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Optimum - Kalte Spuren

Optimum - Kalte Spuren

Titel: Optimum - Kalte Spuren
Autoren: Veronika Bicker
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Bäume hinter sich gelassen hatten, wurde der stetige Wind, der über die Schneeflächen blies, richtig unangenehm. Winzige Eiskörnchen prasselten ihnen ins Gesicht und verschleierten ihr Blickfeld. Als ihre Unterkunft endlich in Sicht kam – ein malerisch auf einer kleinen Anhöhe gelegenes Fachwerkhaus – begann es urplötzlich zu schneien. Von einem Moment auf den anderen waren die Schüler der Daniel-Nathans-Akademie von dicken, weißen Flocken umgeben, die um sie herumwirbelten, sich in Haaren und dem Kunstpelzbesatz einiger modischer Anoraks festsetzten und das Haus wieder in unerreichbare Ferne rückten.
    Eine weitere Ewigkeit verging, bis sich schließlich die Silhouette des Hauses erneut aus dem Schneetreiben schälte. Inzwischen war es so dunkel geworden, dass die Wand, die vor ihnen aufragte, eher bedrohlich als einladend wirkte, aber die Fenster waren erleuchtet, und drinnen konnte Rica schemenhaft Leute erkennen.
    »Endlich.« Celinas Seufzer sprach Rica aus der Seele. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so durchgefroren gewesen zu sein. Ihre Jeans war bis zu den Knien durchweicht und fühlte sich steif an, und sie war sich nicht sicher, ob sie alle ihre Zehen wirklich noch spüren konnte.
    Torben war als Erster an der Hütte. Er klopfte, da nirgendwo eine Klingel zu sehen war. Kurze Zeit später schwang die Tür auf.
    »Schnell, kommt rein! Ihr müsst ja vollkommen durchgefroren sein!« Eine Männerstimme, aber Rica nahm sich gar keine Zeit, den Sprecher genauer in Augenschein zu nehmen. In einem Knäuel aus Schülern drängte sie ins Innere des Blütenhofes. Wärme und Licht schlugen ihr entgegen, und Rica atmete erleichtert auf. Sofort begannen ihre Wangen zu glühen.
    »Da drüben könnt ihr euer Gepäck ablegen. Wir verteilen euch nachher auf die Zimmer, jetzt könnt ihr erst mal etwas essen. Wir haben Suppe gekocht.« Der gleiche Sprecher wie schon zuvor, freundlich und mit einem unverwechselbaren lehrerhaften Unterton.
    Rica sah sich um, während sie ihren Rucksack abstellte und ihre Jacke auszog.
    Sie standen in einem großen Raum mit langen, robusten Tischen und Bänken. Im hinteren Teil gab es eine kleine Theke und eine Durchreiche, wahrscheinlich zur Hüttenküche. An den Wänden hingen fürchterlich kitschige Bilder von Almen und schneebedeckten Bergen mit niedlichen Fachwerkhäuschen, Kühen, glücklichen Menschen und was eben sonst noch zu einer perfekten Bergidylle gehörte.
    Außerdem gab es Regale mit Spielen und Büchern, und das Beste war ein riesiger Kamin am hinteren Ende des Zimmers. Ein loderndes Feuer brannte darin. Am liebsten hätte sich Rica sofort einen Sitzplatz direkt am Feuer ergattert – nur das war leider unmöglich. Eine zweite Schülergruppe hatte sich die besten Plätze gesichert. Die Sitzenden starrten neugierig und ein wenig feindselig in Richtung der Neuankömmlinge. Das typische Verhalten von Leuten, die »zuerst « da gewesen waren.
    Rica war das egal. Sie wollte nur ins Warme, und sie würde sich ganz bestimmt nicht von einem Haufen fremder Schüler einschüchtern lassen, die – zumindest auf den ersten Blick – auch noch fast alle jünger waren als sie selbst. Sie spazierte geradewegs auf die Sitzenden zu und ließ sich wie selbstverständlich auf einen freien Platz neben einem blonden Mädchen fallen, die als Einzige etwa in ihrem eigenen Alter zu sein schien.
    »Ist hier noch frei?«, erkundigte sich Rica, nachdem sie sich schon gesetzt hatte.
    Das Mädchen lachte. »Jetzt nicht mehr.« Sie musterte Rica unverhohlen von oben bis unten. »Und? Woher kommt ihr?«
    »Daniel-Nathans-Akademie«, erwiderte Rica. »Nett von dir, dass du dich gleich vorgestellt hast.«
    Das Mädchen lachte wieder, strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr und meinte dann: »Ich bin Saskia. Und im Gegensatz zu euch allen hier …« Sie machte eine umfassende Geste, die sowohl die schon sitzenden Schüler als auch die gerade erst eingetroffenen einschloss, »… komme ich nicht von irgend so einem Elitebunker.«
    Rica zuckte mit den Schultern und wollte gerade fragen, woher Saskia wusste, was für eine Schule die Daniel-Nathans-Akademie war, als Robin auf der anderen Tischseite auftauchte. Rica spürte, wie sich ihr Gesicht unwillkürlich zu einem strahlenden Lächeln verzog. Saskia runzelte die Stirn und folgte Ricas Blick.
    »Hey, Robin, das ist …« , begann Rica, aber Robin hörte ihr gar nicht zu.
    »Saskia«, flüsterte er vollkommen entgeistert und starrte das Mädchen
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