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Operation Glueckskeks

Titel: Operation Glueckskeks
Autoren: York Pijahn
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besitze es. Ich habe eine Nasendusche im Bad und ein Bandscheibenkissen unterm Hintern, im Büro steht eine Liege für den Mittagsschlaf, seit ich gehört habe, dass der besonders gesund sein soll. Ein mieser Gedanke, und ich knalle mir eine Johanniskrautladung rein. Ich trinke Wellness-Tees mit Namen, mit denen man indische Pornofilmplakate betexten könnte. »Sinnlicher Morgen des Tigers«, »Herbal Dreams of Krishnapoor« - alles da. Das Zeug schmeckt, als habe eine Kuh damit gegurgelt, und trotzdem mache ich immer demonstrativ »Aaah«, wenn ich den Krempel trinke. Das macht die Kaffeetrinker-Kollegen bei uns im Büro ganz mürbe vor schlechtem Gewissen.
    Weil alle hingehen, gehe auch ich jetzt zum Yoga und gucke danach immer möglichst ausgeglichen aus der Wäsche,
auch wenn mir der Mist wirklich überhaupt keinen Spaß macht. Ich trage eine weiße Bollerhose wie alle anderen und sehe so nach freundlichem Gutmenschen aus, dass ich mich am liebsten selbst umarmen möchte. Wenig Alkohol, wenig Salz, wenig rotes Fleisch, wenig, wenig, wenig. Wenn 2011 der Entsagungs-Oscar vergeben wird, werde ich wahrscheinlich auf die Bühne gerufen. Mein Leben ist ein ziemlich räucherstäbchenhaft parfümierter Spaß-frei-Laden. Damit ist jetzt Schluss.
    Während Sie diese Zeilen lesen, trage ich ein sehr schönes Blümchenkleid. Bis vor einer Minute habe ich auf einer Blockflöte »Highway to Hell« gespielt. Und ich habe eine Keksdose auf dem Kopf. Die Dose sitzt leicht schief und riecht behaglich nach Butter, das Kleid ist rosarot. Wie das Papier der vielen Mon Chéri, die ich mir eben reingepfiffen habe.
    Ich trage ein Blümchenkleid und spiele auf der Blockflöte Highway to Hell . Leute, die einen an der Waffel haben, sollen ja glücklicher sein.
    Sie merken, der Wahnsinn hat seine stählernen Türen geöffnet und sich meines Verstands angenommen. Echt irre, wenn man irre ist. Und unfassbar gesund. Das hat eine in Deutschland beinahe unbemerkte Studie eines schottischen Psychologie-Professors namens David Weeks ergeben. Ihm war aufgefallen, dass es vor allem zwei Gründe gibt, warum
viele seiner Patienten krank an Körper und Seele werden. Erstens: Weil sie sich ständig mit anderen vergleichen und dabei mies abschneiden. Zweitens: Weil sie sich dem Zeitgeist anpassen und machen, was alle machen. Besonders gesund hingegen - und hier kommt meine Keksdose ins Spiel - waren die Menschen, die, ich sage das einfach mal so, ordentlich auf die Kacke hauen und einen an der Waffel haben. Körperlich und seelisch gesund, kreativ, optimistisch waren jene, die der schottische Professor als »Exzentriker« bezeichnete. Tausend hat er befragt, darunter einen Typen, der barfuß durch England marschierte und die Leitung seiner Firma seinem Schäferhund überschrieb. Weiterhin einen Gentleman, der, weil es ihm gefällt, täglich in einer Mönchskutte zur Arbeit fährt. Und eine Frau, die mit 7500 Gartenzwergen lebt. Menschen, die man ohne schlechtes Gewissen als plemplem bezeichnen darf. Nicht »Ich-gehe-einmal-im-Jahrzum-Ballermann-plemplem«. Sondern »Täglich-plemplem«.
    Ich höre schon den Einwand: Öfter mal verrückt sein, es ist so ein abgegrabbelter Tipp wie »Öfter mal spontan sein«. A-aaaaah: Das kann nur von jemandem kommen, der noch nie eine Keksdose auf dem Kopf und lange nicht mehr seine alte C-Flöte im Mund hatte. Ich spüre gerade, wie der Wunsch, morgen beim Yoga Pupskissen unter die Matten zu packen, Gestalt annimmt. Wenn ich überhaupt hingehe. Ob man sich Mon Chéri durch die Nasendusche reinziehen kann? Das wird gleich ausprobiert. Salute. Auf die Gesundheit.

Alles reduziert: Mein Leben als Preisfuchs
    I ch freue mich schon auf den Tag, an dem ich schwanger werde. Ich kann’s kaum erwarten, mir kribbelt schon die Bauchdecke. Denn dann werde ich in meinen Kleiderschrank greifen und die noch eingeschweißten T-Shirts mit Stretch-Bauchbeule hervorholen, die ich gerade im Ausverkauf unfassbar günstig erstanden habe. Ich werde die Shirts auf den Tisch klatschen und sagen: »Tja, Leute, ich bin schwanger, und wie ihr seht, habe ich vorgesorgt. Wisst ihr, was diese hochwertigen, pastellfarbenen T-Shirts mit Entenaufdruck gekostet haben? Na, will einer raten? Drei Euro statt neun. Drei! Statt! Neun!«
    Ich bin ein Preisjäger, ein Rabattmarkenkleber, ein Feilscher. Wenn etwas runtergesetzt ist, wird es gekauft. Ob ich es brauche oder nicht. Wo ich steh, wird das Kaufhaus zum Basar. Wo ich geh, wird die Innenstadt zum
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