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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub
Autoren: Tanja Pleva
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mein Engel. Harry hatte fertig ausgepackt und stellte den kleinen Koffer neben dem Schrank ab. Er zog sein Jackett aus, lockerte Krawatte und Hemdkragen und drehte sich zu seiner Geliebten um. Sie hatte sich bis auf die weiße Reizwäsche, die er ihr selbst gekauft hatte, ausgezogen und rekelte sich wie eine Wildkatze auf dem Bett. Eine Hand in ihrem Höschen, die andere spielte mit ihren vollen großen Brüsten. Harry seufzte glücklich. Was für ein Glück er doch hatte und das noch in seinem Alter. Katarin kicherte und gluckste vor sich hin. Er würde sich scheiden lassen, war sein letzter klarer Gedanke, bevor Katarin sich selbst die Augen verband und ihn aufforderte, sie zu fesseln.

1949
     
     
     
    ARGENTINIEN   Die Frau jammerte in den höchsten Tönen und brabbelte kaum verständliche spanische Worte vor sich hin. Deutlich herauszuhören war „Hijo de puta“, Hurensohn, der sich sicherlich auf ihren Mann und nicht auf ihn bezog und „Dios“, Gott, den sie wohl um Vergebung bat.
    Heinrich schnallte die Beine und Arme der Frau mit Lederriemen an der Liege fest, stopfte ihr ein Tuch zwischen die Zähne und desinfizierte den fünfunddreißig Zentimeter langen Dilatator mit Schraubvorrichtung. Dass diese verdammten Bauern aber auch wie die Karnickel ficken mussten. Diese hier lag nun schon zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres mit einer ungewollten Schwangerschaft auf seinem Tisch.
    Vor einem Jahr hatte er sich hier auf dem Land niedergelassen. Von seinem Ersparten und dem Geld, das ihm sein Vater mit auf die lange Reise gegeben hatte, hatte er sich eine Hazienda gekauft und darin eine Praxis eröffnet. Estancia „El Destino“ hatte er das Haus getauft und gehofft hier erst einmal zur Ruhe zu kommen.
    Er setzte sich vor die gespreizten Beine und führte dann den langen Stab mit den vier geriffelten Spitzen am Ende in den Uterus ein. Er hatte dieses Gerät von 1890, auf dem der Name G. Marelli - Milano eingraviert war, zusammen mit noch anderen Instrumenten für ein paar Lire auf einem Flohmarkt in Rom erstanden.
    Die Frau bog den Rücken durch und schrie in das Tuch, während er an der Schraube drehte und sich der Muttermund langsam weitete.
    Das Instrument war in Deutschland wegen häufiger Zervixrisse, die gelegentlich mit lebensbedrohlichen Blutungen einhergingen, stark kritisiert und durch andere, neuere Dilatatoren ersetzt worden. Aber wen interessierte das hier in den argentinischen Bergen? Er war ein deutscher Arzt und keiner würde seine medizinischen Kenntnisse und Erfahrungen infrage stellen.
    Mit einer Kürette begann er mit der Entleerung der Uterushöhle. Die junge Frau versteifte sich wieder, auf ihrer Stirn standen Schweißperlen. Eine Flut von Erregung fuhr durch seinen Körper. Frauen, die ihm derart ausgeliefert waren, erregten ihn in einem solchen Maße, dass er zu zittern begann. Er versuchte, seine Hand still zu halten und fing an, die Schraube des Dilatatoren langsam zurückzudrehen. Dann zog er das Instrument aus der Frau, die wieder zu wimmern angefangen hatte. Er schnallte sie los, legte die Instrumente in eine Schale mit Desinfektionsmittel und ging zum Waschbecken.
    Während er sich die Hände wusch, beobachtete er seine Tochter, die draußen auf dem Hof einen einjährigen braunen Hengst ritt, den er als Bezahlung für eine Blinddarmoperation entgegengenommen hatte. Sie kam nach ihm, mit ihren hellblauen Augen und ihrem blonden Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte und der bei jedem Schritt, den das Pferd machte, hin und her wippte.
    Die Patientin legte ihm ein paar Pesos auf den Tisch, murmelte ein Dankeschön und verließ in gekrümmter Haltung die Praxis.
    Er hoffte, dass sie sich keine Infektion holte, denn er konnte es sich nicht leisten, durch zu viele Todesfälle aufzufallen. Erst letzten Monat war ihm nach einem solchen Eingriff ein junges Mädchen gestorben.
    Nach einer langen und beschwerlichen Reise hatte er sich hier in Larousse niedergelassen, weil er sich sicher war, dass ihn hier keiner nach seiner Vergangenheit fragen würde.
    Heinrich warf einen Blick ins Wartezimmer. Es war leer.
    Aus der Schublade seines Schreibtisches holte er Tinte, Feder und eine unbeschriebene Urkunde heraus und begann in geschwungener Schrift seinen Namen auf die erste Linie zu schreiben. Darunter schrieb er Doktor der Frauenheilkunde, Universität Wien, 1940 und unterschrieb unleserlich mit dem Namen Prof. Wiesenthal . Er pustete über die nasse Tinte, wedelte das
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