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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub
Autoren: Tanja Pleva
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langsam um. Dann hob er den Finger und zeigte direkt auf ihn.
    Die anderen sahen wieder betreten zu Boden und er spürte, wie froh sie waren, dass es nicht sie getroffen hatte. So blieb immer noch ein winziges Körnchen Hoffnung übrig.
    Sein Herz fing an zu rasen, das Blut schoss durch die Arterien wie unter Überdruck und in seinem Kopf fing es an zu hämmern. Zitternd versuchte er aufzustehen, doch seine Beine versagten den Dienst, sie wollten ihn kaum tragen. Als er endlich stand, musste er sich einen Augenblick an der Wand abstützen. Schließlich hob er den Kopf, atmete tief durch und ging unter dem starren Blick der toten Frau auf das ,Zimmer’ zu.
     
     

I.TEIL
    DEUTSCHLAND
     
     
     
    1 .
     
     
     
    HAMBURG   Die drei Damen vom Grill’, wie sie sich scherzend nannten, saßen in einem kleinen Frühstückscafé in Hamburg Eppendorf und feierten ausgelassen mit Champagner Geburtstag.
    Jasmin, das Geburtstagskind sang laut: „Happy Birthday to meeeee“ und leerte ihr Glas in einem Zug. Dann beugte sie sich plötzlich leicht über den Tisch und flüsterte ihren beiden Freundinnen etwas zu, sodass nun jeder Gast aufmerksam wurde, der sich seit zwei Stunden an den sehr ausufernden Geräuschpegel der Damen gewöhnt hatte. Besonders ein zeitungslesender Mann, der mit dem Rücken zu der kleinen Truppe saß, spitzte die Ohren.
    „Ich erzähl euch jetzt was, aber das muss unter uns bleiben. Kein Wort zu niemandem, verstanden?!“
    „Ja, hoch und heilig“, sagten ihre Freundinnen Nicki und Sandra einstimmig, wobei die schwarzhaarige Schönheit Sandra noch hinzufügte: „Ich schwöre beim Leben unseres Plastikchirurgen“, und für alle drei war klar, dass die Münder versiegelt bleiben würden. Egal was passiert.
    Jasmin nahm noch einen ordentlichen Schluck des perlenden Getränks zu sich und beobachtete ihre beiden Freundinnen über den Gläserrand hinweg.
    „Nun mach es nicht so spannend“, bettelte Nicki und rutschte ungeduldig auf ihrem Stuhl herum.
    Jasmin genoss die Aufmerksamkeit, die ihr gerade zuteilwurde in vollen Zügen und dann erzählte sie leise, was sie in den letzten zwei Monaten so Geheimnisvolles gemacht hatte.
    Der Mann zwei Tische weiter, schnappte nur noch Gesprächsfetzen auf. Er hörte heraus, wie sie ihn als wahres Schnäppchen bezeichnete. Ein wohltuendes Kompliment für sein angekratztes Selbstbewusstsein. Er überlegte, ob er sich outen sollte, doch nur eine Minute später gefror ihm das Lächeln im Gesicht, denn die Beschreibung, die nun über sein Aussehen folgte, trieb ihm die Röte ins Gesicht: Hässlicher Alienkopf, wässriger Dackelblick, Halbglatze, Nosferatu ähnlich …
    Er versteifte sich merklich. Die Zeitung in seinen Händen begann leicht zu zittern, sodass er sie zusammenfaltete und für einen Moment auf den Tisch legte.
    Warum nur, hatte er ihr dieses Foto zugeschickt? Aber er war davon ausgegangen, dass sie sich bald treffen würden, und wollte kein angefaultes Überraschungsei sein.
    Plötzlich lachten alle drei aus vollem Halse. Lachten die etwa über ihn? Schweiß tropfte ihm von der Stirn. Er fühlte sich gedemütigt und bloßgestellt. Er nahm die Zeitung wieder auf und sah aus dem Fenster. In der Spiegelung der Scheibe sah er die drei Frauen am Tisch sitzen.
    Jasmin hob ihr Glas und trank es in einem Zug leer. „Auf ein erfolgreiches Wochenende im Arts Hotel“, rief sie lauthals.
    „Barcelona ist ein Shoppingparadies, Du musst unbedingt zu Burberry gehen …“, begann Sandra und erzählte von ihrem letzten ausufernden Spanientrip.
    Zehn Minuten später verließen die drei Frauen das Café.
    Der Gast mit der Zeitung, der in der letzten halben Stunde blind die Buchstaben betrachtet und keine einzige Zeile gelesen hatte, blieb noch eine Weile sitzen und sah der Blonden mit dem Bobhaarschnitt nach, wie sie in ihr schwarzes Mercedescabriolet stieg und wegfuhr. Ihr Foto hatte ihn sofort angesprochen. Die blauen Augen, die formvollendete kleine Nase, die vollen Lippen. Gut, mit ihrer Figur hatte sie etwas gemogelt. Sie war doch etwas kräftiger, als sie sich beschrieben hatte, aber das war verzeihlich. Frauen waren so.
    Sein Gesicht glühte immer noch. Natürlich wusste er längst, dass sie verheiratet und Mutter zweier Kinder war. Außerdem hatte sie einmal erwähnt, dass sie in Klein Borstel wohne und ihm obendrauf ein Foto geschickt, auf dem sie neben ihrem Cabriolet stand. Es war ein Leichtes gewesen sie zu finden, auch wenn der Stadtteil nicht so klein
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