ein Einzelfall blieb. „Irritierend an dem Ganzen ist jedoch das hier.“ Sam deutete auf die Kopie der rätselhaften Zeilen und schob sie Juri rüber.
    „Hm … in rot geschrieben? Naja, wie ein Liebesbrief liest sich das ja nicht gerade.“
    „Dazu gibt es zu sagen, dass niemand aus der Familie etwas mit Forschung zu tun hat. Außerdem ist er auf Deutsch. Warum hat er Frau Rewe nicht hier in Hamburg getötet, sondern in Barcelona auf einem Ärztekongress? Zufall? Ich glaube nicht an Zufälle, wie du weißt. Aber vielleicht ist es auch möglich, dass er sie mit jemand anderem verwechselt hat und wir völlig neben der Spur fahren.“ Sam strich sich über sein Haar, legte den Kopf in den Nacken und seufzte schwermütig.
    „Ihr Mann leitet eine Frauenklinik. Der hat also nicht so richtig was mit Wirbelsäulen zu tun“, stellte Juri trocken fest. „Aber sein Alibi wackelt ein bisschen, was?“
    „Es wird noch überprüft.“
    Juri sah Sam ratlos an. „Was steht also auf dem Programm?“
    Das letzte Mal, als er sich Aufzeichnungen dieser Art angesehen hatte, war Lina plötzlich durchs Bild gegangen, dachte Sam und versuchte sich auf die vielen Menschen zu konzentrieren, die durch die Lobby des Arts Hotels in Barcelona gingen. Die DVD hatte man ihm freundlicherweise heute früh noch vor dem Abflug an der Rezeption mit dem vorläufigen Autopsiebericht übergeben. Sam drückte die Pausetaste. „Da ist der Herr Doktor mit Frau Gattin.“
    Sie sahen wie Dr. Rewe und Frau an der Rezeption eincheckten, wie sie mit dem Kofferträger in den Fahrstuhl gingen und nach einer Stunde wieder rauskamen, um Essen zu gehen. Dr. Rewe hatte Sam den ungefähren Ablauf nach ihrer Ankunft und des nächsten Tages beschrieben. Alles stimmte mit den bisherigen Angaben überein. Am Tag des Mordes sah man, wie das Paar morgens mit anderen Gästen aus dem Fahrstuhl kam, sich in der Lobby voneinander verabschiedete und Frau Rewe zum Ausgang strebte.
    „Fahr noch mal zurück, Juri.“
    Zwei Mal sahen sie sich die Szene an. Dabei richteten sie ihr Augenmerk besonders auf einen Mann Mitte vierzig, der auf einem Sofa in der Lobby saß. Als die Rewes aus dem Fahrstuhl traten, bückte er sich schnell und begann an seinem Schuh herumzufummeln, dabei ließ er Jasmin Rewe keine Sekunde aus den Augen. Während sie auf den Ausgang zusteuerte, stand er auf und folgte ihr. Juri spielte zurück bis die Digitaluhr 14.25 anzeigte. Jasmin Rewe betrat genau um 14.27 die Lobby mit sechs Einkaufstüten und eilte gerade zum Fahrstuhl, als Dr. Rewe mit einem anderen Mann im Bild auftauchte. Sie tauschten sich kurz aus, dann verschwanden die beiden Männer wieder aus dem Bild. Jasmin Rewe wartete fünfzehn Sekunden vor dem Fahrstuhl, dann öffnete sich die Fahrstuhltür. Sie ging hinein, drehte sich zu den Knöpfen um, als ein Mann durch die Drehtür des Hotels kam und auf den Fahrstuhl zueilte. Jasmin Rewes Gesicht, sofern man es von der Entfernung und Linsenschärfe der Kamera beurteilen konnte, verzog sich. Sie sah wütend aus, bevor die Türen hinter dem Mann zugingen.
    Juri und Sam sahen sich an.
    „Na, wenn das mal kein Volltreffer ist“, freute sich Juri und klatschte beide Hände auf den Tisch.
    „Es war derselbe Mann, der vorhin noch in der Lobby gesessen hatte, wenn mich nicht alles täuscht.“
    „Du täuscht dich nicht, Sam, auch wenn du nicht mehr so gut siehst.“ Juri lachte. „Hat dieselbe Jacke, dieselbe Jeans und dieselbe Mütze angehabt.“
    „Na schön, ich habe meine Brille vergessen, dafür siehst du ja für uns beide“, sagte Sam ein wenig beleidigt und wunderte sich, dass Juri seine leichte Sehschwäche aufgefallen war. „Ich werde das Aufzeichnungen von den Fahrstühlen anfordern.“
    „Ich kann
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