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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman
Autoren: Arne Dahl
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In einem Umgehungsmanöver. Jetzt sah er nach links.

    Und da huschte er wieder vorbei. Nur fünf Blöcke entfernt.

    Er wusste nicht, ob Ata ihn gesehen hatte.

    Hjelm blieb stehen, stemmte den Rücken gegen den Betonblock. Nach links oder nach rechts schauen? Er schloss die Augen.

    Und schaute dann nach rechts. Nichts. Schnell zurück, und dann nach links.

    Ata stand drei Blöcke von ihm entfernt und schoss.

    Ja, er war fünf Meter entfernt und schoss.

    Vielleicht machte Paul Hjelm eine Bewegung, vielleicht schlug die Kugel deshalb völlig geräuschlos in den Betonblock hinter ihm ein. Er zog sich dahinter zurück. Und lief ein Stück seitwärts, versuchte wieder, um ihn herumzugehen.

    Vorsichtig schaute er hinter einem Block hervor. Und sah Chavez, der seine Pistole auf ihn gerichtet hielt und sie dann mit grimmiger Miene senkte. Und hinter ihm befand sich eine leichte Steigung aufwärts. Deshalb konnte er sehen, dass Ata direkt in Chavez' Rücken mit erhobener Pistole auftauchte. Aber statt zu schießen, duckte er sich. Eine Kugel schlug hinter Ata in die Stele, genau oberhalb seines Kopfes. Er verschwand wieder zwischen den Blöcken. Chavez verschwand ebenfalls. Statt dessen tauchte Holm auf, weiter entfernt. Hjelm zeigte nach links. Sie tauchte ab.

    Die Stille machte es so absurd. Als ob das Monument jedes Geräusch verschluckte.

    Hjelm wusste nicht mehr, wo sie waren. Wohin sie sich bewegt hatten. War es in Richtung Behrenstraße, in Richtung Botschaft? Er hatte keine Ahnung. Aber jetzt lief er wieder. Sein Blick pendelte die ganze Zeit nach links und rechts, ohne Unterbrechung, diese langen, schnurgeraden, aber wellenförmigen Korridore entlang.

    Er schaute hinter einem Block vor.

    Ata schaute hinter derselben Stele vor. Aber von hinten.

    Sie standen jeder auf seiner Seite derselben Stele.

    Hjelm stützte sich nicht ab. Er sprang vor und warf sich herum, schießend.

    Ata war nicht mehr da. Er war verschwunden.

    Hjelm dachte an die Anzahl Kugeln, den Patronenvorrat. Es müssten immer noch sechs übrig sein. Er lief.

    Und begegnete Chavez. Sie konnten nicht miteinander sprechen, blieben aber hinter einem Betonblock stehen und sahen jeder in seine Richtung. Dann wagten sie es, sich kurz anzublicken. Und sahen die Leiche des anderen. Das Gespenst des anderen. Das ließ sie noch bleicher werden.

    Sie gingen gemeinsam vor, ohne ein Wort. Gaben einander Deckung, während sie sich Stück für Stück vortasteten. Systematisch deckten sie eine Fläche von fünf mal fünf Blöcken ab.

    Bis Chavez ganz einfach verschwunden war. Wie vom Erdboden verschluckt.

    Hjelm stemmte den Rücken gegen einen Betonblock und schloss kurz die Augen. Was zum Teufel passierte hier?

    Es war keine Zeit zum Nachdenken. Er ging zurück in Chavez' Richtung, sah in einen leeren Korridor, dann in noch einen und einen weiteren. Bis er Ata erblickte. Der stand da, den Arm um Chavez' Hals gelegt und hielt ihm die Pistole an die Schläfe. So kamen sie auf ihn zu, hinkend, stolpernd. In der Hand des Armes, der sich um Chavez' Hals presste, befand sich ein Auslösemechanismus. Der linke Daumen lag darauf. Und die rechte Hand hielt die erkennbar entsicherte Pistole an Chavez' Kopf. Chavez war jetzt bleicher als eine Leiche, viel bleicher. Sein Gesicht war verzerrt.

    »Drop your weapon«, sagte Ata.

    Hjelm zögerte. Die Waffe hing in seiner Hand.

    »Drop it«, sagte Ata. »Now.«

    Und Hjelm wollte einen Schatten im Korridor hinter ihm sehen. Es war ein brennender Wunsch. Dann ließ er die Waffe fallen.

    Chavez machte ein erschrockenes Gesicht in der Sekunde, in der das erste Geräusch seit Langem zu hören war. Es war ein sehr scharfes Geräusch.

    Atas Stirn öffnete sich. Etwas wurde herausgeschleudert.

    Hinter ihnen stand Kerstin Holm mit rauchender Waffe. Sie war bleicher als eine Leiche.

    Und Chavez erreichte blitzschnell mit seinen Händen Atas linke Hand und fasste den Daumen und bog ihn hoch, während Atas Gehirnmasse aus seiner Stirn quoll. Er packte den linken Daumen und bog ihn mit seltsam überirdischer Kraft nach oben. Und als Ata fiel, war ein Geräusch zu hören, das viel schärfer klang als dasjenige, als Kerstin Holm ihm von hinten in den Kopf geschossen hatte. Es war das Geräusch seines Daumens, der aus der Hand gebrochen wurde.

    Ata fiel über Chavez. Chavez hielt immer noch den Daumen fest. Er riss ihn aus der Hand des Toten. Er lag unter ihm, und es war ihm egal, was aus dem zerschossenen Kopf auf ihn
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