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Operation Glueckskeks

Titel: Operation Glueckskeks
Autoren: York Pijahn
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und extrem einfach zu pflegende Zopffrisur. Wie gesagt: So wie Pippi wollen alle sein. Bloß: Der Laden ist überbucht. Da bleibt Ihnen wohl nur unser Tommy-und-Annika-Club.
    Aber kommen Sie schnell, denn ich rechne mit gewaltigem Andrang. Denn die Welt ist voll Tommys wie mir und Annikas wie Ihnen. Die Ohren gewaschen, die Hemden gebügelt, Regel-Befolger der ersten Kajüte, die sich an einem ganz wilden Tag trauen, am Altglascontainer grüne Flaschen in die Öffnung für die weißen zu pfeffern. Okay, vielleicht sind Sie ja nicht so ein spießiger Jemand, vielleicht können Sie ja Pferde hochstemmen - ich hebe mir nur jedes Mal einen Bruch dabei.
    Tommy und Annika: Für mich war das Geschwisterpaar mit den Kinderschokolade-Gesichtern immer das wahre Vorbild. Die beiden schaffen es zwar nicht von null auf hundert - und wer schafft das schon -, aber immerhin von null auf fünfundsiebzig. Während Pippi die Preise in Sachen Mut, Tatendrang und Unangepasstheit ins Unendliche schraubte, waren der blonde Junge und das brünette Mädchen ein Beispiel in Sachen Machbarkeit und Hintern-hoch-Bekommen, heulende Helden mit Heimweh und Angst vor Piraten im Nacken, die es aber am Ende trotzdem schaffen - weil sie über ihren Schatten springen. Hiermit blase ich zur Ehrenrettung aller
mutigen Memmen. Feiglinge vor. Als Angepasster alles hinzuschmeißen und Tickets nach Takka-Tukka-Land zu buchen, ist schließlich sehr viel schwerer, als wenn man von Haus aus auf Drahtseilen balancieren und auf Fahrrädern durch die Luft radeln kann.
    Ohne gutes Mittelfeld keine Stürmer, ohne Tommys und Annikas keine Pippis. Und die Autorin selber, die Erfinderin der beiden? War keine Superheldin, sondern eine Annika: die aber all ihren Mut zusammennehmen musste, denn ihr Leben war kein Bullerbü. Als erstes Mädchen im Ort Vimmerby schnitt Astrid Lindgren sich die Haare kurz, mit 18 bekam sie ein Kind vom Chefredakteur der Zeitung, bei der sie arbeitete - und heiratete ihn nicht, was damals ein Skandal war. Im liberalen Kopenhagen kam ihr Sohn zur Welt, drei Jahre wuchs er bei Pflegeeltern auf, bis sie genug Geld hatte, ihn zu versorgen. 1941 saß sie am Bett ihrer siebenjährigen Tochter, die im Fieber einer Lungenentzündung um eine Einschlafgeschichte bat: »Erzähl mir was von Pippi Langstrumpf!«
    Die Welt ist voll Tommys wie mir und Annikas wie Ihnen. Die Ohren gewaschen, die Hemden gebügelt.
    Der erste Pippi-Roman wurde, so erinnert sich Lindgren, »voller Entsetzen« abgelehnt, und auch als er gedruckt wurde, bescheinigte ihr der Kritiker der Zeitung »Svenska Dagbladet«,
sie habe die »Fantasien einer Geisteskranken« aufgeschrieben. Doch da war ihre Karriere schon nicht mehr aufzuhalten.
    Sie riss nicht Bäume aus, wie eine Pippilotta es gekonnt hätte. Sondern tat, was die Annikas dieser Welt können, wenn sie allen Mut zusammennehmen. Sie stieg auf Bäume hinauf: An ihrem achtzigsten Geburtstag, um die Wette mit ihrer Freundin Elsa Olenius. Den erstaunten Journalisten gegenüber sagte sie: »Schließlich gibt es kein Verbot für alte Weiber, auf Bäume zu klettern - oder?« Sie machte, was sie wollte. Und ihre Welt, widi-widi-wie sie ihr gefällt.

Bauch rein, Poren auf: Jungs in der Sauna
    I ch würde mir eher das Gesicht mit Edding anmalen, als FKK-Urlaub zu machen. Ich schaue mir zwar gern hübsche nackte Menschen an. Aber nicht, wenn sie unbekleidet auf dem Campingplatz die Heringe ihres Zeltes einhämmern. Oder pfeifend Nudelwasser ausgießen. Oder zu ihrer Nacktheit nur eine Baseballkappe tragen, eine Käsestulle essen und mit vollem Mund Sätze sagen wie: »Könnten Sie mir mal Ihre Luftpumpe leihen?« Ich leg noch einen drauf: Ich würde lieber ein Jahr lang als singende Gurke durch ostwestfälische Altenheime tingeln, als FKK-Urlaub zu machen.
    So, das war schön drastisch. Und trotzdem. Trotzdem gehe ich regelmäßig nackt unter Leute: in die Sauna, immer mittwochs, im Yuppie-Fitnessstudio, wo ich seit einem halben Jahr Mitglied bin. Bereits der Ausweis im Portemonnaie fühlt sich sportlich an und ich lasse ihn an der Supermarktkasse gern aufblitzen, ich habe ihn nämlich in das kleine Sichtfenster meines Portemonnaies geklemmt.
    In meinem Fitnessstudio trifft man all diejenigen in der Sauna, die zu faul sind, Gewichte zu heben oder Kurse zu machen, in denen das Wort »Power« vorkommt. Die Sauna ist das Null-Bock-Areal des Clubs. Die gut geheizte Resterampe.
Man muss sich nicht motivieren und kann am nächsten Morgen im
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