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Opferlämmer

Opferlämmer

Titel: Opferlämmer
Autoren: Jeffery Deaver
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dieser Spannung ausgelegt waren.
    Jemand anders schaffte es, Leistung aus Connecticut abzuzweigen.

    Die Balken der Spannungsanzeige stiegen trotzdem weiter an, aber nun deutlich langsamer.
    Vielleicht bekamen sie die Situation endlich unter Kontrolle. »Mehr!«
    »Halt!«, meldete sich die Frau, die Strom aus der Bronx umleitete, mit erstickter Stimme. »Die Spannung ist auf zwanzigtausend gesunken. Ich weiß nicht, wieso.«
    Dies geschah überall in der Region. Sobald ein Techniker in der Lage war, etwas Energie zuzuführen und den Druck zu verringern, versiegte die Zufuhr von anderer Stelle.
    Und das alles mit atemberaubender Geschwindigkeit.
    1,1 Milliarden Kilometer pro Stunde …
    Und dann leuchtete der nächste rote Kreis auf, die nächste Schusswunde.
    KRITISCHE STÖRUNG MH-13 OFFLINE
    Ein Flüstern: »Das kann doch nicht wahr sein.«
    MH-12 OFFLINE. NJ-18 OFFLINE. MH-17 OFFLINE. MH-13 OFFLINE. UL AN BETROFFENE VERSORGUNGSGEBIETE VON MH-10
    Das war ungefähr so, als wollte man ein gewaltiges Wasserreservoir durch einen einzelnen kleinen Hahn ablassen, wie die Dinger in den Kühlschranktüren, an denen man sein Trinkglas füllt. Die Spannung, die nun durch MH-10 schoss, das in einem alten Gebäude an der Siebenundfünfzigsten Straße West im Clinton-Viertel von Manhattan untergebracht war, betrug das Vier- bis Fünffache der normalen Last und nahm noch zu. Um eine Explosion und ein Feuer zu vermeiden, mussten jeden Moment die Trenner auslösen und würden einen beachtlichen Teil von Midtown in die Kolonialzeit zurückversetzen.

    »Der Norden scheint besser zu funktionieren. Versucht es dort, holt uns Saft aus dem Norden. Nehmt Massachusetts.«
    »Ich hab was: fünfzig, sechzig kV. Aus Putnam.«
    »Gut.«
    Und dann rief jemand: »O mein Gott!«
    Der Leiter wusste nicht, wer es war; alle starrten wie versteinert auf ihre Bildschirme. »Was ist?«, brüllte er. »Was soll ich mit so einem Zwischenruf anfangen? Los, redet gefälligst Klartext! «
    »Die Einstellungen der Trenner in Manhattan-Zehn! Sehen Sie doch nur! Die Trenner!«
    O nein. Nein …
    Die Trenner in MH-10 waren manipuliert worden. Sie würden nun das Zehnfache der sicheren Arbeitsbelastung akzeptieren.
    Falls es dem Team im Kontrollzentrum der Algonquin nicht bald gelang, die Spannung zu reduzieren, die auf das Umspannwerk einstürmte, würden die Leitungen und Schaltanlagen im Innern fatal überlastet werden. Die Station würde explodieren. Doch bevor das geschah, würde der Strom durch die Speiseleitungen in die unterirdischen Transformatoren rasen und von dort aus weiter durch die Blocks südlich des Lincoln Center und in die Schaltanlagen der Bürogebäude und großen Wolkenkratzer. Einige der dortigen Schutzschalter würden die Zufuhr rechtzeitig unterbrechen, aber manch ältere Transformatoren und Schaltschränke würden einfach zu einem Klumpen leitfähigen Metalls zerschmelzen und den Strom durchlassen, sodass er Kabelbrände auslösen und in tödlichen Entladungen aus elektrischen Geräten oder Steckdosen hervorschießen konnte.
    Terroristen, dachte der Leiter da zum ersten Mal. Dies ist ein Terroranschlag. »Verständigt die Homeland Security und das NYPD«, rief er. »Und stellt sie zurück, verflucht noch mal. Stellt die Trenner zurück.«

    »Sie reagieren nicht. Ich kann nicht auf MH-Zehn zugreifen. «
    »Verdammte Scheiße, wie ist das möglich?«
    »Keine Ah…«
    »Ist jemand in MH-Zehn? Herrje, falls ja, holt ihn sofort da raus!« Umspannwerke waren unbemannt, aber es wurden dort gelegentlich Wartungsarbeiten oder Reparaturen durchgeführt.
    »Ja, alles klar.«
    Die Spannungsanzeige stand nun im roten Bereich.
    »Sir, sollten wir nicht lieber eine Notabschaltung vornehmen? «
    Der Leiter dachte mit knirschenden Zähnen darüber nach. Eine manuelle, kontrollierte Abschaltung von Teilen des Netzes, um einen größeren Zusammenbruch zu verhindern, war eine ziemlich extreme Maßnahme. Sie kam nur als letzter Ausweg in Betracht, denn sie würde in dem dicht bevölkerten Teil von Manhattan, der hier gefährdet war, zu verheerenden Konsequenzen führen. Schon allein die Schäden an Computern würden Dutzende Millionen Dollar betragen, und es könnten Menschen dabei verletzt werden oder gar ihr Leben verlieren. Notrufe würden nicht durchgestellt werden. Krankenwagen und Einsatzfahrzeuge der Polizei würden im Verkehr feststecken, denn auch die Ampeln würden ausfallen. Aufzüge würden stehen bleiben. Es würde Panik ausbrechen. Ein
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